An authoritative - and fascinating - investigation into the spatial and social dynamics of cities at a global scale
Shaping Cities in an Urban Age is the third addition to Phaidon's hugely successful Urban Age series, published in collaboration with the London School of Economics (LSE) and the Alfred Herrhausen Gesellschaft (AHG).
Generously illustrated with photographs, visual data, and statistics, and featuring a series of essays written by leading people in their fields, Shaping Cities in an Urban Age addresses our most urgent contemporary and future urban issues by examining a set of key forces that have combined to create the city as we know it today.
From the publisher of The Endless City and Living in the Endless City.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Shaping Cities in an Urban Age is the third addition to Phaidon's hugely successful Urban Age series, published in collaboration with the London School of Economics (LSE) and the Alfred Herrhausen Gesellschaft (AHG).
Generously illustrated with photographs, visual data, and statistics, and featuring a series of essays written by leading people in their fields, Shaping Cities in an Urban Age addresses our most urgent contemporary and future urban issues by examining a set of key forces that have combined to create the city as we know it today.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.01.2019Leben im multiplen Weltdorf
Die Verstädterung hält an, und so erzwingt die Beherrschung von Monstercitys neue Denkansätze: Das Projekt "Urban Age" beschließt seine Untersuchung, wie heute Stadt geht.
Als Walther Ruttmann 1927 die "Sinfonie der Großstadt" auf Zelluloid bannte, wählte er dazu Berlin. Die deutsche Metropole galt ihm als Exempel einer Moderne, in welcher der städtische Tagesablauf bei allem Tempo noch gegliedert, die Differenz von Stadt und Land noch erhalten, das Nacheinander von Arbeit und Muße als Moment sozialer Ordnung kenntlich blieb. Der Film zeigt Dynamik, jedoch kein uferloses Chaos, Urbanität hat hier ein menschliches Gesicht.
Berlin bildet längst nicht mehr den Maßstab. Die Megacitys in Südostasien und Lateinamerika oder der staatliche Hochgeschwindigkeits-Urbanismus in China setzen heute die globalen Standards. Welche Parameter das im Einzelnen sind, dieser Frage gehen die London School of Economics und die Alfred Herrhausen Gesellschaft seit fünfzehn Jahren im Projekt "Urban Age" nach. Als eine Art Mastermind fungiert dabei der britische Architekt und Stadtplaner Richard Burdett, der auch die Architekturbiennale in Venedig 2006 kuratierte. Nun hat er, zusammen mit Philipp Rode, den dritten und abschließenden Band der Großuntersuchung vorgelegt: "Shaping Cities in an Urban Age".
Die Herausgeber docken in vierzig Weltstädten an, um die vielschichtige Urbanität vor Ort - die physische Gestalt ebenso wie die soziale Welt - zu analysieren: São Paulo, Mexiko und New York, London, Berlin oder Istanbul, auch in Lagos, Nairobi und Johannesburg, schließlich Delhi, Bangkok, Hongkong, Schanghai, Tokio. Auf der Basis empirischer Daten wollen sie Städte gleichsam miteinander ins Gespräch kommen und voneinander lernen lassen. Um eine gewisse Vergleichbarkeit zu gewährleisten, dienen ihnen als Schlüsselfaktoren die Kategorien Arbeitsmarkt, Verkehrsnetz, Wohnungsbau, soziale Schichtungen, Ethnien, öffentlicher und privater Raum. Konsequenterweise wird auch die Frage nach dem Ausstoß der Metropolen gestellt; gemeint sind nicht bloß wirtschaftliche Güter und Dienstleistungen, sondern auch Emissionen, Wärme, Dreck und Müll - mit Auswirkungen auf die Lebensqualität der Einwohner.
Eine Datenflut, die gebändigt werden muss. Dem Buch gelingt es, kraft seiner grafischen und visuellen Gestaltung, eine sinnliche Botschaft zu transportieren. Eine wechselnde Montage von Daten, Zahlen, Bildern und verdichteten Kernaussagen, die Auswahl der Fotos, mal hautnah, mal distanzierte Vogelperspektive: damit soll Urbanität und globale Verstädterung einmal anders buchstabiert - und in seiner unbedingten Relevanz auch dem Laien angedient - werden. Denn die "endlose Stadt" unserer heutigen Weltgesellschaft stellt ja nur auf den ersten Blick eine Kakophonie dar, ein Zerrbild dessen, was in Mitteleuropa beschworen und verteidigt wird. Tatsächlich gibt sie besondere Antworten auf allgemeinere Fragen nach Identität. Das ist unbedingt der Erkundung wert.
