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In Shipbreak wird Ende der 90er ein amerikanisches Handelsschiff nach seiner letzten Reise in Bangladesch verschrottet und rezykliert. Es ist die Geschichte eines Frachters, der, an seiner endgültigen Destination angekommen, für eine Reihe von Menschen zum Prüfstein wird: für die amerikanischen Schiffsbauer, die ihn in den frühen 60er bauten, für die Seeleute, die vierzig Jahre lang auf ihm arbeiteten und für die Schiffsverschrotter in Bangladesch, die ihn hauptsächlich von Hand in seine Einzelteile zerlegten. Aber auch für die vielen Menschen im Deltabereich, die aus dem Metall, den…mehr

Produktbeschreibung
In Shipbreak wird Ende der 90er ein amerikanisches Handelsschiff nach seiner letzten Reise in Bangladesch verschrottet und rezykliert. Es ist die Geschichte eines Frachters, der, an seiner endgültigen Destination angekommen, für eine Reihe von Menschen zum Prüfstein wird: für die amerikanischen Schiffsbauer, die ihn in den frühen 60er bauten, für die Seeleute, die vierzig Jahre lang auf ihm arbeiteten und für die Schiffsverschrotter in Bangladesch, die ihn hauptsächlich von Hand in seine Einzelteile zerlegten. Aber auch für die vielen Menschen im Deltabereich, die aus dem Metall, den Schrauben, Ketten und Drähten des zerlegten Frachters ein Meer von Alltagsgegenständen herstellen - es ist ihr Versuch, an der Wirtschaft teilzunehmen, ihr Beitrag an die Infrastruktur des Landes. Shipbreak beschreibt, wie ein Schiff, ganzheitlich betrachtet, vor allem eines sein kann: Existenzgrundlage. Für jene, die an den Entwürfen und am Bau mitwirken, für jene, die es über die Weltmeere begleiten und für jene, die es am Ende auseinandernehmen und weiterverarbeiten. Alles Menschen, die im Grunde nichts miteinander zu tun haben und doch plötzlich durch etwas Grossartiges miteinander verbunden sind: das Handelsschiff als Quelle ihres Lebensunterhalts. Reproduktionen der Schiffsentwürfe, Aufnahmen der Instandsetzung und Bilder der Verschrottung und der daraus resultierten Recycle-Objekte erzählen in Shipbreak das Leben dieses amerikanischen Handelsschiffs. Ein Schiff, das vierzig Jahre lang auf hoher See war und heute in Form von Schaufel, Schere, Trommelstock, Mörser und Shiva-Skulptur weiterlebt. (Claudio Cambon)
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Es fährt ein Schiff nach Nirgendwo

Ein wunderbares Buch! Vordergründig geht es um die letzte Reise eines in die Jahre gekommenen Frachters vom Mississippi-Delta nach Bangla Desh, wo er verschrottet werden soll. In Wahrheit aber haben wir vor uns: ein Technik-Seminar, eine Seemanns- und Drittwelt-Soziologie und eine fast schon existentialistische Abenteuerfahrt in bester Joseph-Conrad-Tradition. Der Autor und Fotograf Claudio Cambon, Jahrgang 1967, schlüpft in Conrads Maske und erkundet so die Welt sowie sich selbst. Das Erstaunliche ist dabei seine Doppelbegabung. Denn einerseits dokumentiert er in souveräner Schwarzweißfotografie die Geschichte der "SS Minole", die einst ein Öltanker war, am Ende aber, aus Sicherheitsgründen, nur noch Getreide transportieren durfte, indem er liebevoll die Details ihrer Architektur zeigt, die heute, im Zeitalter eines vollendeten Funktionalismus, undenkbar wären, und konfrontiert sie mit den hart-melancholischen Gesichtern der Menschen, die über Jahrzehnte auf dem Schiff lebten. Andererseits beschreibt er mit den Mitteln einer klaren, klassischen Prosa die letzte Reise, die in vielem verblüffend ist. Im Südatlantik etwa begegnet das Schiff viele Tage lang nichts und niemandem, weil die meisten Schiffe, die nach Asien wollen, sich für die Suez-Route entscheiden. Die Ohren werden dabei immer feiner. Selbst als Leser beginnt man irhgendwann die Geräusche des Meers und des Windes zu hören und ansonsten bloß, wie sehr das Schiff ächzt. Die Seeleute sind keine verschworene Gemeinschaft, sondern eine Armee der Einsamen. Jeder zieht sich nach getaner Arbeit in seine Kajüte zurück, seiner ureigenen Wehmut, Verzweiflung und Sehnsucht ausgeliefert. Alles endet am Strand von Bangla Desh. Scheinbar stirbt das Schiff, tatsächlich aber wird es in emsiger Handarbeit in kleinste Einzelteile zerlegt. Aus dem Schrott entsteht neues Leben: eine ganz eigene Art der Subsistenzwirtschaft. Auch das führt Cambon vor: in düsteren Bildern und karger Sprache. Eindrucksvoll!

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"Shipbreak" von Claudio Cambon. Edition Patrick Frey, Zürich 2015. 168 Seiten, 99 Abbildungen. Gebunden, 46 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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