Wieso zerschlägt ein Stettiner Zöllner die Jessenin-Büste, die sich ein Tscheche aus Moskau mitgebracht hat?Wohin führt es, wenn man seinem Hund im von Deutschen besetzten Holland den Hitlergruß beibringt? Was fühlen sechs Prager Zirkustiger im Schweizer Exil, wenn keiner mit ihnen tschechisch spricht?Erstmals in deutscher Übersetzung: Die Erzählungen, in denen Jiri Weil virtuos alle Register zieht, die seinen extremen Erfahrungen als Tscheche, Jude und Internationalist entsprechen.Geschichten, die u. a. in Berlin, Prag, Lidice, Paris, Luzern, am Genfersee, im Elsaß, an den Bächen von Alma Ata spielen. Ein europäischer Erzähler von eigenwilligem Format, radikal auf Sichtung der Gegenwart aus und mit dem unnachsichtigen Blick für die Narben, noch wo er die Kraft des Weiterlebens preist.Seine Erzählkunst reicht von lakonischem Witz und tragischer Komik bis zum Pathos des Erinnerns und der Klage. Seine Prosa fasst miterlebte Zeit im Realismus eines harten politischen Blicks, verdichtet sie aber auch immer wieder in Bilder des Absurden, wie er sie bei seinem Landsmann Kafka bewunderte.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Ulrich M. Schmid entdeckt in einem "äußerst lesenswerten" Erzählband den tschechischen Schriftstellers Jiri Weil als wortgewandten "Mahner an den Holocaust". Auch in den Vorkriegsgeschichten schöpfe Weil von "fast antikem Furor" bis zu schonungslosen tschechischem Humor aus einem breiten künstlerischen Spektrum. Am nachhaltigsten beeindruckt haben den Rezensenten zehn Prosagedichte, die den Holocaust mit "expressionistischer Sprachkraft" nachzeichneten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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