Unter Stalin wurden Menschen genötigt, sich selbst zu beschuldigen. Diese Praxis ging nicht auf vorrevolutionäre Traditionen zurück, sondern entstand erst während der innerparteilichen Machtkämpfe der zwanziger Jahre. Sie hatte den Zweck, politischen Streit beizulegen, Sündenböcke zu demütigen oder auch die "pädagogische Besserung" fehlgegangener Amtsträger zu inszenieren. Auch dort, wo vorgeblich die moralische Läuterung einzelner Menschen angestrebt wurde, ging es den Vertretern des Regimes tatsächlich eher darum, Stimmung und Situation im jeweiligen sozialen Umfeld zu beherrschen.
Unter Stalin wurden Menschen genötigt, sich selbst zu beschuldigen. Diese Praxis ging nicht auf vorrevolutionäre Traditionen zurück, sondern entstand erst während der innerparteilichen Machtkämpfe der zwanziger Jahre. Sie hatte den Zweck, politischen Streit beizulegen, Sündenböcke zu demütigen oder auch die "pädagogische Besserung" fehlgegangener Amtsträger zu inszenieren.
Auch dort, wo vorgeblich die moralische Läuterung einzelner Menschen angestrebt wurde, ging es den Vertretern des Regimes tatsächlich eher darum, Stimmung und Situation im jeweiligen sozialen Umfeld zu beherrschen. Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Lorenz Erren, geboren 1972, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Moskau.
Inhaltsangabe
1;Inhalt;6 2;Vorwort;10 3;Einführung;12 3.1;1. Das stalinistische Schuldbekenntnis als Rätsel;12 3.2;2. Zum Forschungsstand: Eine Literaturübersicht;14 3.3;3. Zur Fragestellung und Vorgehensweise;24 4;I. Der bolschewistische Abstimmungskörper als kollektive Geisel;34 4.1;Einleitung;34 4.2;1. Von der Revolution bis zum vierzehnten Parteitag: Konfliktlösung durch Kampfabstimmung;36 4.3;2. Vom vierzehnten zum fünfzehnten Parteitag: Auf dem Weg in die Kapitulation;48 4.4;3. "Vollständige Entwaffnung": Der fünfzehnte Parteitag (Dezember 1927);60 4.5;4. Die neue Kultur der Fehlereingeständnisse und die Kapitulation der "Rechtsabweichler";74 4.6;Schlußfolgerung;91 5;II. "Kritik und Selbstkritik": Ursprung und Wirkung eines neuen Schlagworts;94 5.1;Einleitung;94 5.2;1. "Selbstkritik" als soziale Norm;95 5.3;2. Die Geburt der "Selbstkritik" aus dem Geist der Wandzeitung;101 5.4;3. Praktiken und Funktionen der Selbstkritik;115 5.5;Schlußfolgerung: Die Öffentlichkeit als Falle;131 6;III. Die Gleichschaltung des Geisteslebens: "Selbstkritik" als Fehlereingeständnis;136 6.1;Einleitung;136 6.2;1. Die Loyalitätsforderung der politischen Diktatur als Rahmenbedingung;137 6.3;2. Die Intellektuellen: Ein eigener Weg zur ritualisierten, bereuenden "Selbstkritik"?;142 6.4;3. Stalin mischt sich ein;160 6.5;Schlußfolgerung;176 7;IV. Reue und Selbstkritik in der sowjetischen Öffentlichkeit 1931-1953;180 7.1;Einleitung;180 7.2;1. Schuldbekenntnisse politischer Entscheidungsträger;187 7.3;2. Die loyale Sowjetbevölkerung wird zur Rede gestellt Szenen aus dem Alltag;230 7.4;3. Die Parteibasis;268 7.5;4. Literaten und Wissenschaftler;299 7.6;Schlußfolgerung;325 8;V. Schuldbekenntnisse im Gefängnis und vor Gericht;328 8.1;Einleitung;328 8.2;1. Der gewöhnliche Strafprozeß als "Schauprozeß";329 8.3;2. Schauprozesse, die sich gegen eine feindliche Willensbildung richteten;334 8.4;Schlußfolgerung;367 9;Sozialistische Öffentlichkeit und Stalins Panoptikum;374 10;Anhang;386 10.1;Abkürzungsverzeichnis;386 10.2;Bibliographie und Quellennachweise;388 10.3;Personenregister;402 1;Inhalt;6 2;Vorwort;10 3;Einführung;12 3.1;1. Das stalinistische Schuldbekenntnis als Rätsel;12 3.2;2. Zum Forschungsstand: Eine Literaturübersicht;14 3.3;3. Zur Fragestellung und Vorgehensweise;24 