Der Glaube, daß der Mensch eine Funktion seiner rechtlichen Verhältnisse ist, führt notwendig zu der Forderung, daß man die Rechtsordnung humanisieren muß, um dem Menschen zu seinem von Natur aus guten Wesen zu verhelfen. Die Selbstverwirklichung des Menschen ist der Kern aller Rechtsordnung geworden. Erziehung zur Selbstverwirklichung des Menschen wird mit aufklärerischer Begeisterung neu als rechtliches Programm verkündet. Nun sollte es eine Reform geben, das Recht sollte weiter säkularisiert und vermenschlicht, es sollte human werden. Je vielfältiger und komplizierter unser Dasein wird, um so mehr bemächtigt sich der Staat und das von ihm gesetzte Recht jedes Lebensbereiches. Ein wichtiges Beispiel dafür ist die Schule. Nur eine schulische Erziehung, die ohne zu missionieren Verständnis und Respekt vor dem Wesensgehalt des Verfassungsstaates vermittelt und die geistigen Grundlagen der pluralistischen Gesellschaft auch in ihrer kulturellen Dimension präsent werden läßt, schafft die Basis für ein fruchtbares Miteinander unterschiedlicher Kulturen im pluralistischen Kulturstaat. Nur indem man den Schüler zum Mittelpunkt des Denkens in der Schule macht, ist das Selbstverwirklichungsrecht des Schülers als Kern des Grundrechts auf Bildung im verfassungsrechtlichen Sinne in die Praxis umzusetzen.
»Die von Prof. Dr. Püttner betreute Tübinger Dissertation nimmt sich eines hoch aktuellen und brisanten grundrechtsdogmatischen Themas an, angesiedelt auch im Grenzbereich von Ethik und Jurisprudenz, nämlich der Selbstverwirklichung des Menschen als Wesensgehalt aller Grundrechte im Grundgesetz im Allgemeinen und dem Selbstverwirklichungsrecht des Schülers im Besonderen. Damit ist vor allem eine Interpretation von Art. 2 GG mit seinen 'Innominatsfreiheitsrechten' angesprochen. [...] Die Ausführungen des Verfassers beeindrucken durch ihre gedankliche Schärfe, souveräne Beherrschung der Materie und durch das Aufzeigen historischer und philosophischer Bezüge. Andererseits werden die aufgestellten Thesen angesichts einer umstrittenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht ungeteilte Zustimmung erheischen. Insgesamt liefert die vorliegende Dissertation wichtige Impulse in der Auseinandersetzung um das Kulturverwaltungsrecht.«
Prof. Dr. Hans Hablitzel, in: Bayerische Verwaltungsblätter, Heft 22/2001
Prof. Dr. Hans Hablitzel, in: Bayerische Verwaltungsblätter, Heft 22/2001