Produktdetails
- Wortlandstreicher
- Verlag: Wieser
- veränd. Neuaufl.
- Seitenzahl: 246
- Deutsch
- Abmessung: 200mm
- Gewicht: 350g
- ISBN-13: 9783851294552
- ISBN-10: 3851294556
- Artikelnr.: 12579682
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.02.1999Nur weg von hier
Eine Erregung: Jani Virk beschreibt Sloweniens geistiges Klima
Er stand im Mittelpunkt von Sloweniens intellektueller Opposition. Um den Essayisten und Philosophen Sergij Tramar scharten sich die Dissidenten des kommunistischen Regimes - man diskutierte und trank gemeinsam zahllose Nächte hindurch. Doch nach dem Übergang zu Demokratie und Eigenstaatlichkeit wurde es in Ljubljana immer stiller um den Helden von einst. Seine Weggefährten machten Karriere, wurden vielleicht gar Minister wie der gleichermaßen kluge und ehrgeizige Dmetrij, sie wurden Abgeordnete, Parteisekretäre und Rundfunkintendanten. Er indes hatte sie für Gleichgesinnte, ja Freunde gehalten. Vereinsamt und verbittert, richtete Tramar seine Gesundheit durch Exzesse langsam zugrunde. Niemand, außer einigen gescheiterten Bohemiens und Alkoholikern in seinem Stammlokal, wollte ihm mehr zuhören. Der widerborstige Geist von Tramars Reden und Manuskripten paßte nicht in die neue Zeit der Wendehälse und Macher.
Ein junger, aus Deutschland heimgekehrter Auslandsslowene erhält den Auftrag, den Verschollenen für eine große Tageszeitung zu porträtieren. Seine flotte Freundin Margareta - sie ist Fotoreporterin - interessiert sich gleichfalls für die abgesägte Galionsfigur. Als sie Tramar um einen Fototermin bittet, lotst er sie in ein Blockhaus in die Unterkrain, die Gegend seiner Kindheit. Beim sexuellen Geplänkel ertrinkt der ältliche, kranke Mann im reißenden Wildwasser.
Oberflächlich betrachtet, hat der Inhalt von Jani Virks Buch mit Literatur als Kunst nicht allzuviel zu tun, eher mit Kolportage, zumal da es sich um einen Schlüsselroman handelt. Unschwer entdecken slowenische Leser, aber auch Slowenienkenner das eine oder andere reale Vorbild für die Personen der Handlung. Solches mag Puristen stören, sollte jedoch die Vorzüge des Werks nicht übersehen lassen. Denn es ist erstaunlich gut geschrieben - angenehm leicht im Stil und in der Beschreibung von Menschen und Situationen genau bis zum Ekelerregenden. Das dürfte nicht allein auf die deutsche Fassung des ausgezeichneten Übersetzers Fabjan Hafner zurückzuführen sein. Obendrein haben wir es immerhin mit der ersten, genuin literarischen Darstellung des politischen und geistigen Klimawechsels in Slowenien seit 1990 zu tun. Auch wenn der atmosphärische Befund des Autors gewiß stimmt, überzeichnet er Details satirisch. Mit Fug und Recht ruft Virk - als Mottolieferanten - Thomas Bernhard zum Schwurzeugen seiner erzählenden Anklage auf, übrigens mit einem Zitat aus "Holzfällen. Eine Erregung". Und folgerichtig lauten des Bandes letzte Worte "nur weg von hier". Freilich verzerren Haß und Verachtung nicht bloß die Wirklichkeit, sie können im Glücksfall den Blick ungemein schärfen. Daß dies auf Jani Virks kritischen Rundumschlag zutrifft, ist sein Gütesiegel. ULRICH WEINZIERL
Jani Virk: "Sergijs letzte Versuchung". Roman. Aus dem Slowenischen übersetzt von Fabjan Hafner. Wieser Verlag, Klagenfurt 1998. 246 S., geb., 38,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Erregung: Jani Virk beschreibt Sloweniens geistiges Klima
Er stand im Mittelpunkt von Sloweniens intellektueller Opposition. Um den Essayisten und Philosophen Sergij Tramar scharten sich die Dissidenten des kommunistischen Regimes - man diskutierte und trank gemeinsam zahllose Nächte hindurch. Doch nach dem Übergang zu Demokratie und Eigenstaatlichkeit wurde es in Ljubljana immer stiller um den Helden von einst. Seine Weggefährten machten Karriere, wurden vielleicht gar Minister wie der gleichermaßen kluge und ehrgeizige Dmetrij, sie wurden Abgeordnete, Parteisekretäre und Rundfunkintendanten. Er indes hatte sie für Gleichgesinnte, ja Freunde gehalten. Vereinsamt und verbittert, richtete Tramar seine Gesundheit durch Exzesse langsam zugrunde. Niemand, außer einigen gescheiterten Bohemiens und Alkoholikern in seinem Stammlokal, wollte ihm mehr zuhören. Der widerborstige Geist von Tramars Reden und Manuskripten paßte nicht in die neue Zeit der Wendehälse und Macher.
Ein junger, aus Deutschland heimgekehrter Auslandsslowene erhält den Auftrag, den Verschollenen für eine große Tageszeitung zu porträtieren. Seine flotte Freundin Margareta - sie ist Fotoreporterin - interessiert sich gleichfalls für die abgesägte Galionsfigur. Als sie Tramar um einen Fototermin bittet, lotst er sie in ein Blockhaus in die Unterkrain, die Gegend seiner Kindheit. Beim sexuellen Geplänkel ertrinkt der ältliche, kranke Mann im reißenden Wildwasser.
Oberflächlich betrachtet, hat der Inhalt von Jani Virks Buch mit Literatur als Kunst nicht allzuviel zu tun, eher mit Kolportage, zumal da es sich um einen Schlüsselroman handelt. Unschwer entdecken slowenische Leser, aber auch Slowenienkenner das eine oder andere reale Vorbild für die Personen der Handlung. Solches mag Puristen stören, sollte jedoch die Vorzüge des Werks nicht übersehen lassen. Denn es ist erstaunlich gut geschrieben - angenehm leicht im Stil und in der Beschreibung von Menschen und Situationen genau bis zum Ekelerregenden. Das dürfte nicht allein auf die deutsche Fassung des ausgezeichneten Übersetzers Fabjan Hafner zurückzuführen sein. Obendrein haben wir es immerhin mit der ersten, genuin literarischen Darstellung des politischen und geistigen Klimawechsels in Slowenien seit 1990 zu tun. Auch wenn der atmosphärische Befund des Autors gewiß stimmt, überzeichnet er Details satirisch. Mit Fug und Recht ruft Virk - als Mottolieferanten - Thomas Bernhard zum Schwurzeugen seiner erzählenden Anklage auf, übrigens mit einem Zitat aus "Holzfällen. Eine Erregung". Und folgerichtig lauten des Bandes letzte Worte "nur weg von hier". Freilich verzerren Haß und Verachtung nicht bloß die Wirklichkeit, sie können im Glücksfall den Blick ungemein schärfen. Daß dies auf Jani Virks kritischen Rundumschlag zutrifft, ist sein Gütesiegel. ULRICH WEINZIERL
Jani Virk: "Sergijs letzte Versuchung". Roman. Aus dem Slowenischen übersetzt von Fabjan Hafner. Wieser Verlag, Klagenfurt 1998. 246 S., geb., 38,- DM.
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