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Die bildhübsche Studentin Candice aus Rosebud, Virginia, wurde grausam ermordet. Der vermeintliche Täter ist schnell gefunden: Candices letzter Liebhaber David Dennis wird vom Gericht zum Tode verurteilt. Zehn Jahre später wird die französische Schriftstellerin Aurore Amer auf den Fall David Dennis aufmerksam, dessen Hinrichtung für Ende des Monats angekündigt ist. Bei ihrer kriminalistischen Recherche stößt sie auf alarmierende Widersprüche und beginnt gemeinsam mit zwei weiteren Frauen um die Rettung des zum Tode Verurteilten zu kämpfen. Für diesen Roman wurde Paule Constant 2003 mit dem Menschenrechtspreis von amnesty international ausgezeichnet.…mehr

Produktbeschreibung
Die bildhübsche Studentin Candice aus Rosebud, Virginia, wurde grausam ermordet. Der vermeintliche Täter ist schnell gefunden: Candices letzter Liebhaber David Dennis wird vom Gericht zum Tode verurteilt. Zehn Jahre später wird die französische Schriftstellerin Aurore Amer auf den Fall David Dennis aufmerksam, dessen Hinrichtung für Ende des Monats angekündigt ist. Bei ihrer kriminalistischen Recherche stößt sie auf alarmierende Widersprüche und beginnt gemeinsam mit zwei weiteren Frauen um die Rettung des zum Tode Verurteilten zu kämpfen. Für diesen Roman wurde Paule Constant 2003 mit dem Menschenrechtspreis von amnesty international ausgezeichnet.
Autorenporträt
Paule Constant ist eine der bedeutendsten Gegenwartsautorinnnen Frankreichs und wird oft in einem Atemzug mit Marguerite Duras genannt. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter den "Grand Prix du roman de l'Academie Francaise" und 1998 für "Vertrauen gegen Vertrauen" den "Prix Goncourt". Der Roman stand wochenlang auf den französischen Bestsellerlisten und ist seitdem in zwanzig Sprachen übersetzt worden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.01.2004

