Zu Zeiten des "Gulaschkommunismus" war Tamas Cohen ein ungarisch-jüdischer Oppositioneller. Im Münchener Exil ist er in die Jahre gekommen: ehemals Dolmetscher, dann Rundfunkjournalist und nun - in den neunziger Jahren - ein einsamer deutscher Arbeitsloser mit Morgendepressionen. Außer der Sehnsucht nach Glück und dem Hang zu den Frauen ist diesem charmanten "Helden" nur die Liebe zur Heimat geblieben. Als er aus dem Nachlass eines verstorbenen ungarischen Finanzmoguls unerwartet neunhunderttausend DM mit der Verpflichtung in Händen hält, die ungarische Kultur in Deutschland zu pflegen, kehrt Tamas Cohen endlich in das geliebte Budapest zurück. Sein neues Vermögen verschafft ihm zwar schmeichelhafte öffentliche Anerkennung - aber schneller als ihm lieb ist, findet er sich wieder in intriganten politischen und dubiosen geschäftlichen Verwirrungen, in unerwarteten familiären und leidenschaftlich amourösen Irrungen - Tamas Cohen ist verwickelt in ungarisch-deutsche Seilschaften.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Mehr Feuilleton als Literatur, mehr Reportage als Romangeschehen sieht Adam Olschewski in György Dalos' neuem Roman "Seilschaften" gegeben. Zweckorientiert habe der ungarische Autor alles aufgeschrieben, was er um sich herum sieht und notdürftig mit einer Geschichte ummäntelt, meint Olschewski, der Dalos' Kritik an seinen ungarischen Landsleuten - entweder schlampig oder überehrgeizig, geldgierig, korrumpiert vom Westen und vom Sittenverfall - wenig Neues und schon gar nichts Überraschendes abgewinnen kann. Ja, so stellt man sich das vor, meint Olschewski, so könnte es in Ungarn heute zugehen. Diese Eins-zu-eins-Abbildung der Wirklichkeit ist dem Rezensenten zu dürftig, den auch dazwischengeratene kraftvolle Sätze nicht über das schale Gefühl hinwegtrösten, einer "Menge Leerlauf" beizuwohnen. Und wenn schon Realität pur, kritisiert Olschewski außerdem das ihm unlogisch erscheinende Beziehungsgefüge des sogenannten Romans, dann sollte sie wenigstens stimmig sein.
© Perlentaucher Medien GmbH
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