Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,7, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) (Institut für Literaturwissenschaft, Abteilung Mediävistik), Sprache: Deutsch, Abstract: Reden und Schweigen sind Mitteilungsformen. Das Schweigen und das gesprochene Wort sind, sich gegen- und wechselseitig bedingend, wichtige Kennzeichen kollektiver Identität und damit tragende Elemente aus ein und demselben Programm. Die Form der Sprache, die Wahl der Worte oder der Umfang der Rede, jedoch auch die Art und Weise des Schweigens sind stets dem historischen Kollektiv verhaftet, die Sprechakte selbst an historische Konventionen gebunden. Sprechakte wie das Versprechen, das Stottern aus Verlegenheit oder aus Unsicherheit, das Bitten und das Danken hingegen erscheinen weitgehend außerhalb eines historischen Kontextes und vielmehr dem Wesen des historischen wie des zeitgenössischen Menschen gleichermaßen inhärent als zeitgenössische wie historische Formen des Eingehens von Verpflichtungen. Das beredte als ein signifikantes Schweigen in Rede und Literatur, das etwas bestimmtes aussagen will, bedarf immer der Interpretation, auch dort, wo es spontan vor oder nach Rechtfertigung oder Aufforderung entsteht. Am häufigsten entsteht Schweigen, wo die Worte versagen oder fehlen, bei jenem, der ihrer nicht habhaft wird angesichts von Affekten wie Respekt, Achtung, Hochachtung, Missachtung oder Verachtung, Höflichkeit, Diskretion, Bescheidenheit, Schlauheit oder Dummheit, Ein-verständnis, Vertrautheit, Vornehmheit, Überheblichkeit oder Arroganz, Verzweiflung, Scham oder Sittsamkeit, Misstrauen, Vorsicht, Furcht oder deren Steigerung Angst, Aggression, Entsetzen, Trotz, Hinterlist, Verbitterung, Zustimmung oder Ablehnung, einer schlichten Wortungewandtheit, wenn Sprache verloren geht, oder die Rede nach einem Zögern im Schweigen, wenn das Wort der Stille abgerungen wird. Eine wie auch immer geartete deiktische Funktion aber ist dem Schweigen als einer sprachlichen Einheit inhärent. Nicht nur in der zwischenmenschlichen Kommunikation, sondern auch in der Literatur wird das Schweigen als bewusste und als unbewusste Handlung poetologisch genutzt.
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