Der geschändete Süden
„Sex und Geheimnis” ist ein großer Thriller: Um Sex geht es aber ehrlich gesagt nicht
Es sind, am Anfang, nur dahingesagte Worte auf einer Party. Über irgendetwas muss man, den Drink in der Hand, ja reden an solchen Orten, und am liebsten reden wie immer alle über sich selbst. Das mag manchmal langweilig sein. Aber so ein einziger Abend kann mit einem Schlag auch alles verändern, kann einen hineinziehen in Geschichten, von denen man Stunden zuvor nichts wusste und plötzlich nicht mehr lassen kann. Das ist die Macht des bloßen Geredes. Ein Wort, ein Satz, und alles verändert sich, ganz wie von selbst.
„Sie sollten David Dennis treffen”, ist bei Paule Constant so ein Satz. Ein Vorschlag nur, geäußert auf einer Party in der noblen Gesellschaft von Rosebud, Virginia. Im Salon lächeln gnädig die Professorengattinnen, während ihre Männer in der Küche zusammen Bier trinken. Unter ihnen, aus der zu gut gemeinten Umarmung der Gattinnen in die Küche geflüchtet, eine französische Schriftstellerin, die zu Gast ist an der Universität. Sie wolle, erzählt sie, einen Roman über die Frau schreiben, die in Virginia wegen ihrer Neugierde für zum Tode Verurteilte bekannt sei, die sich wie besessen jede Hinrichtung ansehe. „Sie sollten David Dennis treffen”, sagt daraufhin jemand, „Sie sollten ihn in Greenleaves, im Gefängnis besuchen.”
Alles gerät so in Bewegung. Der geplante Roman hört auf, der zu sein, der er sein sollte. Verselbständigt sich. Macht aus der Schriftstellerin die verrückt gewordene Nadel eines Kompasses, der seine Orientierung verloren hat. Wenn Paule Constant – die in Frankreich den Goncourt-Preis bekam und hier in Deutschland, man versteht das gar nicht, eigentlich viel bekannter sein könnte – mit ihrem neuen Roman eines zeigt, dann: wie das ist, wenn das Leben in die Literatur einbricht. Der Name David Dennis diktiert mit einem Mal alles. Die Hinrichtungs-Voyeurin ist schnell vergessen. Der Thriller schreibt sich von selbst.
Scarlett, oh Scarlett
Es ist eine Art „Gone with the wind”-Thriller. Die ewige Legende vom noblen Süden und seiner Schändung. Eine Südstaatenverschwörung mit einem Jungen aus dem Norden und einer „Southern Belle” mit Scarlett O’Hara-Charme in den Hauptrollen: David, der „Yankee”-Junge, sitzt seit zehn Jahren wegen Vergewaltigung, Folterung und Mord an einer siebzehnjährigen Studentin in Greenleaves. Seit zehn Jahren beteuert er seine Unschuld – vergeblich. Das Todesurteil ist längst gesprochen. Die Frist läuft in wenigen Wochen ab. Selbst das Verfallsdatum auf Jogurtdeckeln weist schon über seine Lebenszeit hinaus.
Die Sache ist heikel. Denn mit dem Mord an Candice steht der Name der gesamten Rosebud-Uni auf dem Spiel. Das Verbrechen droht in Verruf zu bringen, was als glänzendste Mädchenuniversität des Südens gilt: eine Erziehungsanstalt für die reichen Erbinnen der Schweinemästereien North Carolinas und der Hühnerfarmen Virginias; ein der Schönheit geweihtes Konzentrationslager, in dem die Studentinnen vor den Kursen für kreatives Schreiben Schlange stehen und ihrem verwöhnten Leben selbst romanhafte Züge verleihen. Wenn sie nicht gerade in Schönschrift schreiben, gehen die Rosebud-Girls mit den Jungs von der Stone-Uni aus. Candice tat das besonders gern. Sie war der Betthase der besten Studentenverbindung von Stone. Sie war das „pet” von White Home. Schlief mit allen und gefiel sich darin. Dann kam David, der toller, älter und cooler war als die anderen. Ein Typ mit echtem Charisma. Und von da an schlief sie nur noch mit ihm.
Als Aurore, die Schriftstellerin, ins Gefängnis kommt und man dem zum Tode Verurteilten hinter der Glasscheibe die Fesseln abnimmt, einem schönen jungen Mann, der freundlich und fordernd „Hallo, Sie sind also Schriftstellerin?” sagt; kein Eroberer, sondern eher jemand Beunruhigtes, fast Schüchternes, ist sie sofort von seiner Unschuld überzeugt. Denen, die sie hingefahren haben, den Professoren und Juristen von der noblen Party, gefällt das gar nicht. Aber auch einem selbst gefällt es nicht. Sofort überfällt einen die Angst, der Roman könne in eine Geschichte weiblicher Intuition abgleiten. Was jetzt droht, ist der aufopfernde Feldzug einer Frau, die in letzter Sekunde einen Justizirrtum aufklärt im Namen der Gerechtigkeit, denkt man sich und wird schon müde.
Tatsächlich, und das ist überraschend realistisch, passiert dann aber eigentlich gar nichts. Kein Feldzug, kein Kampf. Eher ein Warten, während langsam die Frist verstreicht. Aurore fährt zu Davids Mutter, verfolgt den ganzen Tag die neusten Nachrichten über den Versuch einer bekannten Fernsehjournalistin, das Todesurteil rückgängig zu machen. Sie schreibt Mails an Politiker und Journalisten in Frankreich, betreut eine Protest-Seite im Internet. Doch sie bewirkt nichts, denn tatsächlich hat sie weder die Macht noch die Detailkenntnis, um irgendetwas zu bewirken. Sie kann nur versuchen, selbst Klarheit zu gewinnen in einem Fall, der alles andere als eindeutig ist. Kann fassungslos mit ansehen, wie hasserfüllte Staatsanwälte und Richter einem Menschen wie selbstverständlich das Leben nehmen.
Schreibend verteidigt sie genau das: das Leben. Sie verfasst ein Plädoyer gegen die Todesstrafe anhand eines Prozesses, in dem ganz offensichtlich Beweise unterschlagen, Zeugenaussagen nicht gewürdigt, Gutachten unvollständig belassen wurden; in dem um der Etikette willen erst gar nicht richtig ermittelt wurde. Oder war David, der plötzlich brutal sein und explodieren konnte, doch Schuld und hatte die Geschichte von der blutigen Rache entehrter Verbindungsstudenten, deren „pet” sich einem „Yankee” anheim gab, nur erfunden? Der Fall bringt sie ins Taumeln. Das Wissen um das Recht auf Leben bleibt davon aber unberührt. Es verstrickt sich nicht in Details.
Sweet and secret
Das ist eindrucksvoll und – dahingestellt bleibt, wie es ausgeht – sehr spannend. Allerdings hätte man Paule Constant in der deutschen Übersetzung einen anderen Romantitel gewünscht. Man entschied sich hier für „Sex und Geheimnis”, was sehr irreführend ist, nach burgunderfarbenen Stofftapeten, japanischen Wandschirmen und schwer überheizten Innenräumen klingt. Schon „Sucre et Secret” trifft es eigentlich nicht, weil es auch nur die Übersetzung dessen ist, was man in den Südstaaten über die Anmut der Virginierinnen sagt. Über ihre melancholische Sanftmut, jene nicht greifbare Zurückhaltung, den als Arroganz oder Verächtlichkeit zu empfinden man Unrecht täte. Man sagt ganz einfach: „She is sweet and secret.” Und das reicht, jeder versteht es. „Sex und Geheimnis” dagegen entstammt im Roman der ziemlich schmuddligen Rede eines Privatdetektivs, dessen einziger Kick darin besteht, aufzudecken, dass Candice „eine echte kleine Nutte” gewesen sei.
David nannte Candice „Candy”. Noch im Gefängnis nennt er sie so. Solange er zu leben hat, bleibt sie für ihn „sweet and secret”.
JULIA ENCKE
PAULE CONSTANT: Sex und Geheimnis. Roman. Aus dem Französischen von Michael Kleeberg. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2003. 222 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2004

