»Du bist jetzt fünfzig. Das ist schon lange nicht mehr die Mitte des Lebens. Das ist abgründig. Deine Mutter im Heim. Dein Vater zu Hause auf dem Sofa.« Knapp und prägnant bringt Armin Senser jenen Moment auf den Punkt, wenn wir eines Tages von Alter, Krankheit und Sterben, von Trennung und Angst nicht mehr absehen können. Wenn wir - aus der Bahn geworfen - feststellen, dass uns die Umgebung und die Menschen, die schon immer da waren, fremd geworden sind. Armin Senser legt mit Sensus die eindrückliche Chronik einer langsamen Rückkehr ins Leben vor. Das Ganze spielt zwischen Berlin, dem Lebensmittelpunkt, und Biel, dem Ort der Kindheit. Sinnlich nahe, aber auch reflektierend sachlich werden Alltag, Erinnerungen und Ereignisse nach möglichen Haltepunkten befragt. Dann wieder wird von Visiten bei den Eltern berichtet, die zwischen zärtlicher Annäherung und Abschied schwanken. Sensers Sprache vereint gebundene Rede souverän mit einem saloppen Umgangston, sie schlägt uns in Bann und hält Distanz.Sensus erzählt aber vor allem auch vom Versuch, dem Leben, den anderen und sich selbst gegenüber gerecht zu werden, und vom fortwährenden Scheitern an diesem Anspruch. Einem Scheitern, das Teil und Angelpunkt des Lebens ist: »Du bist, also versagst du. Das ist menschlich.«
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