Marktplatzangebote
14 Angebote ab € 6,54 €
  • Gebundenes Buch

Was den Menschen zum Menschen macht Unsterblich oder gar nicht existent? Die Frage nach der Seele beschäftigt die Menschheit seit Jahrtausenden und sie stellt sich heute drängender denn je. Denn in unserer kalten Hightech-Welt wächst das Bedürfnis nach Sinn und Spiritualität. Der Wissenschaftsjournalist Thomas Vašek begibt sich auf die fesselnde Suche nach einem Organ, über dessen Beschaffenheit sich Philosophie und Religion, Psychologie und Naturwissenschaften bis heute höchst uneins sind.
Die schwere Demenzerkrankung seines Vaters konfrontiert Thomas Vašek mit schwierigen Fragen: In
…mehr

Produktbeschreibung
Was den Menschen zum Menschen macht Unsterblich oder gar nicht existent? Die Frage nach der Seele beschäftigt die Menschheit seit Jahrtausenden und sie stellt sich heute drängender denn je. Denn in unserer kalten Hightech-Welt wächst das Bedürfnis nach Sinn und Spiritualität. Der Wissenschaftsjournalist Thomas Vašek begibt sich auf die fesselnde Suche nach einem Organ, über dessen Beschaffenheit sich Philosophie und Religion, Psychologie und Naturwissenschaften bis heute höchst uneins sind.

Die schwere Demenzerkrankung seines Vaters konfrontiert Thomas Vašek mit schwierigen Fragen: In welchem geistigen Zustand befindet sich sein Vater? Hat er noch ein Selbst? Was passiert mit seiner Seele, wenn er stirbt? Fragen, die viele Menschen umtreiben, denn der Gedanke an eine unabhängig vom Körper existierende Seele ist angesichts von Gebrechlichkeit und Tod ein großer Trost - auch wenn viele Wissenschaftler davon überzeugt sind, dass alle geistigen und psychischen Vorgänge auf hirnphysiologischen Prozessen beruhen.

Thomas Vašeks Buch handelt von dem Versuch, dem Seelen-Rätsel auf die Spur zu kommen. Sein Streifzug durch die Jahrhunderte und Disziplinen - von der antiken Philosophie bis zur modernen Neurowissenschaft - fördert so manche Überraschung zutage: unter anderem, dass sich die uralten Vorstellungen des Buddhismus und die moderne Hirnforschung erstaunlich nahekommen. - Jede Menge Stoff zum Nachdenken über eine der größten Menschheitsfragen.Für Menschen auf der Suche - nach Erkenntnis, nach Sinn, nach Trost im Angesicht von Krankheit und Tod.
Autorenporträt
Thomas Vasek, geboren 1968 in Wien, arbeitete als Journalist für Magazine in Österreich und Deutschland. Unter anderem war er Chefredakteur der deutschen Ausgabe von Technology Review, dem Magazin des "Massachusetts Institute of Technology". Zuletzt war er Chefredakteur des P.M. Magazins. Derzeit ist Thomas Vasek selbstständig als Journalist sowie als Buchautor tätig. Thomas Vasek lebt in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2011

Was es heißt, lebendig zu sein

Neue Perspektiven für eine Philosophie des Geistes: Drei Bücher fragen, wie es in Zeiten der Neurobiologie um die Seele steht.

Die neurowissenschaftliche Reduktion der menschlichen Subjektivität auf messbare und mit Hilfe der modernen bildgebenden Verfahren darstellbaren Gehirnvorgänge verdankt ihre Überzeugungskraft einer mit dem Gestus der Selbstverständlichkeit präsentierten, in Wahrheit aber höchst voraussetzungsreichen Unterstellung. Zum Credo der meisten Vertreter reduktionistisch-naturalistischer Positionen gehört die Überzeugung, dass auf die Frage nach der Urheberschaft menschlicher Handlungen nur zwei Antworten in Betracht kämen. Entweder man operiere mit der Annahme eines von seinem Leib, seinen Gefühlen und seinem Lebensvollzug abgekoppelten, cartesianischen Ich, das in unumschränkter Souveränität eine Entscheidung treffe und dem Körper deren Ausführung aufoktroyiere. Ein solches ortlos-immaterielles Ego, von dem zudem ganz unklar ist, wie es auf die materielle Welt soll einwirken können, lässt sich freilich leicht als metaphysische Chimäre abtun. Dann aber, so fahren die Verfechter der Naturalisierungsstrategie fort, verbleibe nur die Möglichkeit, das Gehirn selbst als Urheber von Handlungen anzusehen.