Im Netz des Südens
Abgründig: Paule Constants Thriller "Sex und Geheimnis"

Als die Schriftstellerin Aurore Amer nach Rosebud kommt, liegt das Verbrechen, das die elitäre Universitätsstadt in den Südstaaten erschüttert hat, bereits zehn Jahre zurück. Aber die Hinrichtung des bestialischen Mädchenmörders steht unmittelbar bevor. Wenige Wochen nur bleiben der Ich-Erzählerin, um die Unschuld des Täters zu beweisen oder wenigstens einen Aufschub zu erwirken. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, der in die Vergangenheit führt.

Nach ihrem Besuch im Todestrakt ist Aurore zwar von Davids Unschuld felsenfest überzeugt, aber ihre Gewißheit beruht allein auf Emotionen. Sie weiß nichts über die Hintergründe des Falls, aber alles an dem jungen Mann, jede Bewegung, jeder Zug in seinem Gesicht scheint seine Unschuld zu bestätigen. Kurzum: Die Gegnerin der Todesstrafe ist im Handumdrehen dem Charisma des Todeskandidaten verfallen. Nachdem seine Unschuld für sie feststeht, beginnt sie nach den entsprechenden Beweisen zu suchen. Eine verdrehte Chronologie, aus der Paule Constant Funken zu schlagen weiß und ihr Roman seine Spannung bezieht.

