Hase wacht eines Morgens auf und tritt aus seinem Bau ins helle Sonnenlicht hinaus. Es ist ein wunderschöner Tag, aber irgendetwas stimmt nicht. Da ist noch jemand! Schwarzhase!
Ein Bilderbuch über einen kleinen unerschrockenen Hasen und seinen neuen Gefährten - Freund oder Feind? -, der sich einfach nicht abschütteln lässt.
Ein Bilderbuch über einen kleinen unerschrockenen Hasen und seinen neuen Gefährten - Freund oder Feind? -, der sich einfach nicht abschütteln lässt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2013Na, böser Wolf, wie schmeckt dir jetzt das?
Hinter uns steht immer ein anderer, weiß die Illustratorin Philippa Leathers. Fragt sich nur: wer?
Von Silja von Rauchhaupt
Eigentlich ist es ein wundervoller Tag. Ein Bienchen summt, die Sonne scheint hell und freundlich. "Schwarzhase", das Bilderbuch der englischen Illustratorin Philippa Leathers, zaubert schon auf der ersten Seite der Geschichte eine hauchzarte Bilderbuchidylle: hellgrüne Aquarellfarben kolorieren die mit haarfeinen Pinseln gestrichelten Gräser und Blümchen. Davor steht der Held des Buches, ein sehr kleiner, weißer, überaus niedlicher Hase mit rosafarbenen Tupfen. Er tritt aus seinem Bau, und er spürt, dass an diesem Tag irgendetwas nicht in Ordnung ist. Seine Vorahnung wird bestätigt, denn auf der nächsten Seite steht ein riesiger schwarzer Hase an einem großen Felsen vor seinem Bau. Und das Schlimmste: Er folgt ihm überallhin. Nicht einmal durch die Flucht in einen See wird der Hase den unheimlichen Verfolger los. Erst im dunklen Wald ist der Schatten auf einmal fort, und der kleine Hase hat keine Angst mehr. Erleichtert setzt er sich auf einen Baumstumpf und verputzt genüsslich eine Karotte.
Der Leser jedoch ist alles andere als erleichtert. Wie im Film wird jetzt Spannung aufgebaut. Perspektive von oben: ein kleiner Hase inmitten toter Bäume. Dabei ist doch eben noch Frühling gewesen! So kommt es auch bald zu einer neuen Begegnung. Zwei Augen blitzen den Hasen aus dem Dunkel an. Er denkt natürlich sofort an Schwarzhase, aber diesmal ist er es nicht. Ein hungriger Wolf mit scharfen Zähnen kommt auf den kleinen Hasen zu. Auf seiner überhasteten Flucht, die sehr temporeich gezeichnet ist und verrät, dass die Illustratorin auch im Trickfilm zu Hause ist, überschlägt sich der Hase ein paar Mal, bis er aus dem Wald herausstolpert.
Der Wolf, ihm dicht auf den Fersen, kommt immer näher und näher, der Hase denkt schon, es sei alles vorbei, da merkt er, dass der Wolf vor Angst erstarrt ist. Dort, an einem sonnenbeschienenen Busch, steht groß und breit - Schwarzhase. Der Wolf wartet nicht lange, sondern läuft, so schnell er kann, zurück in den Wald. Hase und Scharzhase aber gehen zusammen nach Hause.
Doch wer sind die beiden eigentlich? Der Hase und sein Schatten, oder ist es sein Doppelgänger, sein Alter Ego? Auf jeden Fall ist es kein normaler Schatten, das steht fest. Oder hat man jemals einen Menschen gesehen, der mit seinem Schatten Händchen halten kann? Leathers versteht es, in einer sehr stringenten Dramaturgie mit grafisch reduzierter Formgebung eine spannende Verfolgungsjagd zu inszenieren und dabei beiläufig einige Fragen aufzuwerfen, die durchaus in die Tiefe gehen. Es muss ja nicht gleich Platon mit dem Höhlengleichnis sein, nur weil es um Schatten geht.
Über Schatten sprechen, das kann man gut mit Kindern. Es macht Spaß, in der Sonne Schatten zu jagen, aber in der Nacht können sie Angst machen. Nicht umsonst bezeichnen wir unsere dunklen Züge als Schattenseiten. Auch die können uns zuweilen erschrecken. So gesehen ist das friedliche Spazierengehen Hand in Hand mit dem eigenen Schatten eine schöne Utopie.
Philippa Leathers: "Schwarzhase".
Aus dem Englischen von Salah Naoura. Thienemann Verlag, Stuttgart 2013. 40 S., geb., 12,95 [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hinter uns steht immer ein anderer, weiß die Illustratorin Philippa Leathers. Fragt sich nur: wer?