Wer so argumentiert, unterliegt einem doppelten Missverständnis, wie die Beiträge des von den Innsbrucker Theologen Georg Gasser und Josel Quitterer herausgegebenen Sammelbandes zeigen. Erstens überschätzen die Vertreter naturalistischer Positionen regelmäßig die Reichweite und Begründungskraft naturwissenschaftlicher Befunde. Der Mediziner Martin Kurthen legt eindringlich dar, dass die Neurowissenschaft als praktizierte Naturwissenschaft nicht weiter gelangen kann als zu einer Behauptung der Koinzidenz oder zeitlichen Korrelation von zerebralen und kognitiven mentalen Prozessen. "Die Beziehung (Identität? Supervenienz? Interaktion? Parallelität?) zwischen beiden Klassen von Prozessen kann sie nicht thematisieren, weil mentale Prozesse und somit auch Beziehungen zwischen neuralen und mentalen Prozessen nicht zu ihrem Gegenstandsbereich gehören." Diese Frage fällt vielmehr in den Zuständigkeitsbereich der Philosophie. Zweitens bleibt nach den Ausführungen des Theologen Tobias Kläden in den meisten naturalistischen Theorien das vordergründig verworfene dualistische Bild des Geistes als Gespenst mit Steuerfunktion in der Körpermaschine untergründig erhalten. "Nur besteht nun ein Dualismus zwischen dem Gehirn, das die zentrale Steuerfunktion des menschlichen Körpers übernimmt, und dem Rest des Körpers."

Die Gegenposition zum cartesischen Dualismus geht auf Aristoteles und seinen Schüler Thomas von Aquin zurück. Diese begreifen den Menschen ebenso wie jedes andere Lebewesen als ursprüngliche und wesentliche Einheit. Mentale und physische Entitäten sind für sie keine quantitativ zu bestimmenden Einzelteile, sondern nur auf begrifflicher Ebene zu unterscheidende Konstitutionsprinzipien des einen Lebewesens Mensch. In den Worten Klädens wird der Bereich des Mentalen "somit nicht als ein verdinglichter und abgrenzbarer Kontroll- und Steuerungsmechanismus im Inneren des Organismus angesehen, sondern eher als ein gestalthaftes, strukturverleihendes Gesamt von Fähigkeiten und Dispositionen des ganzen Organismus."

Mit der aristotelisch-thomistischen Einsicht in die ursprüngliche Einheit und Ganzheit alles Lebendigen gelangt auch der lange als unwissenschaftlich verpönte Begriff der Seele zu neuen Ehren. Die Seele ist nach der Definition des Aristoteles nicht ein selbständig Seiendes, sondern das, was ein selbständig Seiendes, nämlich einen lebendigen Körper, zu dem macht, was er ist; sie ist Lebensprinzip. Die Aussage, Lebendiges habe eine Seele, bedeutet demnach, wie Robert Spaemann in seinem Beitrag zu dem von den Hannoveraner Philosophen Peter Nickl und Georgios Terizakis herausgegebenen Vortragsband darlegt, "dass Lebendigsein nicht verstanden werden kann als Epiphänomen, als Zustand oder Eigenschaft dessen, woraus das Lebendige besteht, sondern als das Sein dieses Seienden, das auf keine Weise rückführbar ist auf seine Entstehungsbedingungen."

Der Vorschlag, die Seele nicht nach Art eines Gegenstandes, sondern als Inbegriff der durch aktiven Selbstvollzug ermöglichten und aufrechterhaltenen Individualität eines jeden Lebewesens - also keineswegs nur des Menschen - zu fassen, eröffnet der festgefahrenen Mind-brain-Debatte neue Perspektiven. Er verleiht Erklärungsstrategien, die im Unterschied zu dem Vorgehen der meisten Neurowissenschaftler die Verhaltensweisen intelligenter Lebewesen nicht auf zeitlich vorausgehende Ursachen zurückführen, sondern sie in den funktionalen Zusammenhang des Gesamtorganismus einbetten, die erforderliche philosophische Fundierung. Wer sich in naturalistischer Manier damit brüstet, Bewusstseinsphänomene auf bestimmte Gehirnprozesse zurückzuführen, betreibt demnach nicht etwa eine metaphysikfreie, rein wissenschaftliche Entzauberung der Welt, sondern bleibt im Gegenteil einer Tradition schlechter, da abstrakter Metaphysik verhaftet. Ein adäquates Verständnis der höheren kognitiven Prozesse und des daraus resultierenden Verhaltens ist in den Worten Josef Quitterers demgegenüber "nur erreichbar, wenn diese integriert werden in die Gesamtorganisation des Lebewesens, in dem sie stattfinden". Beiträge dazu können, wie Quitterer hervorhebt, keineswegs nur die Neurowissenschaftler leisten. Vielmehr lässt sich der aristotelisch-thomistische Seelenbegriff "als Anleitung verstehen, wie die Erkenntnisse biologischer, neurowissenschaftlicher und psychologischer Forschung in eine umfassende Erklärung der Verhaltensweisen intelligenter Lebewesen integriert werden können."

