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Was ist da bei Selma los? Erst bekommt sie ihre Tage und dann reden auch noch alle vom Küssen. Dabei ist sie doch erst 12! Ihre Mutter hat einen neuen Job bei einer Fluggesellschaft und ist selten zu Hause. Nun muss sie das Erwachsenwerdenmit ihrem Vater managen, der sich zwar Mühe gibt, aber auch etwas hilflos erscheint. Zum Glück hat sie ihre beste Freundin Ella. Als in der Schule eines Tages eine Liste auftaucht, in der die Mädchen von 0-10 bewertet werden, Anna daraufhin nicht aufhören kann zu weinen und jemand heimlich Bikinifotos von Lilith verschickt, nimmt Selma sich vor, die Übeltäter…mehr

Produktbeschreibung
Was ist da bei Selma los? Erst bekommt sie ihre Tage und dann reden auch noch alle vom Küssen. Dabei ist sie doch erst 12! Ihre Mutter hat einen neuen Job bei einer Fluggesellschaft und ist selten zu Hause. Nun muss sie das Erwachsenwerdenmit ihrem Vater managen, der sich zwar Mühe gibt, aber auch etwas hilflos erscheint. Zum Glück hat sie ihre beste Freundin Ella. Als in der Schule eines Tages eine Liste auftaucht, in der die Mädchen von 0-10 bewertet werden, Anna daraufhin nicht aufhören kann zu weinen und jemand heimlich Bikinifotos von Lilith verschickt, nimmt Selma sich vor, die Übeltäter zu stoppen. Dafür braucht sie die Hilfe von Yunus, von dem Selma gern ihren ersten Kuss hätte. Oder lieber doch nicht?Ein Buch über die Zeit, in der man seine Tierposter noch nicht abhängen, aber über Sex und ganzen anderen Kram Bescheid wissen will. Mit Infoboxen!
Autorenporträt
Laura Melina Berling wird eigentlich Lina genannt und ist im Internet als feministische Bloggerin und auf Instagram als @littlefeministblog unterwegs. Zudem arbeitet sie als Sozialpädagogin in der Mädchen*arbeit und berät zu den Themen Körper und Sexualität, Gender, Familie, Schule und alldem, was im Leben für Trubel sorgt. Privat kuschelt sie gerne mit ihrer Katze Kartoffel und versucht nicht im Chaos zu versinken.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2022

Mit Erzählen die Scham nehmen

FRANKFURT Mit "Selma, Küsse, Kuddelmuddel" haben Laura Melina Berling und Hannah Rödel einen modernen Jugendroman über Pubertät, Sexualität und Freundschaft verfasst. Weitere sollen folgen.

Von Nicole Nadine Seliger

Aufklärung, das verbinden viele Menschen mit peinlichen Gesprächen mit Lehrern oder Eltern, viel Gekicher und der Scheu, die Fragen zu stellen, die einem als heranwachsende Person wirklich auf dem Herzen liegen. Die Frankfurter Autorin Laura Melina Berling und die Offenbacher Illustratorin Hannah Rödel, Absolventin der Hochschule für Gestaltung, wollen es anders machen. Ein Aufklärungsbuch soll "Selma, Küsse, Kuddelmuddel" nicht sein, eher ein "aufklärender Jugendroman", sagen Berling und Rödel über ihr gemeinsames Debüt. Sie informieren mit Humor und Einfühlungsvermögen über Pubertät, erste Küsse und Sexualität, ohne dabei belehrend zu werden. "Es ist das Buch, das wir uns damals in dem Alter selbst gewünscht hätten", sagt Rödel.

Im Fokus der Handlung steht die zwölf Jahre alte Selma, die mit dem Gefühlschaos rund um ihre beginnende Pubertät klarkommen muss. Ihr Vater, aufgrund des reiseintensiven Berufs der Mutter quasi alleinerziehend, ist nicht immer erfolgreich, bemüht zu helfen. Ohnehin ist er nicht die Person, mit der Selma über ihre wachsenden Brüste und ihre Periode sprechen möchte. Das macht sie lieber mit ihren Freundinnen. Auch Themen wie Rassismus, Diskriminierung und Mobbing werden auf den knapp 160 Seiten erwähnt, stehen aber nicht im Fokus.

"Unsere Hauptthemen sind die Veränderung des Körpers und Freundinnenschaft", sagt Berling. Nebenbei muss die Schulclique aufklären, wer einen ominösen Zettel geschrieben hat, auf dem alle Mädchen der Klasse nach Noten bewertet werden. Die Freundinnen sind dabei meist auf sich allein gestellt, denn die erwachsenen Figuren des Romans sind häufig überfordert oder nehmen die Probleme der Heranwachsenden nicht ernst.

Eine auffällige Ausnahme ist Selmas Kinderarzt. Er geht in einer angespannten Situation so verständnisvoll vor, wie es sich Jugendliche nur wünschen können, wenn er auch etwas zu idealtypisch von "Mädchen oder jungen Menschen, die mit einer Vulva geboren werden" spricht. Berling gibt zu, dass der Doktor auch "eine Wunschfigur" sei. Die angenehme und leicht amüsierte Reaktion des Arztes habe sie so aber selbst als Jugendliche in einer ähnlichen Situation erlebt. "Mein Leben war nicht exakt wie Selmas, aber ich bin auch bei meinem Vater aufgewachsen, was ja eher ungewöhnlich ist, und musste mit ihm die Pubertät meistern", sagt die Autorin.

