Elisabeth, eine der drei Hauptfiguren in Maximilian Steinbeis' Erzählung Schwarzes Wasser, feiert ihren zwanzigsten Geburtstag mit einem großen Fest bei Wolodja, ihrem besten Freund. Sie feiert ihren Geburtstag nicht unbeschwert, sie ist immer noch Jungfrau, uneingeweiht ...
Die meisten der Partygäste sind ihr da weit voraus. Wolodja, der seinen Namen dem russischen Großvater verdankt, der ebenfalls mit im Haus wohnt, kommt merkwürdigerweise nicht infrage. Vielleicht Albert, Wolodjas engster Freund? Und dann ist da noch jener Großvater, gebrechlich, fast hundert Jahre alt, der noch etwas zu erzählen hat, was die Familie betrifft, die Geschichte einer anderen weiblichen Initiation.
Schwarzes Wasser erzählt den Ablauf eines einzigen Tages und einer Nacht, erzählt vom Glück und der Gewalttätigkeit der Liebe, von dem Ungeheuren, das möglich ist zwischen den Menschen, vom Gelingen und vom Scheitern. Ein beeindruckendes und bewegendes Debut voller Intensität.
Die meisten der Partygäste sind ihr da weit voraus. Wolodja, der seinen Namen dem russischen Großvater verdankt, der ebenfalls mit im Haus wohnt, kommt merkwürdigerweise nicht infrage. Vielleicht Albert, Wolodjas engster Freund? Und dann ist da noch jener Großvater, gebrechlich, fast hundert Jahre alt, der noch etwas zu erzählen hat, was die Familie betrifft, die Geschichte einer anderen weiblichen Initiation.
Schwarzes Wasser erzählt den Ablauf eines einzigen Tages und einer Nacht, erzählt vom Glück und der Gewalttätigkeit der Liebe, von dem Ungeheuren, das möglich ist zwischen den Menschen, vom Gelingen und vom Scheitern. Ein beeindruckendes und bewegendes Debut voller Intensität.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2003Keine Party ohne Nudelsalat
Ich werd' verrückt, wenn's heut passiert: Maximilian Steinbeis' Debüt
Auf Kindergeburtstagen muß eigentlich immer jemand weinen, meistens das Geburtstagskind selbst, denn sie sind Momente großer emotionaler Spannung, wo ein "himmelhoch jauchzend" schnell in ein "zu Tode betrübt" umschlägt. Elisabeth, von deren Geburtstag Maximilian Steinbeis in seinem Debütroman "Schwarzes Wasser" erzählt, ist eigentlich kein Kind mehr, schließlich wird sie zwanzig. Andererseits ist sie noch Jungfrau und fühlt sich dadurch den anderen gegenüber zurückgeblieben. Die anderen allerdings wehren sich selbst nach Kräften dagegen, erwachsen zu werden.
Im Lauf des Abends wird sich Elisabeth in ein emotionales Dreieck verstricken, zusammen mit ihrem besten Freund Wolodja, der die Party ausgerichtet hat, und dessen Freund Albert, und am Ende wird jemand weinen. Oder fast. Maximilian Steinbeis, der sich in sprachlicher Mimikry an seine Figuren anschleicht, scheint beim Erzählen selbst von heiterer Geburtstagsmelancholie erfaßt, gleichzeitig etwas high vom Liebesglück zu sein und zugleich wehmütig darüber, daß schon wieder etwas vergangen ist. Eine Gelegenheit, eine Liebe, ein Leben.
Viel passiert nicht in "Schwarzes Wasser", es ist halt eine Party, man räumt die Möbel zur Seite, schafft Essen und Getränke heran, irgendwoher muß noch ein Mikro besorgt werden, dann kommen die ersten Gäste. Unterdessen läuft Elisabeth durch die Räume und den Garten, denkt übers Klavierspielen nach und darüber, wer es wohl sein wird, wenn "es" heute passiert. Wolodja hat viel zu tun, da bleibt kaum Zeit, sich Gedanken zu machen, wie er das findet, was sich zwischen Elisabeth und dem ganz siegesgewissen Albert anbahnt.
