„Settlers Creek“ von Carl Nixon
„Settlers Creek“ ist nach dem im Vorjahr in der deutschen Übersetzung erschienenen „Rocking Horse Road“ der zweite Roman des neuseeländischen Autors Carl Nixon (plus „Guardians of Mother Earth“ - Roman für Jugendliche aus dem Jahr 1997).
Die Rahmenhandlung ist
schnell erzählt: Mark, der neunzehnjährige Adoptivsohn von Box Saxton, wird tot aufgefunden. Er hat…mehr„Settlers Creek“ von Carl Nixon
„Settlers Creek“ ist nach dem im Vorjahr in der deutschen Übersetzung erschienenen „Rocking Horse Road“ der zweite Roman des neuseeländischen Autors Carl Nixon (plus „Guardians of Mother Earth“ - Roman für Jugendliche aus dem Jahr 1997).
Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Mark, der neunzehnjährige Adoptivsohn von Box Saxton, wird tot aufgefunden. Er hat Selbstmord begangen. Natürlich soll er im Familiengrab beerdigt werden, aber kurz vor der Beisetzung taucht der Maori Tipene auf, sein leiblicher Vater, der sich noch nie um den Jungen gekümmert hat, und reklamiert den Leichnam für sich, um ihn in dem Grab der Ahnen zu bestatten. Das können und wollen Box und seine Frau natürlich nicht zulassen, woraufhin Tipene sich mit Hilfe von Verwandten der Leiche bemächtigt und quasi entführt. Aber Box gibt nicht klein bei, sondern macht sich auf, seinen toten Sohn zurück nach Hause zu holen.
Auf den ersten Blick lässt sich die Geschichte auf die Streitereien zweier Väter reduzieren, die sich nicht über Begräbnismodalitäten einigen können. Aber es steckt noch wesentlich mehr in dieser Auseinandersetzung, geht es doch auch um die unterschiedlichen Werte und Vorstellungen, die zwei verschiedenen Kulturen haben. Repräsentiert werden diese durch Box Saxton, der von den weißen Siedlern abstammt, und durch den Ureinwohner Tipene, der sich bei wichtigen Entscheidungen noch immer von den spirituellen Traditionen der Maori führen lässt. Es ist diese starke Verbindung zu dem Land ihrer Ahnen, die beide Männer geprägt hat, denn auch Box verbindet bestimmte Erinnerungen und Emotionen mit Orten, die für ihn im Laufe seiner persönlichen Historie wichtig sind/waren. Und die Gewichtung, wessen Gefühle authentischer und wahrhaftiger sind, das steht uns als Leser nicht zu.
Ein weiterer Aspekt in der Beziehung der beiden Männer ist ihre jeweilige materielle Situation. Üblicherweise würde man vermuten, dass Tipene derjenige ist, der am Rande des Existenzminimums lebt, aber weit gefehlt. Er hat sein Leben im Griff und sein Auskommen ist gesichert. Box hingegen, einst erfolgreich als Bauunternehmer und Immobilienmakler, hat bei der Finanzkrise alles verloren und schlägt sich als einfacher Bauarbeiter durch. Und das einzige, was ihm geblieben ist, ist seine Familie und die Erinnerung an frühere Zeiten, die nicht vom Kampf ums Überleben bestimmt waren.
Carl Nixon geht sehr sensibel mit diesen Themen um und erlaubt seinen Lesern einen Blick auf die Innenansicht der beiden Männer, deren Handeln einerseits von der Trauer um den Sohn und andererseits von der Bindung an Traditionen bestimmt ist. So vorsichtig, aber dennoch ausdrucksstark erzählt, dass die Schilderungen dieser großen Emotionen einen bleibenden Eindruck bei dem Leser hinterlassen.