A novel about a dreamy young girl moving between the planets of Los Angeles and New York City. We first meet Jacaranda in Los Angeles, a beach bum, part-time painter of surfboards, sun-kissed and beautiful, semi-involved with a married man, glittering among the pretty creatures, blithely drinking Pink Ladies with any number of tycoons, unattached and unworried in the pleasurable mania of California. We follow her as she rises from the mists to the discovery that she's twenty-eight, jobless, with no sense of purpose; that her wild friendships with Gilbert and Max and Etienne might not be as real as they seem. So she pries herself away from this immensely seductive place and moves to New York, to seriousness and work, to meet the agents of her new world.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.07.2024Himmelhoch Hollywood
Eve Babitz war Autorin, It-Girl, Künstlerin. Jetzt gibt es ihren ersten Roman
„Sex and Rage“ auf Deutsch, der zeigt, wie sie lernte, an ihr Talent zu glauben.
Dass die USA mal ein strahlendes Land waren, nach dem sich junge Menschen sehnsuchtsvoll verzehrten, das vergisst man derzeit ja leicht. Zu düster ist die politische Lage, zu groß die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft. Dabei ist es noch nicht so lang her, dass in Los Angeles das Meer vor allem glitzerte und dass New York nicht die Stadt der Superreichen, sondern die Stadt war, in der es jeder schaffen konnte. Reichlich Gelegenheit, sich dessen wieder für einen Moment bewusst zu werden, bietet der Roman „Sex & Rage“ von Eve Babitz, den Hanna Hesse jetzt erstmals in Deutsche übersetzt hat. Ein bisschen Nostalgie hat ja noch niemandem geschadet.
Eve Babitz, die 2021 gestorben ist, war eine Art durchgeknallte Mischung aus Joan Didion, Dorothy Parker und Lana Del Rey. Babitz wurde 1943 in Hollywood als Tochter einer Künstlerin und eines Violinisten geboren. Ihr Patenonkel war Igor Strawinsky, sie (nackt) spielte Schach mit Marcel Duchamp (angezogen), gestaltete Albumcover für The Byrds und Linda Ronstadt, entwarf Hosen, die Jim Morrison trug, der wiederum für sie den Song „L. A. Woman“ schrieb. Affären hatte Babitz mit Morrison, mit Harrison Ford, angeblich auch mit Steve Martin. Und sie schrieb Bücher über das Lebensgefühl Kalifornien. Hollywood eben.
„Sex & Rage“, erstmals erschienen 1979, dürfte auch einigermaßen nah an Babitz’ Lebenswelt angesiedelt sein. Es ist die Geschichte einer jungen Frau mit dem klangvollen Namen Jacaranda, die in L. A. aufwächst und sich im Laufe des Romans vom Partygirl zur einigermaßen ernsthaften Autorin mausert. Jacaranda lebt am Meer in Santa Monica, surft Tag und Nacht, alles ist schön und leicht: „Als Kind war Jacaranda stets braun gebrannt, hatte sonnengebleichtes blondes Haar und Teer an den Fußsohlen“, heißt es.
Es scheint für die junge Frau zunächst das natürliche Verhalten zu sein, sich auf Partys treiben zu lassen und fragwürdige Männer zu daten. Sie trinkt sehr viel, nimmt Drogen, auch sehr viele. „Berauscht von Opium, Champagner, Brandy und Kokain, stießen Jacaranda und Etienne aufeinander und trieben es manchmal bis zum Morgengrauen, dann schlenderten sie über den taufeuchten Rasen und blickten hinab auf L. A., wie es hellrosa, dann gelb, dann diesig wurde.“ Sie bemalt Surfbretter, hier und da schreibt sie einen Surf-Essay. Mit 28 wird sie ohne jede Anstrengung von einer New Yorker Literaturagentin entdeckt. Irritierend, denn „es war Zeit für eine Überdosis, nicht für eine Veröffentlichung“. Doch Jacaranda willigt ein, ein Buch zu schreiben.
Die beiden Gegenpole Los Angeles und New York bilden die bildstarke Kulisse von Jacarandas Wandlung. So spielt die erste Hälfte von „Sex & Rage“ in Kalifornien, die zweite in New York, wohin Jacaranda reist, um Lektor und ihren Verlag kennenzulernen. Das Verhältnis der beiden Mega-Metropolen war schon immer von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Die New Yorker wirken auf Angelenos unfreundlich und effizienzgetrieben, so etwa wie Deutsche auf New Yorker wirken. Über Menschen aus L. A. denken die New Yorker, dass diese komplett sorglos und ein bisschen dumm seien („Die L. A. Times – das soll eine Zeitung sein?“).
In „Sex & Rage“ erzählt Eve Babitz aber auch etwas über das Selbstbild junger Frauen ihrer Zeit. Zu Beginn der Geschichte ist Jacaranda vor allem durch Männer in ihrem Leben bestimmt – und gehemmt. Sie glaubt, sie sei zu dick, und verzichtet wegen der unerwiderten Liebe zu einem fragwürdigen Typen namens Max fast auf ihre Reise nach New York. Erfolg kennt sie nur als Erfolg bei Männern. Schriftstellerischer Erfolg hingegen ist ihr nicht geheuer: „Je mehr anderen ihre Texte gefielen, desto nackter fühlte sie sich.“ Sie glaubt nicht, dass ihr so etwas wie künstlerische Wertschätzung wirklich zusteht. „Eigentlich hatte Jacaranda sich mit dem Gedanken angefreundet, immer ein wenig zu sehr L. A. zu sein, um wirklich ernstgenommen zu werden.“ L. A. zu sein, bedeutet eben auch, glänzende Oberfläche zu sein.
Ernsthaft gefährlich scheint Jacarandas Drogenkonsum am Ende immerhin nie zu sein, zumindest nicht in der Schilderung der Autorin. Deren leichtfüßiger Ton täuscht über alle drohenden Abgründe einfach hinweg. Zu mächtig ist die Sogwirkung des glamourösen Teils des Rock’n’ Roll, als dass hier Raum für eine Suchtgeschichte wäre. Raum ist nur für die Geschichte einer Heldin, die kurz vor dem Absturz doch eine große Chance zugespielt bekommt und Nerven hat, diese auch zu ergreifen. Sie mag immer Los Angeles bleiben, wird aber immerhin New York genug, um sich ihre Zukunft als Autorin nicht zu versauen. Also setzt sich Jacaranda keine Überdosis und emanzipiert sich stattdessen von L. A. und den Männern. Mit Betreten von New Yorker Boden wird sie abstinent. Eine Hollywood-Story mit Happy End, so verlockend wie eine gut einziehende, duftende Sonnencreme.
CHRISTIANE LUTZ
Eve Babitz wurde 1943 in Hollywood geboren, entwarf Plattencover für The Byrds und datete Jim Morrison.
Foto: The Huntington Library, Art Museum, and Botanical Gardens
Eve Babitz: Sex & Rage.
Roman. Aus dem Amerikanischen von Hanna Hesse.
S. Fischer Verlag.
Frankfurt 2024. 272 Seiten,
24. Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Eve Babitz war Autorin, It-Girl, Künstlerin. Jetzt gibt es ihren ersten Roman
„Sex and Rage“ auf Deutsch, der zeigt, wie sie lernte, an ihr Talent zu glauben.
Dass die USA mal ein strahlendes Land waren, nach dem sich junge Menschen sehnsuchtsvoll verzehrten, das vergisst man derzeit ja leicht. Zu düster ist die politische Lage, zu groß die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft. Dabei ist es noch nicht so lang her, dass in Los Angeles das Meer vor allem glitzerte und dass New York nicht die Stadt der Superreichen, sondern die Stadt war, in der es jeder schaffen konnte. Reichlich Gelegenheit, sich dessen wieder für einen Moment bewusst zu werden, bietet der Roman „Sex & Rage“ von Eve Babitz, den Hanna Hesse jetzt erstmals in Deutsche übersetzt hat. Ein bisschen Nostalgie hat ja noch niemandem geschadet.
Eve Babitz, die 2021 gestorben ist, war eine Art durchgeknallte Mischung aus Joan Didion, Dorothy Parker und Lana Del Rey. Babitz wurde 1943 in Hollywood als Tochter einer Künstlerin und eines Violinisten geboren. Ihr Patenonkel war Igor Strawinsky, sie (nackt) spielte Schach mit Marcel Duchamp (angezogen), gestaltete Albumcover für The Byrds und Linda Ronstadt, entwarf Hosen, die Jim Morrison trug, der wiederum für sie den Song „L. A. Woman“ schrieb. Affären hatte Babitz mit Morrison, mit Harrison Ford, angeblich auch mit Steve Martin. Und sie schrieb Bücher über das Lebensgefühl Kalifornien. Hollywood eben.
