"Vater ist tot!" Zutiefst verstört starrt Lizzie Borden ihren Vater an, der blutüberströmt auf dem Sofa liegt. Auch ihre Stiefmutter wird tot aufgefunden - ebenfalls hingerichtet mit einer Axt. Eindeutige Spuren sind an jenem schicksalhaften Morgen des 4. August 1892 kaum auszumachen, dafür häufen sich die Fragen. Denn während die Nachbarn in Fall River, Massachusetts, nicht begreifen, wie einer so angesehenen Familie etwas derart Grausames zustoßen kann, erzählen diejenigen, die den Bordens wirklich nahestehen, eine ganz andere Geschichte: von einem jähzornigen Vater, einer boshaften Stiefmutter und zwei vereinsamten Schwestern. Schnell erklärt die Polizei Lizzie zur Hauptverdächtigen, deren Erinnerung jedoch lückenhaft ist. Wo war sie zum Zeitpunkt der Morde? Saß sie wie so oft unter den Birnbäumen und träumte vor sich hin? Oder ist sie doch verantwortlich für diesen Albtraum?
buecher-magazin.deZunächst die Fakten: Am 4. August 1982 wurden Andrew und Abby Borden erschlagen mit einer Axt in ihrem Haus aufgefunden, 18 Hiebe wies der Körper der Frau auf. Zur Tatzeit waren das Dienstmädchen Bridget Sullivan und Lizzie Borden, die 32-jährige Tochter Andrew Bordens, anwesend. Lizzie verstrickte sich in Widersprüche und wurde letztlich des zweifachen Mordes angeklagt. Aber die (männliche) Jury glaubte nicht, dass eine Frau zu dieser Tat in der Lage sei. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt, aber es ranken sich unzählige Vermutungen um Ablauf und Motiv. Unbefangen nähert sich die Australierin Sarah Schmidt dem Mythos und konzentriert sich in ihrem Debüt auf die Tage vor und nach der Tat. Aus der Sicht von vier Figuren - Lizzies, Bridgets, Lizzies älterer Schwester Emma und des Herumtreibers Benjamin, der von dem Onkel der Borden-Töchter angeheuert wurde - schildert sie die Ereignisse. Es gelingt ihr, mit diesen Perspektiven die erdrückende Enge in der wohlhabenden Familie in Neuengland und die grausame Last des puritanischen Idealbildes deutlich zu machen, mit dem die aufbrausende Lizzie beständig hadert. Leider verschleppt die Autorin im Mittelteil das Tempo und versucht zu raffiniert weitere Zeitebenen einzubauen. Das wäre nicht nötig gewesen.
© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)
© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)
"(...) brillant geschriebener Roman, der auch Nicht-Krimi-Leser begeistern wird.", diebuchbloggerin.de, 05.08.2018