Als Bestandteil eines Alternativprogramms zu dem ontologisch unreflektierten biowissenschaftlichen Naturalismus hat der Seelenbegriff somit sein gutes Recht. Erschöpft sich darin seine Bedeutung oder lässt sich eine spezifische Qualität namhaft machen, die allein der menschlichen Seele zukommt? Für Spaemann ist es "der Geist, der die menschliche Seele zu einer menschlichen macht". Geist zu haben heiße, zur bewussten Selbstrelativierung fähig zu sein, sich also nicht für den Mittelpunkt der Welt zu halten, sondern für einen unter anderen. "Gerade dies wissend wird dann das vernünftige Wesen in einem ganz neuen Sinne zum Selbstzweck. Seine Selbstrelativierung gibt ihm die Würde, die jede Instrumentalisierung von außen verbietet."

Dies ist, wie stets bei Spaemann, nobel und groß gedacht. Wie aber, wenn die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen diese bewusste Selbstrelativierung nicht mehr zulassen? Hat, so fragt der österreichische Wissenschaftsjournalist Thomas Vasek gegen Ende seines Streifzugs durch die Geschichte des Seelenbegriffs, sein demenzkranker Vater etwa keine Seele mehr? Spaemann wäre vermutlich der letzte, der diese Frage bejahen würde. Dann aber kann der Geist nicht konstitutiv für die Existenz einer menschlichen Seele sein. Im Mittelpunkt von Vaseks eigenem Vorschlag steht das "biographische Feld" eines Menschen: seine Beziehungen zu anderen, seine Interaktion mit der Welt. Das biographische Feld seines Vaters, räumt Vasek ein, sei zwar schwach geworden. "Aber es ist immer noch da. Es geht nicht von seinem Geist aus, sondern von seinem Leben."

Die Seele ist für Vasek nichts anderes als der Inbegriff dieses biographischen Feldes. Sie sei daher vielleicht nicht unsterblich, existiere aber doch jedenfalls so lange, wie das biographische Feld eines Menschen fortwirke. Ebenso wie sein Geist kann freilich auch diese Wirkung schon vor dem biologischen Tod eines Menschen erlöschen. Vaseks Vater besitzt Angehörige, die, indem sie sorgend und liebend auf ihn schauen, sein biographisches Feld am Leben erhalten. Wie aber ist es mit der wachsenden Gruppe alter Menschen, an denen niemandem mehr liegt und die nur noch als einnässende, kotende, verfaulende Körper und als Abrechnungsposten für Altenheime und Pflegedienste auf andere wirken?

Dass verflucht ist, wer auf Menschen baut, wissen die Theologen seit eh und je. Allerdings stimmen die Ausführungen des katholischen Theologen Ulrich Lüke in einem wichtigen Punkt mit den Überlegungen Vaseks überein. Auch für Lüke meint Beseelung "ein Beziehungsgeschehen und nicht nur einen einseitig das Ichbewusstsein betreffenden autonomen Entwicklungsschritt des Menschen."

In ihm lasse Gott den Menschen an seiner eigenen Unergründlichkeit teilhaben. Beseelung verweist demnach "auf das Geheimnis, das ein jeder Mensch ist und bleibt und das, so kann es manchmal erscheinen, durch die sich nach und nach auftuende Kenntnis biologischer Gesetzmäßigkeiten nicht kleiner, sondern eher größer zu werden scheint". Wie alles, was ein Geheimnis beansprucht, verdiene deshalb der Mensch auch in seiner größten Erbärmlichkeit und Schwäche ein Mindestmaß an Ehrfurcht. Menschenwürde ist demnach in ihrem Kern Gottesscheu. Man muss dieser Auffassung nicht zustimmen. Besser durchdacht als die krude Metaphysik des Naturalismus scheint sie aber allemal.

MICHAEL PAWLIK.

Georg Gasser und Josef Quitterer (Hrsg.): "Die Aktualität des Seelenbegriffs". Interdisziplinäre Zugänge.

Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2010. 362 S., br., 44,90 [Euro].

Thomas Vasek: "Seele". Eine unsterbliche Idee. Warum wir mehr sind als die Summe unserer Teile.

Ludwig Verlag, München 2010. 352 S., geb., 19,99 [Euro].

Peter Nickl und Georgios Terizakis (Hrsg.): "Die Seele: Metapher oder Wirklichkeit?" Philosophische Ergründungen.

transcript Verlag, Bielefeld 2010. 240 S., br., 22,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr