Hinter den Türen der Intensivstation - eine bitterböse medizinische Satire
Überforderte Ärzte, hektisches Pflegepersonal, anstrengende Angehörige-die Arbeit auf einer Intensivstation hat wenig mit der heimeligen Welt von Arztroman und Krankenhausserie zu tun. Katrin Grunwald ist Intensiv Krankenschwester und kämpft zwischen Beatmungsgerät und Defibrillator mit den Ärzten ums Überleben der Patienten. Dabei gerät auch sie manchmal an ihre Grenzen - und sie weiß: Die Realität in deutschen Krankenhäusern ist oft nur mit viel schwarzem Humor zu ertragen.
Überforderte Ärzte, hektisches Pflegepersonal, anstrengende Angehörige-die Arbeit auf einer Intensivstation hat wenig mit der heimeligen Welt von Arztroman und Krankenhausserie zu tun. Katrin Grunwald ist Intensiv Krankenschwester und kämpft zwischen Beatmungsgerät und Defibrillator mit den Ärzten ums Überleben der Patienten. Dabei gerät auch sie manchmal an ihre Grenzen - und sie weiß: Die Realität in deutschen Krankenhäusern ist oft nur mit viel schwarzem Humor zu ertragen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.2010Intensivstation
Viele Menschen haben einen stressigen Job, aber bei den wenigsten steht so viel auf dem Spiel wie beim Personal einer Intensivstation. Hier tobt nicht das Leben, hier toben alle, um Leben zu retten, so Katrin Grunwald, Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege. Sie hat den alltäglichen Wahnsinn in der Enklave zwischen Leben und Tod in einer bissigen Satire beschrieben. Nein, sie nehme sich keine Arbeit mit nach Hause, so die Autorin auf die zu oft gehörte Frage, ob man "das alles denn nicht mit in den Feierabend nehme". Das sei im Übrigen auch bei Gerichtsmedizinern und Totengräbern unüblich. Frech, mit schwarzem Humor, bisweilen auch ätzend, aber nie respektlos gegenüber den Patienten, arbeitet Grunwald sich durch dramatische Nachtschichten, durch viel Anspannung, Lärm und Gerenne. Beschrieben wird das langsame Vorschieben der Ekelschwelle, nervige Besucher, die "alles ganz schlimm" finden und trotzdem glotzend im Weg stehen, und die Schwierigkeiten, so etwas wie ein soziales Leben aufrechtzuerhalten, wenn der Feierabend um 22 Uhr beginnt und die nächste Schicht um sechs in der Frühe. Man erfährt von den Strategien, sich bei aller notwendigen Anteilnahme nicht überwältigen zu lassen vom Leid, mit dem man täglich konfrontiert ist. Vor allem aber ist Grunwalds Buch eine Anklageschrift gegen die Personaleinsparung in der Pflege, die, wie die Autorin bemerkt, von denen beschlossen wird, die in Ruhe in ihren Büros sitzen und pünktlich Feierabend haben, während die Betroffenen zur Selbstausbeutung gezwungen sind. (Katrin Grunwald: "Schwester!". Mein Leben mit der Intensivstation. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2010. 240 S., br., 8,95 [Euro].) lenz
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Viele Menschen haben einen stressigen Job, aber bei den wenigsten steht so viel auf dem Spiel wie beim Personal einer Intensivstation. Hier tobt nicht das Leben, hier toben alle, um Leben zu retten, so Katrin Grunwald, Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege. Sie hat den alltäglichen Wahnsinn in der Enklave zwischen Leben und Tod in einer bissigen Satire beschrieben. Nein, sie nehme sich keine Arbeit mit nach Hause, so die Autorin auf die zu oft gehörte Frage, ob man "das alles denn nicht mit in den Feierabend nehme". Das sei im Übrigen auch bei Gerichtsmedizinern und Totengräbern unüblich. Frech, mit schwarzem Humor, bisweilen auch ätzend, aber nie respektlos gegenüber den Patienten, arbeitet Grunwald sich durch dramatische Nachtschichten, durch viel Anspannung, Lärm und Gerenne. Beschrieben wird das langsame Vorschieben der Ekelschwelle, nervige Besucher, die "alles ganz schlimm" finden und trotzdem glotzend im Weg stehen, und die Schwierigkeiten, so etwas wie ein soziales Leben aufrechtzuerhalten, wenn der Feierabend um 22 Uhr beginnt und die nächste Schicht um sechs in der Frühe. Man erfährt von den Strategien, sich bei aller notwendigen Anteilnahme nicht überwältigen zu lassen vom Leid, mit dem man täglich konfrontiert ist. Vor allem aber ist Grunwalds Buch eine Anklageschrift gegen die Personaleinsparung in der Pflege, die, wie die Autorin bemerkt, von denen beschlossen wird, die in Ruhe in ihren Büros sitzen und pünktlich Feierabend haben, während die Betroffenen zur Selbstausbeutung gezwungen sind. (Katrin Grunwald: "Schwester!". Mein Leben mit der Intensivstation. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2010. 240 S., br., 8,95 [Euro].) lenz
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main