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Millionär, Verleger, Kommunist, Freund Fidel Castros und Henry Millers, am Ende einsamer Kämpfer im Untergrund: Giangiacomo Feltrinelli hat die Geschichte des Jahrhunderts geprägt. Sein Sohn, Carlo Feltrinelli, legt nun eine fulminant geschriebene Biographie seines Vaters vor - Zeitgeschichte, Familiengeschichte und Bildungsroman in einem.
»Ein Buch, das zu lesen ein Genuss ist, weil man darin viel erfährt über das Leben eines Mannes, der mit Haut und Haar davon überzeugt war, dass sich mit Büchern die Welt verändern lässt.« Die Weltwoche
»Er war ein Mann mit Visionen, jemand, der an
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Produktbeschreibung
Millionär, Verleger, Kommunist, Freund Fidel Castros und Henry Millers, am Ende einsamer Kämpfer im Untergrund: Giangiacomo Feltrinelli hat die Geschichte des Jahrhunderts geprägt. Sein Sohn, Carlo Feltrinelli, legt nun eine fulminant geschriebene Biographie seines Vaters vor - Zeitgeschichte, Familiengeschichte und Bildungsroman in einem.
»Ein Buch, das zu lesen ein Genuss ist, weil man darin viel erfährt über das Leben eines Mannes, der mit Haut und Haar davon überzeugt war, dass sich mit Büchern die Welt verändern lässt.« Die Weltwoche

»Er war ein Mann mit Visionen, jemand, der an Utopien glaubte und seine Ideale in jeder Beziehung auslebte«, beschreibt Inge Feltrinelli die Persönlichkeit ihres Mannes. Er entstammt einer der reichsten Familien Italiens, als junger Mann schließt er sich den Partisanen an, wird Kommunist, dann Verleger.

Seine beiden größten Coups sind die Veröffentlichung von Lampedusas großem Roman 'Der Leopard' und von Pasternaks 'Doktor Schiwago'. Die politischen Texte, die der Verlag publizierte, sind von größter Bedeutung für das intellektuelle Leben Italiens. 1972 kommt Feltrinelli bei einer politisch motivierten Aktion unter ungeklärten Umständen ums Leben.

Sein Sohn Carlo hat die Biografie des Vaters aufgezeichnet und zugleich ein Stück Zeitgeschichte, das in manchen Zügen dem Geschehen in Deutschland gleicht und doch ganz anders ist. Vor allem die sechziger Jahre, in denen in Italien die Furcht vor einem Staatsstreich von rechts umgeht und Terrorakte von rechts und links verübt werden, sind selten so eindrücklich geschildert worden.
Autorenporträt
Feltrinelli, Carlo
Carlo Feltrinelli, Sohn von Giangiacomo Feltrinelli, wurde 1962 geboren. Er lebt und arbeitet in Mailand, wo er den von seinem Vater gegründeten Verlag weiterführt.
Rezensionen
"Aus dem Abstand dreier Jahrzehnte hat der Sohn das vom Vater Versäumte (eine Geschichte Italiens zu schreiben) nachgeholt. Dabei hat er ein historiografisches Kunststück vollbracht. Die Biografie eines genialen Verlegers und politischen Abenteurers, der alle Spannungen und Widersprüche seiner Zeit aufgesogen und sich mit aller Macht, die ihm zur Verfügung stand, über die ummauerten Grenzen zwischen den geistigen und politischen Kontinenten hinweggesetzt hatte, weitet sich zu einem bestechenden Kaleidoskop der italienischen Nachkriegszeit." Süddeutsche Zeitung

"Ein Buch, das zu lesen ein Genuss ist, weil man darin viel erfährt über das Leben eines Mannes, der mit Haut und Haar davon überzeugt war, dass sich mit Büchern die Welt verändern lässt." Die Weltwoche

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2002

Der Verleger als weißer Rabe
Carlo Feltrinellis Biographie seines Vaters Giangiacomo Feltrinelli

Alle Voraussetzungen für den Erfolg waren vorhanden: der Gegenstand spannend, Prominente von Pasternak über Fidel Castro zu Arafat, Geheimdienste, Intrigen. Zweitens weiß der Autor als Verleger, wie man ein Thema vermarktet, und als Historiker weiß er, wie man verflochtene Ereignisse untersucht. Er kann suggestiv erzählen. Und er verfügt über Primärquellen wie kein anderer, denn Gegenstand des Buchs ist der eigene Vater. Giangiacomo Feltrinelli, jener Sprößling einer der reichsten Mailänder Familien, der einen Verlag gründete, großen Erfolg hatte, sich politisch engagierte, den Verlag damit fast ruinierte und am 14. März 1972 an einem Hochspannungsmast in Segrate bei Mailand durch eine Explosion ums Leben kam - ungeklärt blieb, ob Unfall oder Komplott. Die Ironie der Geschichte ist unerbittlich: in Segrate steht der von Niemeyer gebaute Sitz des Verlagsriesen Mondadori, zum Imperium Silvio Berlusconis gehörig. Auch die Voraussetzungen zum Mißlingen waren vorhanden: Der Sohn Carlo war kaum zehn, als sein Vater starb, den er liebte und verehrte, aber eigentlich kaum kannte. Sohnesliebe steht der Objektivität des Forschers entgegen. Eine Hagiographie also?