„Sex & Rage“, erstmals erschienen 1979, dürfte auch einigermaßen nah an Babitz’ Lebenswelt angesiedelt sein. Es ist die Geschichte einer jungen Frau mit dem klangvollen Namen Jacaranda, die in L. A. aufwächst und sich im Laufe des Romans vom Partygirl zur einigermaßen ernsthaften Autorin mausert. Jacaranda lebt am Meer in Santa Monica, surft Tag und Nacht, alles ist schön und leicht: „Als Kind war Jacaranda stets braun gebrannt, hatte sonnengebleichtes blondes Haar und Teer an den Fußsohlen“, heißt es.
Es scheint für die junge Frau zunächst das natürliche Verhalten zu sein, sich auf Partys treiben zu lassen und fragwürdige Männer zu daten. Sie trinkt sehr viel, nimmt Drogen, auch sehr viele. „Berauscht von Opium, Champagner, Brandy und Kokain, stießen Jacaranda und Etienne aufeinander und trieben es manchmal bis zum Morgengrauen, dann schlenderten sie über den taufeuchten Rasen und blickten hinab auf L. A., wie es hellrosa, dann gelb, dann diesig wurde.“ Sie bemalt Surfbretter, hier und da schreibt sie einen Surf-Essay. Mit 28 wird sie ohne jede Anstrengung von einer New Yorker Literaturagentin entdeckt. Irritierend, denn „es war Zeit für eine Überdosis, nicht für eine Veröffentlichung“. Doch Jacaranda willigt ein, ein Buch zu schreiben.
Die beiden Gegenpole Los Angeles und New York bilden die bildstarke Kulisse von Jacarandas Wandlung. So spielt die erste Hälfte von „Sex & Rage“ in Kalifornien, die zweite in New York, wohin Jacaranda reist, um Lektor und ihren Verlag kennenzulernen. Das Verhältnis der beiden Mega-Metropolen war schon immer von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Die New Yorker wirken auf Angelenos unfreundlich und effizienzgetrieben, so etwa wie Deutsche auf New Yorker wirken. Über Menschen aus L. A. denken die New Yorker, dass diese komplett sorglos und ein bisschen dumm seien („Die L. A. Times – das soll eine Zeitung sein?“).
In „Sex & Rage“ erzählt Eve Babitz aber auch etwas über das Selbstbild junger Frauen ihrer Zeit. Zu Beginn der Geschichte ist Jacaranda vor allem durch Männer in ihrem Leben bestimmt – und gehemmt. Sie glaubt, sie sei zu dick, und verzichtet wegen der unerwiderten Liebe zu einem fragwürdigen Typen namens Max fast auf ihre Reise nach New York. Erfolg kennt sie nur als Erfolg bei Männern. Schriftstellerischer Erfolg hingegen ist ihr nicht geheuer: „Je mehr anderen ihre Texte gefielen, desto nackter fühlte sie sich.“ Sie glaubt nicht, dass ihr so etwas wie künstlerische Wertschätzung wirklich zusteht. „Eigentlich hatte Jacaranda sich mit dem Gedanken angefreundet, immer ein wenig zu sehr L. A. zu sein, um wirklich ernstgenommen zu werden.“ L. A. zu sein, bedeutet eben auch, glänzende Oberfläche zu sein.
Ernsthaft gefährlich scheint Jacarandas Drogenkonsum am Ende immerhin nie zu sein, zumindest nicht in der Schilderung der Autorin. Deren leichtfüßiger Ton täuscht über alle drohenden Abgründe einfach hinweg. Zu mächtig ist die Sogwirkung des glamourösen Teils des Rock’n’ Roll, als dass hier Raum für eine Suchtgeschichte wäre. Raum ist nur für die Geschichte einer Heldin, die kurz vor dem Absturz doch eine große Chance zugespielt bekommt und Nerven hat, diese auch zu ergreifen. Sie mag immer Los Angeles bleiben, wird aber immerhin New York genug, um sich ihre Zukunft als Autorin nicht zu versauen. Also setzt sich Jacaranda keine Überdosis und emanzipiert sich stattdessen von L. A. und den Männern. Mit Betreten von New Yorker Boden wird sie abstinent. Eine Hollywood-Story mit Happy End, so verlockend wie eine gut einziehende, duftende Sonnencreme.
CHRISTIANE LUTZ
Eve Babitz wurde 1943 in Hollywood geboren, entwarf Plattencover für The Byrds und datete Jim Morrison.
Foto: The Huntington Library, Art Museum, and Botanical Gardens
Eve Babitz: Sex & Rage.
Roman. Aus dem Amerikanischen von Hanna Hesse.
S. Fischer Verlag.
Frankfurt 2024. 272 Seiten,
24. Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de