Von Silja von Rauchhaupt
Eigentlich ist es ein wundervoller Tag. Ein Bienchen summt, die Sonne scheint hell und freundlich. "Schwarzhase", das Bilderbuch der englischen Illustratorin Philippa Leathers, zaubert schon auf der ersten Seite der Geschichte eine hauchzarte Bilderbuchidylle: hellgrüne Aquarellfarben kolorieren die mit haarfeinen Pinseln gestrichelten Gräser und Blümchen. Davor steht der Held des Buches, ein sehr kleiner, weißer, überaus niedlicher Hase mit rosafarbenen Tupfen. Er tritt aus seinem Bau, und er spürt, dass an diesem Tag irgendetwas nicht in Ordnung ist. Seine Vorahnung wird bestätigt, denn auf der nächsten Seite steht ein riesiger schwarzer Hase an einem großen Felsen vor seinem Bau. Und das Schlimmste: Er folgt ihm überallhin. Nicht einmal durch die Flucht in einen See wird der Hase den unheimlichen Verfolger los. Erst im dunklen Wald ist der Schatten auf einmal fort, und der kleine Hase hat keine Angst mehr. Erleichtert setzt er sich auf einen Baumstumpf und verputzt genüsslich eine Karotte.
Der Leser jedoch ist alles andere als erleichtert. Wie im Film wird jetzt Spannung aufgebaut. Perspektive von oben: ein kleiner Hase inmitten toter Bäume. Dabei ist doch eben noch Frühling gewesen! So kommt es auch bald zu einer neuen Begegnung. Zwei Augen blitzen den Hasen aus dem Dunkel an. Er denkt natürlich sofort an Schwarzhase, aber diesmal ist er es nicht. Ein hungriger Wolf mit scharfen Zähnen kommt auf den kleinen Hasen zu. Auf seiner überhasteten Flucht, die sehr temporeich gezeichnet ist und verrät, dass die Illustratorin auch im Trickfilm zu Hause ist, überschlägt sich der Hase ein paar Mal, bis er aus dem Wald herausstolpert.
Der Wolf, ihm dicht auf den Fersen, kommt immer näher und näher, der Hase denkt schon, es sei alles vorbei, da merkt er, dass der Wolf vor Angst erstarrt ist. Dort, an einem sonnenbeschienenen Busch, steht groß und breit - Schwarzhase. Der Wolf wartet nicht lange, sondern läuft, so schnell er kann, zurück in den Wald. Hase und Scharzhase aber gehen zusammen nach Hause.
Doch wer sind die beiden eigentlich? Der Hase und sein Schatten, oder ist es sein Doppelgänger, sein Alter Ego? Auf jeden Fall ist es kein normaler Schatten, das steht fest. Oder hat man jemals einen Menschen gesehen, der mit seinem Schatten Händchen halten kann? Leathers versteht es, in einer sehr stringenten Dramaturgie mit grafisch reduzierter Formgebung eine spannende Verfolgungsjagd zu inszenieren und dabei beiläufig einige Fragen aufzuwerfen, die durchaus in die Tiefe gehen. Es muss ja nicht gleich Platon mit dem Höhlengleichnis sein, nur weil es um Schatten geht.
Über Schatten sprechen, das kann man gut mit Kindern. Es macht Spaß, in der Sonne Schatten zu jagen, aber in der Nacht können sie Angst machen. Nicht umsonst bezeichnen wir unsere dunklen Züge als Schattenseiten. Auch die können uns zuweilen erschrecken. So gesehen ist das friedliche Spazierengehen Hand in Hand mit dem eigenen Schatten eine schöne Utopie.
Philippa Leathers: "Schwarzhase".
Aus dem Englischen von Salah Naoura. Thienemann Verlag, Stuttgart 2013. 40 S., geb., 12,95 [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Silja von Rauchhaupt weiß zu schätzen, dass Philippa Leathers mit ihrem Bilderbuch über den kleinen Hasen, der vor dem eigenen Schatten Angst hat, bis der ihn vor dem bösen Wolf rettet, auch tiefergehende Fragen aufgreift. Das mitunter filmisch anmutende Buch, das die Trickfilmerin verrät, die die englische Illustratorin auch ist, kann Spannung aufbauen und beglückt die kindlichen Betrachter mit der "schönen Utopie", Hand in Hand mit dem eigenen Schatten zu gehen, freut sich die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Mit dem Bilderbuch lässt sich das abstrakte Thema 'Angst' anschaulich machen und erklären - wunderbar, wenn es darum geht, zwischen guten und schlechten Ängsten zu unterscheiden.", Betrifft Kinder, Maren Bonacker, 01.04.2019