In der Mitte des Textes findet plötzlich eine Verlangsamung statt, eine alte Geschichte wird erzählt. Albert wird vom Lärm der Party in das Krankenzimmer des Großvaters geweht, der ihn für den eigenen Sohn hält. Deshalb fängt der Alte zwischen Hustenanfällen und Zügen an der verbotenen Zigarette an, elegisch-ironisch von früher zu erzählen, von sich und der kleinen schwarzhaarigen Katja, und wie sich das so ergeben hat. Dabei vereint er viktorianische Erotik mit verschmitzter Altväterlichkeit, ein Humbert Humbert, der für seine eigene Geschichte eigentlich schon zu alt ist. Wie eine Erinnerung aus einem anderen, viel älteren Roman scheint das, oder besser noch, einer Novelle. Aller Wortreichtum, den der Alte aufbietet, um die Annäherung zwischen ihm und dem viel zu jungen Mädchen im Beisein der Ehefrau zu schildern, läuft zielstrebig auf eine ebenso unerhörte wie ausgesparte Begebenheit und ihre Folgen hinaus. Die Geschichte des Alten ist gleichzeitig Zäsur und Spiegelung für die Gefühlswallungen der Gegenwart, denn hinter der Tür wummert nach wie vor der Baß, und irgendwann ist auch Albert wieder zurück, die Party geht weiter.
Was Maximilian Steinbeis mit "Schwarzes Wasser" vorgelegt hat, läßt an ein Bewerbungsschreiben für literarische Debütanten denken. Der Text ist lang genug, um einen Eindruck vom Können seines Autors zu bekommen, aber kein unnötig kraftstrotzender literarischer Erstschlag, dem ein zweites Buch nie mehr das Wasser reichen könnte. Er ist zurückhaltend in Zeit und Ort - vierundzwanzig Stunden in einer alten Villa an einem See -, schildert einerseits nur ein paar scheinbar zufällige Episoden und verhandelt doch unversehens die großen Themen, Freundschaft, Liebe, Verlust, Tod. Sprachlich schlüpft der Autor in viele Rollen, läßt sich nicht auf eine Stimme verpflichten, sondern moduliert seinen Erzählerton, je nachdem, welche Figur gerade mit ihrer Perspektive dominiert. Das gibt ihm die Gelegenheit, sein handwerkliches Können zu demonstrieren.
Maximilian Steinbeis macht also alles richtig, aber der Eindruck, man habe es mit einem nach Maß und Muster gestrickten Text zu tun, ist nur oberflächlich, denn der Autor ist mit ganzem Herzen bei dem, was er erzählt, und wo bei anderen Autoren die Berechnungen des creative-writing-Schülers zu erkennen sind, ergibt sich bei ihm eines ganz natürlich aus dem anderen. Steinbeis hat einen dichten, so sauber konstruierten wie erzählten Text geschrieben, mit dem er eindrucksvoll und unterhaltsam sein schriftstellerisches Talent unter Beweis stellt.
SEBASTIAN DOMSCH
Maximilian Steinbeis: "Schwarzes Wasser". Roman. C. H. Beck Verlag, München 2003. 141 S., geb., 17,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ich werd' verrückt, wenn's heut passiert: Maximilian Steinbeis' Debüt
Auf Kindergeburtstagen muß eigentlich immer jemand weinen, meistens das Geburtstagskind selbst, denn sie sind Momente großer emotionaler Spannung, wo ein "himmelhoch jauchzend" schnell in ein "zu Tode betrübt" umschlägt. Elisabeth, von deren Geburtstag Maximilian Steinbeis in seinem Debütroman "Schwarzes Wasser" erzählt, ist eigentlich kein Kind mehr, schließlich wird sie zwanzig. Andererseits ist sie noch Jungfrau und fühlt sich dadurch den anderen gegenüber zurückgeblieben. Die anderen allerdings wehren sich selbst nach Kräften dagegen, erwachsen zu werden.
Im Lauf des Abends wird sich Elisabeth in ein emotionales Dreieck verstricken, zusammen mit ihrem besten Freund Wolodja, der die Party ausgerichtet hat, und dessen Freund Albert, und am Ende wird jemand weinen. Oder fast. Maximilian Steinbeis, der sich in sprachlicher Mimikry an seine Figuren anschleicht, scheint beim Erzählen selbst von heiterer Geburtstagsmelancholie erfaßt, gleichzeitig etwas high vom Liebesglück zu sein und zugleich wehmütig darüber, daß schon wieder etwas vergangen ist. Eine Gelegenheit, eine Liebe, ein Leben.
Viel passiert nicht in "Schwarzes Wasser", es ist halt eine Party, man räumt die Möbel zur Seite, schafft Essen und Getränke heran, irgendwoher muß noch ein Mikro besorgt werden, dann kommen die ersten Gäste. Unterdessen läuft Elisabeth durch die Räume und den Garten, denkt übers Klavierspielen nach und darüber, wer es wohl sein wird, wenn "es" heute passiert. Wolodja hat viel zu tun, da bleibt kaum Zeit, sich Gedanken zu machen, wie er das findet, was sich zwischen Elisabeth und dem ganz siegesgewissen Albert anbahnt.