Für den Roman haben sich die beiden an ihre eigenen Erfahrungen erinnert und mit Freundinnen und Freunden über deren Pubertät gesprochen. Auch Berlings Arbeit als Sozialpädagogin - sie war unter anderem in einem feministischen Mädchenzentrum tätig - hat das Buch beeinflusst. "Mir ist aufgefallen, dass oft Räume fehlen, um drängende Fragen zu stellen und sich dabei sicher zu fühlen", sagt sie. Viele Heranwachsende können nicht mit ihren Eltern oder Lehrern über Themen wie Sexualität und Pubertät sprechen, die noch immer häufig ein Tabu darstellen. Auch Scham spielt eine Rolle. "Die Offenheit für die Themen ist noch nicht in der breiten Gesellschaft angekommen", ergänzt Rödel.

Der Roman ist nicht die erste Zusammenarbeit der beiden Frauen. Berling ist auch als feministische Bloggerin aktiv, Rödel hat ihr dafür das Logo designt und illustriert. Kennengelernt hatten sich die beiden Jahre zuvor in ihrer Freizeit, beim Rollerderby. Als der Verlag fragte, ob sie Lust hätten, ein Jugendbuch zum Thema Aufklärung zu schreiben, mussten die beiden Frauen nicht lange überlegen. "Wir haben beide in unserer Jugend gerne Romane über Pubertät gelesen, aber gemerkt, dass diese Bücher voller Stereotypen waren", sagt Rödel. Mechanische Erklärungen, wie Körper funktionieren, und trockene Erläuterungen wollten sie nicht.

"Wir wollten einen coolen Jugendroman schreiben, der auch die Scham nimmt und den man gerne in die Hand nimmt", sagt Rödel. Das Konzept haben sie von Beginn an gemeinsam entwickelt. Rödels Illustrationen sind mehr als die Bebilderung der Geschichte, sie ergänzen die Handlung und beschreiben die Charaktere jenseits von Berlings Worten in ihrer körperlichen Vielfalt. "Wir wollten zum Beispiel nicht, dass es eine schwarze Person gibt und die ganze Zeit ihre dunkle Haut erwähnt wird. Wir wollten eine gleichberechtigte Erzählweise allen Figuren gegenüber", so Rödel. Über Illustrationen sei dies leichter zu lösen als im Text. Infografiken und ein Glossar zu Begriffen wie Rassismus und Diskriminierung komplettieren den Roman, "damit die Kinder ein Wort für das haben, was sie erfahren", sagt Rödel.

Die Geschichte von Selma und ihren Freunden ist noch nicht zu Ende. Das Debüt soll der Auftakt zu einer Reihe um die Protagonisten werden, der nächste Band ist für das Frühjahr 2023 geplant. Im Fokus wird dann aber nicht Selma stehen, sondern deren bester Freund Yunus, um eine "männlich sozialisierte Perspektive" auf Pubertät und Erwachsenwerden zu zeigen. Weitere Bände sind in Planung. "Wenn alles gut läuft, soll jedes Buch eine neue Hauptfigur und einen neuen Themenschwerpunkt haben und damit eine neue Perspektive und Lebensrealität abbilden", sagt Rödel.

Mit dem zweiten Buch hoffen die beiden auch auf ein gemischtes Publikum bei ihren Lesungen. Bisher kommen fast nur Mädchen zu den Workshops und Gesprächsrunden. Das bedauern die beiden: Was Aufklärung angehe, gebe es "ein Ungleichgewicht zwischen weiblich und männlich sozialisierten Personen", sagt Rödel und erinnert sich an ihren eigenen Sexualkundeunterricht in der Schule, als nur den Mädchen erklärt wurde, wie die Periode funktioniert. "Das sollte ein geschützter Raum für uns sein, hat aber natürlich nicht funktioniert." Die Jungs seien ausgeschlossen worden. "Das führt dazu, dass wir heute dreißigjährige Männer haben, die nicht wissen, was bei einem Zyklus im weiblichen Körper vor sich geht", sagt die Illustratorin.

Dass dieser Aspekt ambivalent ist, wissen die beiden: Bei gemeinsamen Veranstaltungen fehle der geschützte Raum für intime Fragen, bei getrennten Veranstaltungen werde eine Gruppe ausgeschlossen. Berling kennt das auch aus der sozialpädagogischen Arbeit, bei Workshops in Schulen. Spreche sie mit einer Gruppe von Mädchen über Sexismus, machten die Jungen in dieser Zeit nichts, weil es an Angeboten fehle. "Mädchen werden aufgeklärt, wie sie sich gegen Sexismus wehren, aber Jungs kriegen nicht beigebracht, dass sie den vielleicht nicht reproduzieren sollen", sagt Berling. Auch deshalb wünschen sie sich, mit dem zweiten Buch mit Jungs und Mädchen gleichermaßen ins Gespräch zu kommen. "Es sollte Angebote geben, die beides vereinen, alle einschließt und mitreden lässt", sagt Rödel.

"Selma, Küsse, Kuddelmuddel", Laura Melina Berling und Hannah Rödel, Leykam Verlag, 18 Euro.

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