Nicht hier. Carlo Feltrinelli erweist sich schon mit dem Titel als Balancekünstler zwischen Sentiment und Ironie. "Senior Service" heißt eine englische Zigarettenmarke, die Feltrinelli senior rauchte. Feltrinelli hat, mit dem Vater in der Hauptrolle, ein aufschlußreiches Gesellschaftsbild der fünfziger und sechziger Jahren gemalt: Auf der Suche nach der bleiernen Zeit geht er den entlegensten Quellen nach, macht verschollene Gefährten des Vaters ausfindig, konsultiert Archive. Schade, daß er selbst offenbar kein Register wollte.

Carlo Feltrinelli hütet sich, Werturteile zu fällen, sondern läßt, mit Vor- und Rückblenden, Ereignisse und Dokumente für sich sprechen. Nach einigen Dutzend Seiten Vorgeschichte der Unternehmerfamilie Feltrinelli betritt Giangiacomo, geboren 1926, die Szene: Zunächst als Opfer der egoistischen Mutter Giannalisa, die dem frühverstorbenen Gatten als reiche Erbin nicht lange nachweint und 1940 den berühmt-berüchtigten Journalisten Luigi Barzini heiratet. Die Jugend im gehaßten Luxus führt ihn direkt zum Marxismus. Wer mit zwanzig kein Sozialist sei, sagte Shaw, habe kein Herz, wer es mit vierzig noch immer sei, habe keinen Verstand. Feltrinelli hatte beides. Er war der weiße Rabe unter den Genossen des PCI, wegen seines Wohlstands scheel angesehen. Als er 1955 den Verlag gründete, der ausdrücklich der Arbeiterbewegung nahestand, und das damit verbundene Archiv, wollte er auch eine Zeitung machen. Staatspräsident Einaudi, erinnert sich Cossutta, habe den Plan mit der Drohung verhindert, Archivmaterial über die Feltrinellis zu veröffentlichen.

Feltrinelli erkannte bald die diktatorialen Züge der Kommunisten und kehrte ihnen, nicht dem Ziel einer gerechteren Gesellschaftsordnung, den Rücken. Die Beziehungen zu Moskau aber legten auch den Grundstein seines Erfolgs. Er sollte das Manuskript eines gewissen Boris Pasternak herausbringen und so das Copyright sichern - die Sowjetunion hatte das Urheberrechtsabkommen nicht unterzeichnet. "Doktor Schiwago" aber fiel der Zensur zum Opfer, erschien 1957 nur auf italienisch und erst später auf russisch. Die Geschichte der Veröffentlichung, der schwierige Kontakt mit Pasternak bildet ein Buch im Buch. Eine zweite Geschichte zwischen Literatur und Politik sind die Kontakte mit Fidel Castro, den Feltrinelli zum Schreiben einer Autobiographie ermuntern wollte.

Die Pressefotografin Inge Schöntal, die er als dritte Frau heiratete, machte mit ihm, nach der Trennung (Giangiacomo heiratete noch einmal) und nach seinem Tod, als sie den angeschlagenen Verlag über Wasser zu halten vermochte, schwere Zeiten durch. Feltrinelli wird am 4. Dezember 1969 von Kommissar Calabresi nach dem Tod eines Polizisten bei einer Demonstration verhört (ebendem Kommissar, wegen dessen Ermordung Adriano Sofri verurteilt wurde). Nach dem Bombenattentat vom 12. Dezember 1969 an der Mailänder Piazza Fontana wird auch Feltrinelli verdächtigt - heute weiß man, daß die Attentäter Rechtsextreme mit Verbindungen zum Geheimdienst waren. Feltrinelli tauchte unter: Er schien begriffen zu haben, daß er "Teil eines Manövers geworden war". Carlo Feltrinelli erwähnt, daß die Rechte 1973 plante, auch in Villadeati, dem Sommersitz der Feltrinellis in Piemont, eine Bombe zu legen.

Ein paar Schönheitsfehler hat das Buch: In der deutschen Fassung sind Namen manchmal Glückssache (Transsylvanien statt Siebenbürgen, Sibiu statt Hermannstadt), und "la casa" ist nicht das Haus, sondern die Wohnung. Kleine sinnstörende Versehen, dazu für deutsche Leser nicht unbedingt erkennbare Namensschreibfehler beeinträchtigen die insgesamt gelungene Übersetzung von Friederike Hausmann.

Die Zeit der Bombenleger und politischen Attentate, mochte mancher meinen, sei in Italien vorbei. Doch gerade erst hat die Ermordung des Arbeitsrechtlers und Regierungsberaters Marco Biagi durch Terroristen, die als Brigate rosse firmierten, die Aktualität alter Konflikte und einer alten Gewaltbereitschaft gezeigt.

DIETMAR POLACZEK

Carlo Feltrinelli: "Senior Service". Das Leben meines Vaters. Aus dem Italienischen übersetzt von Friederike Hausmann. Carl Hanser Verlag, München 2001. 464 S., geb., 24,90 .

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