4;I. Der bolschewistische Abstimmungskörper als kollektive Geisel;34 4.1;Einleitung;34 4.2;1. Von der Revolution bis zum vierzehnten Parteitag: Konfliktlösung durch Kampfabstimmung;36 4.3;2. Vom vierzehnten zum fünfzehnten Parteitag: Auf dem Weg in die Kapitulation;48 4.4;3. "Vollständige Entwaffnung": Der fünfzehnte Parteitag (Dezember 1927);60 4.5;4. Die neue Kultur der Fehlereingeständnisse und die Kapitulation der "Rechtsabweichler";74 4.6;Schlußfolgerung;91 5;II. "Kritik und Selbstkritik": Ursprung und Wirkung eines neuen Schlagworts;94 5.1;Einleitung;94 5.2;1. "Selbstkritik" als soziale Norm;95 5.3;2. Die Geburt der "Selbstkritik" aus dem Geist der Wandzeitung;101 5.4;3. Praktiken und Funktionen der Selbstkritik;115 5.5;Schlußfolgerung: Die Öffentlichkeit als Falle;131 6;III. Die Gleichschaltung des Geisteslebens: "Selbstkritik" als Fehlereingeständnis;136 6.1;Einleitung;136 6.2;1. Die Loyalitätsforderung der politischen Diktatur als Rahmenbedingung;137 6.3;2. Die Intellektuellen: Ein eigener Weg zur ritualisierten, bereuenden "Selbstkritik"?;142 6.4;3. Stalin mischt sich ein;160 6.5;Schlußfolgerung;176 7;IV. Reue und Selbstkritik in der sowjetischen Öffentlichkeit 1931-1953;180 7.1;Einleitung;180 7.2;1. Schuldbekenntnisse politischer Entscheidungsträger;187 7.3;2. Die loyale Sowjetbevölkerung wird zur Rede gestellt Szenen aus dem Alltag;230 7.4;3. Die Parteibasis;268 7.5;4. Literaten und Wissenschaftler;299 7.6;Schlußfolgerung;325 8;V. Schuldbekenntnisse im Gefängnis und vor Gericht;328 8.1;Einleitung;328 8.2;1. Der gewöhnliche Strafprozeß als "Schauprozeß";329 8.3;2. Schauprozesse, die sich gegen eine feindliche Willensbildung richteten;334 8.4;Schlußfolgerung;367 9;Sozialistische Öffentlichkeit und Stalins Panoptikum;374 10;Anhang;386 10.1;Abkürzungsverzeichnis;386 10.2;Bibliographie und Quellennachweise;388 11;Personenregister;402
1;Inhalt;6 2;Vorwort;10 3;Einführung;12 3.1;1. Das stalinistische Schuldbekenntnis als Rätsel;12 3.2;2. Zum Forschungsstand: Eine Literaturübersicht;14 3.3;3. Zur Fragestellung und Vorgehensweise;24 4;I. Der bolschewistische Abstimmungskörper als kollektive Geisel;34 4.1;Einleitung;34 4.2;1. Von der Revolution bis zum vierzehnten Parteitag: Konfliktlösung durch Kampfabstimmung;36 4.3;2. Vom vierzehnten zum fünfzehnten Parteitag: Auf dem Weg in die Kapitulation;48 4.4;3. "Vollständige Entwaffnung": Der fünfzehnte Parteitag (Dezember 1927);60 4.5;4. Die neue Kultur der Fehlereingeständnisse und die Kapitulation der "Rechtsabweichler";74 4.6;Schlußfolgerung;91 5;II. "Kritik und Selbstkritik": Ursprung und Wirkung eines neuen Schlagworts;94 5.1;Einleitung;94 5.2;1. "Selbstkritik" als soziale Norm;95 5.3;2. Die Geburt der "Selbstkritik" aus dem Geist der Wandzeitung;101 5.4;3. Praktiken und Funktionen der Selbstkritik;115 5.5;Schlußfolgerung: Die Öffentlichkeit als Falle;131 6;III. Die Gleichschaltung des Geisteslebens: "Selbstkritik" als Fehlereingeständnis;136 6.1;Einleitung;136 6.2;1. Die Loyalitätsforderung der politischen Diktatur als Rahmenbedingung;137 6.3;2. Die Intellektuellen: Ein eigener Weg zur ritualisierten, bereuenden "Selbstkritik"?;142 6.4;3. Stalin mischt sich ein;160 6.5;Schlußfolgerung;176 7;IV. Reue und Selbstkritik in der sowjetischen Öffentlichkeit 1931-1953;180 7.1;Einleitung;180 7.2;1. Schuldbekenntnisse politischer Entscheidungsträger;187 7.3;2. Die loyale Sowjetbevölkerung wird zur Rede gestellt Szenen aus dem Alltag;230 7.4;3. Die Parteibasis;268 7.5;4. Literaten und Wissenschaftler;299 7.6;Schlußfolgerung;325 8;V. Schuldbekenntnisse im Gefängnis und vor Gericht;328 