Drei Dutzend Essays verteilen sich auf fünf Kapitel mit suggestiven Überschriften - "Emergenz", "Macht", "Unsicherheit", "Einschränkungen" und "Intervention". Anhand von Singapur exemplifiziert Kees Christiaanse, wie Großprojekte als Motoren der Entwicklung zu verstehen sind; Deyan Sudjic erklärt beredt die Akzeleration des Wandels; Bruce Katz legt dar, was es mit einem "neuen Lokalismus" auf sich hat. Doch den Anspruch, sich abseits der ausgetrampelten Pfade zu bewegen, vermögen auch die Aufsätze bekannter Autoren - Richard Sennett, Carlo Ratti, Alejandro Aravana, Saskia Sassen, um nur einige weitere zu nennen - nur bedingt einzulösen. Gleichwohl lohnt der Blick auf die thematische Bündelung.
Statt auf eine neue Theorie, die ohnehin nur schwer zu formulieren wäre, setzen die Autoren eher auf ein neues Vokabular; zum Beispiel den Begriff "Cityness". Gemeint ist damit folgendes: Urbane Agglomerationen werden häufig als etwas wahrgenommen, dem es an Qualität und Sinnlichkeit dessen mangelt, was wir als Stadt assoziieren. Gemessen daran, erscheint "Urbanität" als ein zu aufgeladener Begriff - geprägt von einem westlichen Lebensstil und Kosmopolitismus, der in einem bestimmten Bild vom öffentlichen Raum seinen Niederschlag findet.
"Cityness" rückt die Möglichkeit in den Blick, dass es Arten von Stadtleben gibt, die nicht in das Korsett einer urbanen Entwicklung aus dem Humus hiesiger Zivilisationsvorstellungen passen. Wenn aus einer Autobahnabfahrt, die auf einer Kuhweide endet, nach wenigen Monaten ein Schrottplatz wird und darauf flugs eine Favela folgt: Dann heißt es, in und mit einer brüchigen Stadt leben zu lernen, die unvollendet bleibt, die eher Bilder der Hoffnungslosigkeit als der Verlockung bietet.
Mehrheitlich nehmen die Autoren Bezug auf jene Trends, die dazu führen, dass Städte stärker fragmentieren, soziale Ungerechtigkeiten zunehmen und mehr Umweltschäden entstehen. Wenig überraschend, dass es vielerlei Querbezüge gibt, zumal der Anspruch der Interdisziplinarität dominant ist. Ob nun Mexiko, Lagos oder Bombay: Die Agglomeration erweist sich als ein fraktales Gebilde, bestehend aus einer Vielzahl semiautonomer Stadtbezirke, die auf der Mikroebene wie multiple Dörfer organisiert sind und im großen Maßstab ein so erregendes wie abstoßendes Chaos erzeugen.
Kein Wunder, wenn die megalomane Stadt der Dritten Welt mitunter als "Krankenhaus der Nation" bezeichnet wird. Freilich haben diese Metropolen die Kassandrarufe überlebt, ihr ambivalentes Image indes kultiviert. Nach wie vor gilt: In der Stadt hungert es sich besser. Und tatsächlich weisen selbst die schlimmsten Monsterstädte ein Mindestmaß an Infrastruktur und - vor allem - an Attraktivität auf, selbst wenn nur ein geringer Teil der Zuwanderer in deren Genuss kommt. Doch ihr sichtbares Vorhandensein stimuliert eine prospektive Erwartung.
Jede Metropole ist ein Sonderfall, jede wirbt um finanzkräftige Investoren. Städte können Erfahrungen austauschen und Netzwerke aufbauen, aber ob sie aus den Erfahrungen der anderen auch etwas lernen? Lernerfolge hängen immer auch von der Überzeugungskraft von Vorbildern ab. Welches Städtebaukonzept, welche Ethik könnten eine solche Rolle übernehmen? Methoden und Erkenntnisse des vorliegenden Buches unterstreichen, dass bisher wenig bekannte - oder ignorierte - Dimensionen der Verstädterung und der globalen Kapitalströme dazu zwingen, die "City" als Brennpunkt gesellschaftlicher Transformation neu zu definieren.
