"In der Aufforderung 'Sei du selbst!' bündelt sich das grundsätzliche Paradoxon des Radikalen Humanismus. Was in eine vermeintliche Erlaubnis zur freien Selbstgestaltung gekleidet ist, entpuppt sich als eine unerbittliche Direktive, die dem Menschen implizit zu verstehen gibt, alles mögliche, nur nicht er selbst zu sein, es aber sein zu können. An dieser Aufgabe erfährt der Mensch unserer Tage sein zum Programm gewordenes Versagen in eigener Sache. Das individuelle Sein wird zu einer Leistung, die zu erbringen ist, aber nie abschließend erbracht werden kann. Die Konsequenz ist eine Verhinderung von persönlichen Identitätsgefühlen und damit die Erzeugung einer permanenten Stresskultur. Der postmoderne Mensch, angeschlossen an die digitale Vernetzung, die ihm diese paradoxe Aufforderung Tag für Tag in den Wahrnehmungsraum stellt, wird zu einem seiner selbst zutiefst unsicheren und damit manipulierbaren Objekt."
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