„Sei mir ein Vater“ spielt auf 2 Zeitebenen. Da sind zum einen Lilie aus Paris, ihre Freundin Hanna und deren Vater Hermann in Deutschland im Heute. Auf der anderen Seite ist Georgette Agutte, eine Ururahnin von Lilie, deren Vater schon vor ihrer Geburt verstarb und ihr ein Bild hinterlassen hat.
Ausgerechnet dieses Bild, welches in Lilis Abstellkammer verstaubt, versuchen Einbrecher zu rauben…mehr„Sei mir ein Vater“ spielt auf 2 Zeitebenen. Da sind zum einen Lilie aus Paris, ihre Freundin Hanna und deren Vater Hermann in Deutschland im Heute. Auf der anderen Seite ist Georgette Agutte, eine Ururahnin von Lilie, deren Vater schon vor ihrer Geburt verstarb und ihr ein Bild hinterlassen hat. Ausgerechnet dieses Bild, welches in Lilis Abstellkammer verstaubt, versuchen Einbrecher zu rauben und schlagen Lilie dabei nieder.
Als Hanna Lilie anruft, weil Hermann Krebs im Endstadium hat, reist sie sofort nach Deutschland. Zu ihrem eigenen Vater hat Lilie kein richtiges Verhältnis, er war nie da, und Hermann ist seit einem Schüleraustausch der „Vater ihres Herzens“.
Natürlich erzählt Lilie von dem Raubversuch. Sie hat das Bild sogar dabei und in der Hoffnung, es könnte etwas wert sein, bringen sie es zu einem Restaurator. Während dieser versucht, mit seinen Methoden mehr über das Bild und dessen Maler zu erfahren, schlägt Hermann vor, mehr über Lilies Vorfahrin Georgette und damit vielleicht auch das Bild herauszufinden.
Es beginnt also eine spannende Schnitzeljagd quer durch Frankreich, immer auf Georgettes Spuren und denen ihres Lebens. Immer mit der Angst im Nacken, ob Hermann das Ende der Suche noch erlebt und ob sie wirklich etwas finden. Es kursiert nämlich das Gerücht, dass Georgette einen unbekannten Matisse besaß, der seit ihrem Tod verschwunden ist ... Denn die heute fast vergessene Malerin war zu ihrer Zeit gar nicht so unbekannt und mit vielen bereits berühmten Malern befreundet und solchen, die es erst später werden sollten. Sie und ihr Mann waren passionierte Kunstsammler.
Ich fand den Einstig in das Buch sehr gut. In Paris war ich in dem Moment angekommen, als Lilie den Code für die Haustür eingegeben hat ☺. Das kenne ich noch von meinen Paris-Besuchen.
Auch Georgettes Leben wird sehr anschaulich beschrieben, die Stimmungen, Farben und Gerüche haben es sehr lebendig gemacht. Gewürzt wurde ihre Geschichte durch die Anekdoten und Begebenheiten mit Künstlern und Persönlichkeiten aus ihrem Umfeld.
Hanna und Lilie sind wie Pech und Schwefel. Sie halten besser zusammen, als manches Schwesternpaar. Aber es gibt natürlich auch Eifersüchteleien, weil Lilie nach über 20 Jahren immer noch ein Teil von Hermanns Leben ist.
Im Gegensatz zu Hermann kommt Lilies Vater nicht gut weg. Er war nie für die Familie da, hat ihre Mutter nicht geheiratet, taucht aber immer dann auf, wenn er wieder mal pleite ist. Ich würde ihn als „Lebemann“ bezeichnen.
Georgette Agutte ging es ähnlich. Ihr Vater ist noch vor ihrer Geburt verstorben. Ihr ist nur ein von ihm gemaltes Bild geblieben. Er fehlt ihr so sehr, dass sie ihm ihr Leben lang immer wieder Briefe schreibt. Als Frau und Künstlerin war sie sehr umstrittenen. Entweder war sie ihrer Zeit weit voraus und selbstbewusster, als es ihr damals eigentlich zustand, oder aber wirklich „nur“ das Anhängsel ihres Mannes, wie Zeitgenossinnen hämisch geschrieben haben. Auch die Kritiken über ihre Werke gingen damals weit auseinander. Sie selber war wohl nie so richtig mit ihren Arbeiten zufrieden.
Beide Frauen suchen ihren Platz im Leben. Georgettes Zerrissenheit als Frau und Künstlerin gegen Lilies Haltlosigkeit im Leben: sie hat ein Kind aber keinen Vater dazu, keinen Job, keine Perspektive, keine Visionen. Beide suchen Anerkennung und Bestätigung immer nur bei andern, weil die vom Vater fehlt.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es ist ein wunderbarer Roadtrip durch Frankreich und seine und Georgettes Geschichte. Außerdem konnte man wie in einem Krimi mit raten, was nun als nächstes passiert und ob der aktuelle Hinweis brauchbar ist.
Es gibt nur ein kleines Manko: Lilies Sohn und ihr Hund gehen irgendwie unter. Sie werden zu Beginn und zwischendrin zwar ab- und an kurz erwähnt, verschwinden dann aber wieder – so, als wären sie in ihrem Leben gar nicht vorhanden. Und wenn sie dann wieder erwähnt werden, denkt man „Huch, stimmt ja, die gibt’s ja eigentlich auch noch.“