Jedes der in seiner Kürze an japanische Haikus erinnernden Sekundengedichte ist ein sprachliches Bild, ein Detail, ein Moment, welcher Teil eines größeren, sich entwickelnden Ablaufs ist. Liest man die Gedichte in zeitlicher Abfolge und nicht als Einzelne, werden Zusammenhänge und Veränderungen erkennbar: die Jahreszeiten, das Wetter, das Werden und Vergehen der Natur, an Notizen eines Protokolls oder an Tagebucheintragungen erinnern. Wie alte Fotografien lassen sie in Gedanken die Situation, in der sie entstanden sind, wieder gegenwärtig werden. Die Miniatur eröffnet dem Leser eine vielfältige Welt, die seiner Aufmerksamkeit zumeist entgeht, obwohl sie ihn ständig umgibt. Durch einen fremden, nicht wertenden Blick auf das Selbstverständliche wird diesem Existenz und Würde verliehen. Die Gedichte haben kein festes Versmaß wie die japanischen Haikus, beziehen sich aber wie diese ausschließlich auf beobachtete Naturerscheinungen. Durch die Sprache der Gedichte erhalten diese Beobachtungen en miniatur große Bedeutung und zeigen dem Leser, wie sehr er sich von der Natur entfernt hat.
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