An seinem einundzwanzigsten Geburtstag erhält Adam Nicolson von seinem Vater, dem Sohn von Vita Sackville-West und Sir Harold Nicolson, eine kleine schottische Inselgruppe: die Shiants. Gelegen an den äußeren Hebriden fallen ihre steilen schwarzen Klippen fünfhundert Meter tief in den kalten, nach mystischen, halb menschlichen Kreaturen benannten »Strom der Blauen Männer«. Robben tummeln sich an ihren Ufern. Hummer suchen sich ihren Weg durch Steine und Tang. Und am Himmel drehen Tausende von Papageientauchern ihre Runden. Auf diesen Inseln mit ihrer jahrhundertealten Vergangenheit, die von ruhelosen Geistern und Geschichten über alte Schätze heimgesucht werden, bietet sich Nicolson ein Ort der Zuflucht und der Einsamkeit. Sie werden ihm zur Heimat und offenbaren ihm »das Freiheitsgefühl, das einen auf einer wasserumtosten Insel durchflutet«. In leidenschaftlicher, zum Funkeln gebrachter Sprache zelebriert Seeraum die Landschaft dieses windgepeitschten, bezaubernd schönen Anwesens und teilt mit uns die Wunder der natürlichen Welt in all ihren Facetten und Paradoxien.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Gern liest Rezensent Günther Wessel die Gedanken, die sich Adam Nicolson über die Shiant Islands macht. Tatsächlich gehören sie ihm, er hat sie ausführlich studiert und beschreibt nun dem Rezensenten zufolge detailliert die Vogelarten, die hier in großer Zahl hausen - menschliche Bewohner gibt es keine mehr, höchstens einen Schäfer gelegentlich. Dabei waren sie früher besiedelt, doch irgendwann wurde die Pacht zu hoch, was zur Frage führt, wieso die Inseln überhaupt den Nicolsons gehört. Der Autor möchte auf diesen Familienbesitz nicht verzichten, erfährt Wessel aus dem Buch, aber er will sie mit anderen teilen, zum Beispiel literarisch. Wessel gefällt Nicolsons elegante, manchmal ausschweifende Sprache und sein exakter Beobachtungssinn. Geschrieben hat er nicht nur die gut recherchierte Geschichte einer Insel, sondern auch eine Reflexion über die verschiedenen Bedeutungsdimensionen eines Ortes, urteilt der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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