ROBERT KALTENBRUNNER
"Shaping Cities in an Urban Age". Hrsg. von Ricky Burdett und Philipp Rode.
Phaidon Verlag,
London 2018. 448 S., Abb., geb., 59,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Verstädterung hält an, und so erzwingt die Beherrschung von Monstercitys neue Denkansätze: Das Projekt "Urban Age" beschließt seine Untersuchung, wie heute Stadt geht.
Als Walther Ruttmann 1927 die "Sinfonie der Großstadt" auf Zelluloid bannte, wählte er dazu Berlin. Die deutsche Metropole galt ihm als Exempel einer Moderne, in welcher der städtische Tagesablauf bei allem Tempo noch gegliedert, die Differenz von Stadt und Land noch erhalten, das Nacheinander von Arbeit und Muße als Moment sozialer Ordnung kenntlich blieb. Der Film zeigt Dynamik, jedoch kein uferloses Chaos, Urbanität hat hier ein menschliches Gesicht.
Berlin bildet längst nicht mehr den Maßstab. Die Megacitys in Südostasien und Lateinamerika oder der staatliche Hochgeschwindigkeits-Urbanismus in China setzen heute die globalen Standards. Welche Parameter das im Einzelnen sind, dieser Frage gehen die London School of Economics und die Alfred Herrhausen Gesellschaft seit fünfzehn Jahren im Projekt "Urban Age" nach. Als eine Art Mastermind fungiert dabei der britische Architekt und Stadtplaner Richard Burdett, der auch die Architekturbiennale in Venedig 2006 kuratierte. Nun hat er, zusammen mit Philipp Rode, den dritten und abschließenden Band der Großuntersuchung vorgelegt: "Shaping Cities in an Urban Age".
Die Herausgeber docken in vierzig Weltstädten an, um die vielschichtige Urbanität vor Ort - die physische Gestalt ebenso wie die soziale Welt - zu analysieren: São Paulo, Mexiko und New York, London, Berlin oder Istanbul, auch in Lagos, Nairobi und Johannesburg, schließlich Delhi, Bangkok, Hongkong, Schanghai, Tokio. Auf der Basis empirischer Daten wollen sie Städte gleichsam miteinander ins Gespräch kommen und voneinander lernen lassen. Um eine gewisse Vergleichbarkeit zu gewährleisten, dienen ihnen als Schlüsselfaktoren die Kategorien Arbeitsmarkt, Verkehrsnetz, Wohnungsbau, soziale Schichtungen, Ethnien, öffentlicher und privater Raum. Konsequenterweise wird auch die Frage nach dem Ausstoß der Metropolen gestellt; gemeint sind nicht bloß wirtschaftliche Güter und Dienstleistungen, sondern auch Emissionen, Wärme, Dreck und Müll - mit Auswirkungen auf die Lebensqualität der Einwohner.
Eine Datenflut, die gebändigt werden muss. Dem Buch gelingt es, kraft seiner grafischen und visuellen Gestaltung, eine sinnliche Botschaft zu transportieren. Eine wechselnde Montage von Daten, Zahlen, Bildern und verdichteten Kernaussagen, die Auswahl der Fotos, mal hautnah, mal distanzierte Vogelperspektive: damit soll Urbanität und globale Verstädterung einmal anders buchstabiert - und in seiner unbedingten Relevanz auch dem Laien angedient - werden. Denn die "endlose Stadt" unserer heutigen Weltgesellschaft stellt ja nur auf den ersten Blick eine Kakophonie dar, ein Zerrbild dessen, was in Mitteleuropa beschworen und verteidigt wird. Tatsächlich gibt sie besondere Antworten auf allgemeinere Fragen nach Identität. Das ist unbedingt der Erkundung wert.