Sein Titel, "Sex und Geheimnis", klingt wie die platteste Definition eines Thrillers. Tatsächlich liegt darin eine Variante jenes Ausdrucks, mit der die Southern Belles, die schönsten der Schönen Virginias, charakterisiert werden. Sweet and secret, also anmutig und abgründig, sollen sie sein, und Candice war beides, bildhübsche Tochter aus bester Familie und frühreifes Früchtchen. Als sie tot aufgefunden wird, vergewaltigt und verstümmelt, ist man sich in Rosebud schnell einig. Der Täter kann nur David sein, ihr letzter Freund, der nicht nur mittellos ist, sondern auch noch aus dem Norden stammt. Der Yankee muß als Opfer herhalten. Damit die wahren Täter, drei Studenten aus Rosebuds besten Kreisen, ungeschoren davonkommen, halten alle zusammen: Sheriff und Richter, Gutachter und Geschworene. Und sogar Davids Verteidiger gehört zum Netzwerk des Südens und liefert seinen Mandanten ans Messer. So zumindest stellt sich der Fall für Aurore nach ihren Recherchen dar: David ist Opfer eines Komplotts, der Eindringling aus dem Norden muß sterben, damit die Gesellschaft des Südens unbefleckt bleiben kann.

Viel ist in diesem Roman vom Kampf die Rede: Es kämpft der Süden gegen den Norden, der Fremde gegen die geschlossene Gesellschaft, der Underdog gegen das Establishment, ein zum Tode Verurteilter kämpft um sein Leben, eine Mutter streitet für ihren Sohn. Unter der Oberfläche kämpft hier aber auch das Frankreich der Menschenrechte gegen das selbstgerechte, sich gern zum Richter aufschwingende Amerika. Es dürfte kein Zufall sein, daß nicht nur Aurore Französin ist, sondern auch das Opfer französische Vorfahren hat: Dennis ist der Enkel eines amerikanischen GI, der die junge Mutter sitzenließ. Amerika, die wahre Heimat der Scheinmoral?

Es macht den Reiz von Paule Constants Buch aus, daß seine Heldin eine recht unzuverlässige Zeugin mit zweifelhaftem Urteilsvermögen abgibt. Die leisen Zweifel an Davids Unschuld, die sich hier und da einschleichen, lassen den Roman nicht nur vielschichtiger und spannender werden, sondern machen auch die Überzeugung seiner Autorin deutlich: Nicht das Fehlurteil, nicht der Justizirrtum ist das wichtigste Argument gegen die Todesstrafe.

Der Menschenrechtspreis von Amnesty International, den Paule Constant für "Sex und Geheimnis" erhalten hat, ist die vorerst letzte der zahlreichen Auszeichnungen, mit denen diese Autorin gewürdigt wurde. Titel wie "Die Tochter des Gobernators", "Ouregano" oder "Vertrauen gegen Vertrauen" erzielen in Frankreich nicht nur hohe Auflagen, sondern sorgten dafür, daß Paule Constant zu den bedeutendsten Gegenwartsautorinnen ihrer Heimat gezählt wird. Die Tochter eines Militärarztes wuchs in mehreren Ländern auf und hat die Vergangenheit Frankreichs als Kolonialmacht immer wieder in ihren Büchern behandelt. Es mag auch an diesem Thema liegen, wenn Paule Constant in Deutschland noch immer nicht so geschätzt wird wie in Frankreich, wo sie an diesem Wochenende ihren sechzigsten Geburtstag feiert.

Paule Constant: "Sex und Geheimnis". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Michael Kleeberg. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2003. 222 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Vielschichtig und spannend findet Rezensent Hubert Spiegel diesen Thriller über ein falsches Todesurteil, das, wie uns der Rezensent wissen lässt, nach einem bestialischen Mädchenmord gefällt wird. Langsam enthülle der Roman, dass der Verurteilte Opfer eines Komplotts geworden sei: als Eindringling aus dem amerikanischen Norden in die Gesellschaft des Südens habe er sterben sollen, damit diese Gesellschaft unbefleckt bleiben könne, aus deren Mitte Spiegel zufolge die wirklichen Täter stammen. Autorin Paule Constant hat für diesen Roman den Menschenrechtspreis von "Amnesty International" bekommen, lesen wir auch. Und es ist gerade die Art, wie subtil die Autorin ihre Argumente gegen die Todesstrafe führt, die das Buch für Spiegel besonders spannend macht.

© Perlentaucher Medien GmbH"