8.1;Einleitung;328 8.2;1. Der gewöhnliche Strafprozeß als "Schauprozeß";329 8.3;2. Schauprozesse, die sich gegen eine feindliche Willensbildung richteten;334 8.4;Schlußfolgerung;367 9;Sozialistische Öffentlichkeit und Stalins Panoptikum;374 10;Anhang;386 10.1;Abkürzungsverzeichnis;386 10.2;Bibliographie und Quellennachweise;388 10.3;Personenregister;402 1;Inhalt;6 2;Vorwort;10 3;Einführung;12 3.1;1. Das stalinistische Schuldbekenntnis als Rätsel;12 3.2;2. Zum Forschungsstand: Eine Literaturübersicht;14 3.3;3. Zur Fragestellung und Vorgehensweise;24 4;I. Der bolschewistische Abstimmungskörper als kollektive Geisel;34 4.1;Einleitung;34 4.2;1. Von der Revolution bis zum vierzehnten Parteitag: Konfliktlösung durch Kampfabstimmung;36 4.3;2. Vom vierzehnten zum fünfzehnten Parteitag: Auf dem Weg in die Kapitulation;48 4.4;3. "Vollständige Entwaffnung": Der fünfzehnte Parteitag (Dezember 1927);60 4.5;4. Die neue Kultur der Fehlereingeständnisse und die Kapitulation der "Rechtsabweichler";74 4.6;Schlußfolgerung;91 5;II. "Kritik und Selbstkritik": Ursprung und Wirkung eines neuen Schlagworts;94 5.1;Einleitung;94 5.2;1. "Selbstkritik" als soziale Norm;95 5.3;2. Die Geburt der "Selbstkritik" aus dem Geist der Wandzeitung;101 5.4;3. Praktiken und Funktionen der Selbstkritik;115 5.5;Schlußfolgerung: Die Öffentlichkeit als Falle;131 6;III. Die Gleichschaltung des Geisteslebens: "Selbstkritik" als Fehlereingeständnis;136 6.1;Einleitung;136 6.2;1. Die Loyalitätsforderung der politischen Diktatur als Rahmenbedingung;137 6.3;2. Die Intellektuellen: Ein eigener Weg zur ritualisierten, bereuenden "Selbstkritik"?;142 6.4;3. Stalin mischt sich ein;160 6.5;Schlußfolgerung;176 7;IV. Reue und Selbstkritik in der sowjetischen Öffentlichkeit 1931-1953;180 7.1;Einleitung;180 7.2;1. Schuldbekenntnisse politischer Entscheidungsträger;187 7.3;2. Die loyale Sowjetbevölkerung wird zur Rede gestellt Szenen aus dem Alltag;230 7.4;3. Die Parteibasis;268 7.5;4. Literaten und Wissenschaftler;299 7.6;Schlußfolgerung;325 8;V. Schuldbekenntnisse im Gefängnis und vor Gericht;328 8.1;Einleitung;328 8.2;1. Der gewöhnliche Strafprozeß als "Schauprozeß";329 8.3;2. Schauprozesse, die sich gegen eine feindliche Willensbildung richteten;334 8.4;Schlußfolgerung;367 9;Sozialistische Öffentlichkeit und Stalins Panoptikum;374 10;Anhang;386 10.1;Abkürzungsverzeichnis;386 10.2;Bibliographie und Quellennachweise;388 11;Personenregister;402
Rezensionen
"Die Arbeit zeichnet sich durch eine Einstellung aus, Neues herauszufinden und keine scheinbar noch so selbstverständlichen Aussagen der vorliegenden Literatur unbesehen zu übernehmen. Sie gehört zu jenen Arbeiten, die nicht nacherzählen, sondern genuine Forschung betreiben und damit Diskussionen eröffnen." Berthold Unfried, H-Soz-u-Kult "Bereichert die Forschung um wichtige, höchst anregende und beachtenswerte Einsichten und Überlegungen." Hans Hecker, Osteuropa, 59. Jg., 7-8 2009 "... "Selbstkritik" und Schuldbekenntnis (gehört) vielleicht zu den originellsten und wichtigsten Analysen des Stalinismus der letzten Jahre. Erren zeigt eine Welt, die mit ihrer theatralischen Inszenierung, ihrer Selbstverleugnung, der usurpierten Entscheidungsgewalt über 'richtig' und 'falsch' fremd und monströs anmutet. Zwar weist der Autor zu Recht immer wieder auf parallele Diskursmechanismen in anderen Gesellschaftsformen hin, arbeitet dann aber das Thema der Schuldbekenntnisse im Zusammenhang mit Machtakkumulation und physischer Gewalt als Signum der stalinistischen Epoche heraus." Neue Politische Literatur, Nr. 3/2009
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