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Die Verteidigung der zivilisierten Welt gegen die Barbarei - welches Thema könnte zeitgemäßer sein? Iain Pears, einer der großen Romanciers Englands, läßt vor dem Hintergrund der ebenso geschichtsträchtigen wie malerischen Provence drei exemplarische Lebensläufe entstehen: drei Männer, jeder schicksalhaft verbunden mit einer außergewöhnlichen Frau, drei anfechtbare Helden in dramatischen Krisenzeiten der europäischen Geschichte, drei Meister des Worts, verknüpft durch die Auseinandersetzung mit dem Traktat Scipios Traum. Iain Pears lockt in "Scipios Traum" den Leser auf verschlungene Pfade,…mehr

Produktbeschreibung
Die Verteidigung der zivilisierten Welt gegen die Barbarei - welches Thema könnte zeitgemäßer sein? Iain Pears, einer der großen Romanciers Englands, läßt vor dem Hintergrund der ebenso geschichtsträchtigen wie malerischen Provence drei exemplarische Lebensläufe entstehen: drei Männer, jeder schicksalhaft verbunden mit einer außergewöhnlichen Frau, drei anfechtbare Helden in dramatischen Krisenzeiten der europäischen Geschichte, drei Meister des Worts, verknüpft durch die Auseinandersetzung mit dem Traktat Scipios Traum.
Iain Pears lockt in "Scipios Traum" den Leser auf verschlungene Pfade, erzählt eine Geschichte von unglaublicher Komplexität. Wie Shakespeare lässt er Ungeheures auf Intimes, Weisheit auf Wahnsinn folgen, und so eilt man gespannt und neugierig durch einen erzählerischen Kosmos ohnegleichen.
Autorenporträt
Der Engländer Iain Pears, geboren 1955, studierte in Oxford. Nach dem Studium arbeitete er als Korrespondent für die Nachrichtenagentur Reutters in Rom und Paris. Seit einigen Jahren ist er freiberuflich als Journalist, Kunsthistoriker und - natürlich - als Schriftsteller tätig. Er hat einige erfolgreiche Kriminalromane verfaßt sowie ein kunstgeschichtliches Sachbuch. Der große Wurf ist ihm jedoch mit Das Urteil am Kreuzweg gelungen, das bereits in 15 Sprachen übersetzt wurde.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.06.2003

Feingeister im Härtetest
Iain Pears’ historische Schmonzette „Scipios Traum”
Nach einem harten Tag ermüdender Kunstanstrengungen, nach regalübergreifendem hermeneutischen Großeinsatz und vier Trainingseinheiten zur Verfeinerung der ästhetischen Sinnesorgane darf den literarisch interessierten Zeitgenossen schon mal der Wunsch nach buntem Großleinwandspektakel in Dolby-C-Surround überkommen. Am schönsten ist das Vergnügen dann, wenn es in dem Monumentalschinken um durchtrainierte Hermeneutiker und gebildete Feingeister in bildschöner Ferienlandschaft geht. Provence. Avignon, Vaison la Romaine, Aigues Mortes. Das Unterbewusstsein kramt schon nach dem Ferienhauskatalog.
Cave, cavete! Die gallo-romanische Kulturlandschaft Provence wird von unzivilisierten Barbaren in die Zange genommen. Westlich der Rhône lauert der Gote Eurich mit seinen zottigen Mannen, von Osten her droht der ungehobelte Burgunder, den Lavendel zu zertrampeln. In Südfrankreich bröckelt das römische Reich, die allseits beliebte Kultur der granitenen Aphorismen und sauber gemeißelten Grabsprüche scheint dem Untergang gewidmet zu sein. Der römische Aristokrat, Bischof, Gutsherr und Hobbyneoplatoniker Manlius Hippomanes rezitiert am liebsten in seinem thymianduftenden Garten mit Freunden die Klassiker des Goldenen Zeitalters und sieht nur eine Möglichkeit, die geliebte Zivilisation zu retten: Er beschließt, mit den weniger Grobschlächtigen unter den Barbaren zu paktieren. Er überlässt den Burgundern seine Provinz. Aus politischem Kalkül wird er dabei seine Freunde verraten und die jüdische Gemeinde vernichten. Nicht wirklich neoplatonisch, der Hippomanes.