Drei Dutzend Essays verteilen sich auf fünf Kapitel mit suggestiven Überschriften - "Emergenz", "Macht", "Unsicherheit", "Einschränkungen" und "Intervention". Anhand von Singapur exemplifiziert Kees Christiaanse, wie Großprojekte als Motoren der Entwicklung zu verstehen sind; Deyan Sudjic erklärt beredt die Akzeleration des Wandels; Bruce Katz legt dar, was es mit einem "neuen Lokalismus" auf sich hat. Doch den Anspruch, sich abseits der ausgetrampelten Pfade zu bewegen, vermögen auch die Aufsätze bekannter Autoren - Richard Sennett, Carlo Ratti, Alejandro Aravana, Saskia Sassen, um nur einige weitere zu nennen - nur bedingt einzulösen. Gleichwohl lohnt der Blick auf die thematische Bündelung.
Statt auf eine neue Theorie, die ohnehin nur schwer zu formulieren wäre, setzen die Autoren eher auf ein neues Vokabular; zum Beispiel den Begriff "Cityness". Gemeint ist damit folgendes: Urbane Agglomerationen werden häufig als etwas wahrgenommen, dem es an Qualität und Sinnlichkeit dessen mangelt, was wir als Stadt assoziieren. Gemessen daran, erscheint "Urbanität" als ein zu aufgeladener Begriff - geprägt von einem westlichen Lebensstil und Kosmopolitismus, der in einem bestimmten Bild vom öffentlichen Raum seinen Niederschlag findet.
"Cityness" rückt die Möglichkeit in den Blick, dass es Arten von Stadtleben gibt, die nicht in das Korsett einer urbanen Entwicklung aus dem Humus hiesiger Zivilisationsvorstellungen passen. Wenn aus einer Autobahnabfahrt, die auf einer Kuhweide endet, nach wenigen Monaten ein Schrottplatz wird und darauf flugs eine Favela folgt: Dann heißt es, in und mit einer brüchigen Stadt leben zu lernen, die unvollendet bleibt, die eher Bilder der Hoffnungslosigkeit als der Verlockung bietet.
Mehrheitlich nehmen die Autoren Bezug auf jene Trends, die dazu führen, dass Städte stärker fragmentieren, soziale Ungerechtigkeiten zunehmen und mehr Umweltschäden entstehen. Wenig überraschend, dass es vielerlei Querbezüge gibt, zumal der Anspruch der Interdisziplinarität dominant ist. Ob nun Mexiko, Lagos oder Bombay: Die Agglomeration erweist sich als ein fraktales Gebilde, bestehend aus einer Vielzahl semiautonomer Stadtbezirke, die auf der Mikroebene wie multiple Dörfer organisiert sind und im großen Maßstab ein so erregendes wie abstoßendes Chaos erzeugen.
Kein Wunder, wenn die megalomane Stadt der Dritten Welt mitunter als "Krankenhaus der Nation" bezeichnet wird. Freilich haben diese Metropolen die Kassandrarufe überlebt, ihr ambivalentes Image indes kultiviert. Nach wie vor gilt: In der Stadt hungert es sich besser. Und tatsächlich weisen selbst die schlimmsten Monsterstädte ein Mindestmaß an Infrastruktur und - vor allem - an Attraktivität auf, selbst wenn nur ein geringer Teil der Zuwanderer in deren Genuss kommt. Doch ihr sichtbares Vorhandensein stimuliert eine prospektive Erwartung.
Jede Metropole ist ein Sonderfall, jede wirbt um finanzkräftige Investoren. Städte können Erfahrungen austauschen und Netzwerke aufbauen, aber ob sie aus den Erfahrungen der anderen auch etwas lernen? Lernerfolge hängen immer auch von der Überzeugungskraft von Vorbildern ab. Welches Städtebaukonzept, welche Ethik könnten eine solche Rolle übernehmen? Methoden und Erkenntnisse des vorliegenden Buches unterstreichen, dass bisher wenig bekannte - oder ignorierte - Dimensionen der Verstädterung und der globalen Kapitalströme dazu zwingen, die "City" als Brennpunkt gesellschaftlicher Transformation neu zu definieren.
ROBERT KALTENBRUNNER
"Shaping Cities in an Urban Age". Hrsg. von Ricky Burdett und Philipp Rode.
Phaidon Verlag,
London 2018. 448 S., Abb., geb., 59,95 [Euro].
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