In der Mitte des Textes findet plötzlich eine Verlangsamung statt, eine alte Geschichte wird erzählt. Albert wird vom Lärm der Party in das Krankenzimmer des Großvaters geweht, der ihn für den eigenen Sohn hält. Deshalb fängt der Alte zwischen Hustenanfällen und Zügen an der verbotenen Zigarette an, elegisch-ironisch von früher zu erzählen, von sich und der kleinen schwarzhaarigen Katja, und wie sich das so ergeben hat. Dabei vereint er viktorianische Erotik mit verschmitzter Altväterlichkeit, ein Humbert Humbert, der für seine eigene Geschichte eigentlich schon zu alt ist. Wie eine Erinnerung aus einem anderen, viel älteren Roman scheint das, oder besser noch, einer Novelle. Aller Wortreichtum, den der Alte aufbietet, um die Annäherung zwischen ihm und dem viel zu jungen Mädchen im Beisein der Ehefrau zu schildern, läuft zielstrebig auf eine ebenso unerhörte wie ausgesparte Begebenheit und ihre Folgen hinaus. Die Geschichte des Alten ist gleichzeitig Zäsur und Spiegelung für die Gefühlswallungen der Gegenwart, denn hinter der Tür wummert nach wie vor der Baß, und irgendwann ist auch Albert wieder zurück, die Party geht weiter.
Was Maximilian Steinbeis mit "Schwarzes Wasser" vorgelegt hat, läßt an ein Bewerbungsschreiben für literarische Debütanten denken. Der Text ist lang genug, um einen Eindruck vom Können seines Autors zu bekommen, aber kein unnötig kraftstrotzender literarischer Erstschlag, dem ein zweites Buch nie mehr das Wasser reichen könnte. Er ist zurückhaltend in Zeit und Ort - vierundzwanzig Stunden in einer alten Villa an einem See -, schildert einerseits nur ein paar scheinbar zufällige Episoden und verhandelt doch unversehens die großen Themen, Freundschaft, Liebe, Verlust, Tod. Sprachlich schlüpft der Autor in viele Rollen, läßt sich nicht auf eine Stimme verpflichten, sondern moduliert seinen Erzählerton, je nachdem, welche Figur gerade mit ihrer Perspektive dominiert. Das gibt ihm die Gelegenheit, sein handwerkliches Können zu demonstrieren.
Maximilian Steinbeis macht also alles richtig, aber der Eindruck, man habe es mit einem nach Maß und Muster gestrickten Text zu tun, ist nur oberflächlich, denn der Autor ist mit ganzem Herzen bei dem, was er erzählt, und wo bei anderen Autoren die Berechnungen des creative-writing-Schülers zu erkennen sind, ergibt sich bei ihm eines ganz natürlich aus dem anderen. Steinbeis hat einen dichten, so sauber konstruierten wie erzählten Text geschrieben, mit dem er eindrucksvoll und unterhaltsam sein schriftstellerisches Talent unter Beweis stellt.
SEBASTIAN DOMSCH
Maximilian Steinbeis: "Schwarzes Wasser". Roman. C. H. Beck Verlag, München 2003. 141 S., geb., 17,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Sebastian Domsch ist von diesem Debütroman, in dem von einer Party, von Freundschaft, Liebe und Tod erzählt wird, ziemlich begeistert. Dabei scheint ihm die Geschichte zunächst fast ein bisschen zu gut konstruiert und er fühlt sich an ein "Bewerbungsschreiben für literarische Debütanten" oder an "creative-writing-Schüler" erinnert. Auch die Binnengeschichte von einer Liebesgeschichte des Großvaters der Hauptfigur, in der sich die Gegenwart "spiegelt", kommt Domsch vor, wie eine Geschichte aus einem "viel älteren Roman", wie er zunächst etwas irritiert feststellt. Doch dann zeigt er sich von der erzählerischen Ökonomie und der Fähigkeit des Autors, in verschiedene Rollen zu schlüpfen restlos überzeugt und er bemerkt beeindruckt, dass Maximilian Steinbeis "mit ganzem Herzen" bei seiner Geschichte und seinen Figuren ist. Dies unterscheidet seiner Ansicht nach diesen Text von Romanen, die nach "Maß und Muster" geschrieben sind und dadurch, so Domsch begeistert, ist es dem Autor in seinem Debüt gelungen, "eindrucksvoll und unterhaltsam" zu zeigen, was er kann.
© Perlentaucher Medien GmbH
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