Einige Jahrhunderte später sieht es nicht sehr viel rosiger aus in der Provence: Papst Klemens VI. residiert im korrupten Avignon. Die alte römische Kirchenmacht zerbröckelt, Schismatiker huschen über die kühlen Flure, und die Pest wütet im und um den prachtvollen Papstpalast wie eine Geißel Gottes. Horden von Flagellanten ziehen durch die Gassen, und die Kirche läuft Gefahr, die Kontrolle über ihre hysterischen Schäflein zu verlieren. Wieder steht eine raffinierte Zivilisation kurz vor dem Untergang. Die Provence stinkt zum Himmel, da hilft kein Lavendelsäckchen und keine Oleander-Duftkerze. Der Kardinal Ceccani sieht nur eine Möglichkeit, die geliebte Zivilisation zu retten: Er konspiriert, um Avignon vollends in den Untergang zu reißen und damit den Papst zur Rückkehr nach Rom zu zwingen. Auch er ist bereit, die Juden für seinen Traum von der wiedererstarkenden römischen Kultur zu opfern. Sein Sekretär, der Dichter Olivier de Noyen, muss sich entscheiden zwischen politischem Verrat und Menschlichkeit.
Wieder einige Jahrhunderte später, die Zeitmaschine hat noch Sprit, der Weltgeist gibt keine Ruh: Die Nazis breiten sich in Frankreich aus, in Les Milles bei Aix-en-Provence wird ein Sammellager für Juden und Regimegegner errichtet, und kurz vor dem Zusammenbruch des Tausendjährigen Reichs liefert die französische Verwaltung immer noch regelmäßig Juden an die Besatzer aus. Der Feingeist Julien Barneuve forscht über die Kopie eines Manuskripts des Neoplatonikers Manlius Hippomanes, angefertigt von Olivier de Noyen: „Scipios Traum”, eine philosophische Etüde über Freundschaft, Ehre, Weisheit und Tugend – eben alles, was der Mann von Welt braucht, um außerhalb der Studierstube zu meucheln, zu brandschatzen und zu betrügen.
Die Schicksale erweisen sich als bedeutungsvoll ineinander verwickelt. Denn auch der angesehene Akademiker Julien wird sein Bestes geben, um die geliebte Zivilisation zu retten. Er beschließt, mit den Nazis zu kollaborieren. Besser ein einfühlsamer Zensor, als ein grobschlächtiger. Julien feuert ein paar Juden aus den Redaktionen. Nichts Großes, nur die übliche Kollaboration. Und alles unter dem Vorwand, möglichst viel Troubadoure in den Regalen zu retten.
Knirschende Sandalen
Zu Beginn des Romans verbrennt sich Julien Barneuve in einem reuigen Autodafé inmitten seiner Papiere. Ihre wahre Kraft erlangen die Barbaren durch die kooperierenden Feingeister. „Scipios Traum” erzählt von Entscheidungen zwischen hohen moralischen Idealen und der alltäglichen Menschlichkeit in Krisenzeiten. Und erzählt das sehr gut. Iain Pears erweist sich als Meister des würzigen und gut abgehangenen Historienschinkens. Zum Glück verfällt er nicht in die Provence-Schwärmerei eines Peter Mayle, der vor lauter Glück über freundliche, Boule spielende Opis die Nase gar nicht mehr aus dem Pastis heraus bekam.
Das Dekor und die geschichtlichen Zusammenhänge sind sorgfältig recherchiert. Mit großer handwerklicher Fertigkeit verschachtelt Pears das Schicksal von weit mehr als zwei Dutzend Hauptfiguren, ohne dabei den Faden zu verlieren. Die Schicksale werden überkreuz und durch drei Epochen miteinander verwoben. Effektvoll schwären die Pestbeulen unter den Brokatgewändern der Kirchenfürsten, besinnlich knirschen die römischen Sandaletten über den Kies der Landgüter.
„Scipios Traum” ist ein vorzüglicher historischer Unterhaltungsroman in der Tradition des großen Alexandre Dumas. Die Eleganz des Textes liegt allerdings eher in der sauberen Plotführung als in der sprachlichen Ausarbeitung, die konventionell ist, ohne sich dabei allzu oft in Klischees zu verfangen. Das Ergebnis ist ein bisschen sentimental, ein bisschen hollywoodesk, passt aber ausgezeichnet zu dem gewagten Genre-Mix aus Sandalenepos, Gewissensdrama und Philosophieschmonzette. Genau das Richtige für eine mentale Kurzreise in den Zeiten leerer Urlaubskassen. STEPHAN MAUS
IAIN PEARS: Scipios Traum. Roman. Aus dem Englischen von Klaus Fröba. Droemer Verlag, München 2003. 608 Seiten, 22, 90 Euro.
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"Dieser Roman hat Kraft und Wucht. Er bemächtigt sich unwiderstehlich unserer Phantasie." Evening Standard