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Die Zentralisierungsbestrebungen der Europäischen Union werden in naher Zukunft den nationalen Parlamenten und in einigen Fällen dem Wahlvolk in Form der EU-Verfassung zur Abstimmung vorgelegt. Der Wähler soll dann über ein Paket an Regeln abstimmen, deren Umfang und Folgen er nur schwer abschätzen kann. Während selbst Regierungen die Folgen europäischer Vertragswerke für ihre nationalen Belange oft mißdeuten, ist der individuelle Bürger überfordert, die Folgen einer derartigen Umverteilung von Kompetenzen auf verschiedene staatliche Ebenen zu beurteilen. Auch dem Parlamentarier ist kaum…mehr

Produktbeschreibung
Die Zentralisierungsbestrebungen der Europäischen Union werden in naher Zukunft den nationalen Parlamenten und in einigen Fällen dem Wahlvolk in Form der EU-Verfassung zur Abstimmung vorgelegt. Der Wähler soll dann über ein Paket an Regeln abstimmen, deren Umfang und Folgen er nur schwer abschätzen kann. Während selbst Regierungen die Folgen europäischer Vertragswerke für ihre nationalen Belange oft mißdeuten, ist der individuelle Bürger überfordert, die Folgen einer derartigen Umverteilung von Kompetenzen auf verschiedene staatliche Ebenen zu beurteilen. Auch dem Parlamentarier ist kaum zuzutrauen, die Komplexität der Wirkungen abzuwägen, um dann zu entscheiden, welche Folgen er als Politiker und Mandatsträger aus der Regeländerung trägt.

Markus Michalke liefert mit der vorliegenden Publikation einen Leitfaden für die Beurteilung eben dieser Fälle. Ausgehend von der Einheit einer Gebietskörperschaft wird die Frage gestellt, welche Formen ein Umverteilungsprozeß annehmen kann. Die Sezession wird hierbei als normaler, lediglich in seiner Konsequenz extremer Fall eines Dezentralisierungsvorgangs begriffen. Die Einordnung verschiedener Formen von Sezessionen in ein Kontinuum von Dezentralisierungsprozessen verschafft Klarheit über die Wirkungen solch staatlicher Regelsetzung. Michalke nutzt hierfür die Instrumente der Neuen Institutionenökonomik, mit deren Hilfe Wirkungen in Kosten- und Nutzenkategorien für den einzelnen erfaßt werden. Er unterscheidet klar zwischen den Interessen der politischen Entscheidungsträger, Bürokraten und Bürger, wobei er stets am einzelnen Bürger als Bezugsgröße festhält.
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.07.2006

Trennung in Nüchternheit
Eine institutionenökonomische Untersuchung der Sezession

Im öffentlichen Bewußtsein wird das Thema Sezession mit Unfrieden und Rechtsverfall verbunden. Schon das friedliche Beispiel der Trennung von Tschechischer Republik und Slowakei 1992 indes müßte einem zu denken geben. Kann eine Sezession nicht auch etwas Legitimes sein? Markus Michalkes Buch über die Sezession als eine Dezentralisierungsform zeigt, daß die Ökonomie zumindest viel zu einer sachlichen Diskussion über dieses Thema beitragen kann.

Der Autor möchte das Phänomen "Sezession" aus institutionenökonomischer Sicht erschließen. Dazu betrachtet er den Sezessionsvorgang als eine besondere Form der Dezentralisierung, das heißt der Rück- oder Einforderung von Verfügungsrechten gegenüber dem Zentralstaat. Es geht sozusagen um die Neuverhandlung eines Kontraktes. In seiner Argumentation geht Michalke dabei in höchst origineller Weise von der Dezentralisierung bei jener hierarchischen Struktur aus, die gemeinhin mit höherer ökonomischer Vernunft verbunden wird als der Staat - nämlich dem Unternehmen. Hier können das "Outsourcing", die Gründung von Tochtergesellschaften oder der Verkauf von Unternehmenssparten als Analogvorgänge gewertet werden. Als theoretisches Gerüst verwendet Michalke die "Principal-Agent-Theorie", die Untersuchung von Beziehungen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber(n) unter den Bedingungen voneinander abweichender Interessen und asymmetrischer Information. Dieser Ansatz läßt sich auch auf staatliche Akteure anwenden - trotz der Schwierigkeit, daß sich die Verfügungsrechte des Bürgers in Staaten nicht so klar definieren lassen wie im Zusammenhang mit Unternehmen. Schließlich geht es hier nicht um absolute, sondern um relative Verfügungsrechte zwischen den jeweiligen Gebietskörperschaften.

Der Ansatz ermöglicht es, die Sezession nicht nur schlicht als Frage zu deuten, ob sich die Zugehörigkeit zum Staatsverband volkswirtschaftlich lohnt oder nicht. Vielmehr erlaubt sie auch die Darstellung von "Agency Costs" und Transaktionskosten in bezug auf verschiedene Optionen der Dezentralisation. Wenn beispielsweise nur eine konföderalistische Sezession stattfinde, so könnten geringere Risiken anfallen. Auf diese Weise macht Michalkes Ansatz deutlich, wie staatliche Kompetenzverteilungen in bezug auf ihre Wertschöpfungspotentiale analysiert werden können.

Die hochabstrakte Argumentation des Buches zielt nicht direkt auf die Lösung tagespolitischer Konflikte. Sie soll vielmehr ein theoretisches Instrumentarium zur Analyse von sezessionsträchtigen Situationen präsentieren. Dennoch dekliniert der Autor seine Ideen am Beispiel Gibraltars einmal praktisch durch - weiterhin zu England oder doch zu Spanien gehörend? Im Kontext der EU? Die Analyse tendiert in Richtung des Bestehenden. Hier beweist die Theorie durchaus ihre Praktikabilität.

Gerade die nüchterne Darstellung durch den Autor zeigt, daß das Thema "Sezession" tatsächlich am besten von seinem Tabustatus befreit werden sollte. Die Sezession ist nach Michalke durchaus eine "übliche" Dezentralisierungsform.

DETMAR DOERING

Liberales Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung, Potsdam

Markus Michalke: Sezession - eine Dezentralisierungsform. Ein Übertragungsversuch institutionenökonomischer Erkenntnisse. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2005, 227 Seiten, 69,80 Euro.

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