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Der Weltpolitiker Shimon Peres gehört zu den außergewöhnlichsten und kontroversesten Figuren des Zeitgeschehens: Der »ewige Politiker« prägte das zionistische Projekt sowie die israelische Politik und Geschichte seit den 1950er Jahren bis heute wie kein anderer. Ebenso souverän wie scharfsinnig schildert und deutet die Autorin ein scheinbar widersprüchliches Leben: Der Friedensnobelpreisträger ist zugleich Vater der israelischen Atomstreitmacht; der Zivilpolitiker prägte das militarisierte Israel; der »Mann des Friedens« steht für Israels Tragik der Friedensunfähigkeit. Peres' politischer…mehr

Produktbeschreibung
Der Weltpolitiker Shimon Peres gehört zu den außergewöhnlichsten und kontroversesten Figuren des Zeitgeschehens: Der »ewige Politiker« prägte das zionistische Projekt sowie die israelische Politik und Geschichte seit den 1950er Jahren bis heute wie kein anderer. Ebenso souverän wie scharfsinnig schildert und deutet die Autorin ein scheinbar widersprüchliches Leben: Der Friedensnobelpreisträger ist zugleich Vater der israelischen Atomstreitmacht; der Zivilpolitiker prägte das militarisierte Israel; der »Mann des Friedens« steht für Israels Tragik der Friedensunfähigkeit. Peres' politischer Werdegang erzählt die Geschichte der Durchsetzung des Zionismus und gleichzeitig seines Scheiterns; er verkörpert das politische Ringen um Sicherheit und Legitimität, verrät aber ein Israel, das eine politische Lösung mit den Palästinensern längst aufgegeben hat. Auf der Grundlage auch kaum bekannter Quellen wirft diese intellektuelle Biographie ein neues Licht auf die politische Kultur Israels und auf einen der schwierigsten Konflikte des 20. und 21. Jahrhunderts.
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Autorenporträt
Dr. phil. Tamar Amar-Dahl, geboren 1968, israelisch-deutsche Historikerin. Militärdienst in Israel. Studium der Geschichte und Philosophie in Tel Aviv, Hamburg und München. Seit 2009 Dozentin an der Humboldt-Universität Berlin, seit 2011 an der Freien Universität Berlin. 2012/2013 Junior-Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.08.2010

Militärisch
Israel und Shimon Peres

"Der den Frieden in seinen Himmelshöhen stiftet, stifte Frieden unter uns und ganz Israel." Mit dem Kaddisch-Gebet begann Staatspräsident Peres seine historische Rede am 27. Januar 2010 im Deutschen Bundestag. Das entsprach ganz dem Bild vom Friedenspolitiker, das man insbesondere in Deutschland vom 86 jährigen, dienstältesten Politiker Israels hat. Tamar Amar-Dahl will nun dieses Bild zerstören. Das hat wohl auch etwas mit ihrer Vita zu tun: 1968 als Tochter eines aus Marokko eingewanderten Rabbiners in Israel geboren, dort sozialisiert, mit zwei Jahren Wehrdienst et cetera. Als sephardische - orientalische - Jüdin konnte sie mit dem Holocaust als israelisches Staatsverständnis wenig anfangen, ging 1996 in das Land der "Täter", erhielt einen deutschen Pass und gab 2006 ihren israelischen ab. Ihr missfällt die Politik Israels vom ersten Tag der Existenz dieses Staates. Mitverantwortlich und an vorderster Front Shimon Peres - mit dem die Autorin allerdings nicht gesprochen hat.

Was war Peres nicht alles? 1923 im damaligen Ost-Polen geboren, seit 1935 in Palästina, "rechte Hand" von "Gründungsvater" Ben Gurion, 1953 bis 1959 Generaldirektor im Verteidigungsministerium, mehrmals Minister, dreimal Ministerpräsident, langjähriger Vorsitzender der Arbeiterpartei, von 1959 bis 2007 Mitglied des israelischen Parlaments, seither Staatspräsident. Das Buch von Frau Amar-Dahl ist eine Dissertation, die sich - eher ungewöhnlich - ausschließlich auf veröffentlichtes Material stützt. Es ist auch eine Geschichte des Nahost Konflikts, deren "harte Realität" Peres mitgestaltet hat durch - wie die Autorin betont - "Landeroberung, Landenteignung und Besiedlung". Peres habe den "maximalistisch-separatistischen Zionismus verinnerlicht". Wer von der "umfassenden Feindseligkeit der arabischen Welt Israel gegenüber" spreche (so Peres 1978), der habe ein Konfliktverständnis, das "Annäherungsversuche schlechterdings unmöglich macht". Wobei die Autorin nicht die Frage nach der konkret vorhandenen "Feindseligkeit" stellt. Als ob es die nicht gegeben habe beziehungsweise nicht gebe! Die Palästinenser wurden demnach von Peres lange Zeit als Feinde und als Sicherheitsproblem gesehen. In manchen Punkten hat Frau Amar-Dahl natürlich recht. Israels Politik ist kein Sonntagsspaziergang, die Gesellschaft ist vielfach militärisch, vielleicht sogar militaristisch orientiert. Aber war die politische Führung 1967 etwa wirklich "trostlos, unfähig und dazu auch unverantwortlich", wie die Autorin behauptet? Sie lässt jedenfalls an ihrem "Helden", dem Architekten des Oslo-Friedensprozesses 1993, kein gutes Haar. Für sie ist er kein Friedenspolitiker, sondern ein Nationalist. Im Falle Israel heißt das ein extremer Zionist, ein Mann von "Undurchsichtigkeit und Unnahbarkeit", mit der Tendenz, "sich jeder beliebigen Koalition anzuschließen", der nicht hinter der Zwei-Staaten-Lösung steht, der die Siedlungspolitik unterstützt und ganz Palästina als das Land des jüdischen Volkes sieht. Ein Urteil, das durch wirkliche Quellenarbeit wohl erst noch überprüft werden muss.

ROLF STEININGER

Tamar Amar-Dahl: Shimon Peres. Friedenspolitiker und Nationalist. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2010. 471 S., 39,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Hans Mommsen staunt, wie kritisch, bei allem Respekt gegenüber dem Lebenswerk des israelischen Staatspräsidenten, die Autorin mit Shimon Peres verfährt. In Peres' Strategie, Sicherheitsentscheidungen zu entpolitisieren und einer gesellschaftlichen Diskussion zu entziehen, erkennt Tamar Amar-Dahl nach eingehender Analyse einen Grund für Israels Friedensunfähigkeit, wie Mommsen darstellt. Die Anerkennung des Rezensenten für diese Biografie beruht allerdings auch auf dem umfassenden Bild der politischer Karriere von Shimon Peres und seiner Positionen hinsichtlich der palästinensischen Frage, das Amar-Dahl hier materialreich mit Schriften, Interviews, Reden etc. entwirft.

© Perlentaucher Medien GmbH