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Indien ist verrückt, faszinierend, manchmal heuchlerisch, manchmal einfach nur grell und banal, dann wieder überfordernd tiefsinnig. Wer sich auf den Subkontinent einlässt, wird viele indische Identitäten finden, dabei Mittelalter und gleich daneben Moderne erfahren. Karin Steinberger hat miterlebt, wie sich Heilige mit der Asche Toter beschmieren, wie sich Babas als Zeichen ihres Glaubens schwere Gewichte an die Penisse hängen, wie sich Menschen millionenfach an den Ganges aufmachen, um ein paar Tropfen Unsterblichkeit zu ergattern. Sie ist mit Bauern auf ihre staubigen Felder gegangen, von…mehr

Produktbeschreibung
Indien ist verrückt, faszinierend, manchmal heuchlerisch, manchmal einfach nur grell und banal, dann wieder überfordernd tiefsinnig. Wer sich auf den Subkontinent einlässt, wird viele indische Identitäten finden, dabei Mittelalter und gleich daneben Moderne erfahren. Karin Steinberger hat miterlebt, wie sich Heilige mit der Asche Toter beschmieren, wie sich Babas als Zeichen ihres Glaubens schwere Gewichte an die Penisse hängen, wie sich Menschen millionenfach an den Ganges aufmachen, um ein paar Tropfen Unsterblichkeit zu ergattern. Sie ist mit Bauern auf ihre staubigen Felder gegangen, von denen sie nicht leben können, hat Frauen zugehört, die von schlagenden Ehemännern berichteten, und Bräuten, die von ihren Eltern verschachert worden sind. Sie hat aber auch Professoren getroffen, die für die Bildung der Frauen eintreten, und Dorfbewohner besucht, deren Leben sich durch einen Computer mit Internetanschluss grundlegend gebessert hat. Die Indienkennerin Karin Steinberger interessieren in ihren preisgekrönten Reportagen vor allem die Alltagsgeschichten der Menschen in Indien, die jedoch immer die große Politik im Kleinen widerspiegeln.
Autorenporträt
Karin Steinberger, geboren 1967 in Gräfelfing bei München, studierte vor ihrer Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München Komparatistik und Sinologie. Seit 1998 arbeitet sie für die »Süddeutsche Zeitung«, zunächst als Redakteurin in der Feuilletonbeilage »SZ am Wochenende«, dann als Reporterin des Reportage-Ressorts »Seite 3«. Ende 1999 war sie gerade in Bangladesch, als ein Zyklon den indischen Bundesstaat Orissa zerstörte; das war die erste Begegnung, auf die zahllose andere folgten. 2003 wurde sie vom indischen Kulturrat mit dem Gisela-Bonn-Preis für ihre Indienreportagen ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.01.2008

Die Asche der Toten
Von SZ-Autoren: Karin Steinbergers „Indische Identitäten”
Indien ist verrückt, faszinierend, manchmal heuchlerisch, manchmal einfach nur grell und banal, dann wieder überfordernd tiefsinnig. Bollywood, Kashmirkrieg, Hindu-Fanatiker und heilige Männer. Ein Land, so komplex, dass man es nur im Kleinen fassen kann.
Auf ihren Reisen durch den Subkontinent hat SZ-Redakteurin Karin Steinberger heilige Männer getroffen, die sich jeden Morgen in der Asche von Toten wälzen, sie hat sich mit Millionen Hindus an den Ganges aufgemacht, um ein paar Tropfen Unsterblichkeit zu erlangen. Sie ist mit Bauern auf staubige Felder gegangen, von denen diese nicht leben können, hat Frauen getroffen, die von schlagenden Ehemännern zu berichten wussten, und Bräute, die von ihren Eltern verschachert worden sind. Sie hat die geschundenen Elefanten Delhis besucht, hat sich die mit Hornhaut überzogenen Füße der letzten Rikschawallas Kalkuttas angesehen und hat miterlebt, wie auf dem größten Schiffsfriedhof der Welt Tanker auseinandergenommen und zerlegt werden – bis sie verschwinden. 17 Reportagen aus einem Land, in dem alles möglich ist. SZ
KARIN STEINBERGER: Shiva und die falschen Babas. Indische Identitäten. Picus Verlag, Wien 2007. 152 Seiten, 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.2008

Aufbruchstimmung im Schwellenland

Die Journalistin Karin Steinberger, deren Meinung nach es keinen schöneren, aber auch keinen traurigeren Ort gebe als Indien, zeichnet den Subkontinent in facettenreichen Reportagen als Land der Gegensätze zwischen Askese und IT-Zukunftsland, Elendsvierteln und virtuellen Welten, Religiosität und Fortschrittsglaube, Mythos und Moderne. Die Autorin interessieren Spannungsverhältnisse und Phänomene wie Kastendenken und Globalisierung, kosmopolitische Tendenzen und traditionsverhaftete patriarchalische Strukturen. So wird in "Eine Frage des Preises" die ruinöse Praxis der Mitgiftzahlung am oft zitierten Beispiel der Inderin Nisha Sharma, die sich gegen eine arrangierte Hochzeit zur Wehr setzte, thematisiert. Kontrapunktisch hierzu steht angesichts des Matriarchats der Khasi im äußersten Nordosten Indiens eine leise ironische Recherche zur "womöglich einzigen Männer-Emanzipationsbewegung der Welt". Neben Geschlechterbeziehungen geht der Band auch religiösen Konfliktlinien nach: "Tempel des Zorns" erzählt von der von fanatischen Hindus in Ayodhya 1992 zerstörten Babri-Moschee, an deren Stelle den Agitatoren zufolge zuvor ein Hindu-Tempel gestanden hatte, der nach ihrem Wunsch wiedererrichtet werden soll. In dem atmosphärisch dichten Indien-Kaleidoskop berichtet Steinberger von Konservatismus und Korruption, aber auch von Aufbruchsstimmung und Vitalität des Schwellenlands. In ihren gerade im Alltagsdetail für den gesellschaftlichen Status quo aufschlussreichen Notizen porträtiert die Autorin Profiteure des Aufschwungs ebenso wie im Windschatten der Moderne zurückgebliebene Globalisierungsverlierer, skizziert sie pittoreske Anachronismen wie Rikschafahrer in Kalkutta oder Stilleben am Ganges wie den "täglichen spirituellen Zirkus" von Varanasi. Der heilige Fluss der Inder, in rituellen Pilgerreisen verehrt und verunreinigt durch Industrieabwässer, durchzieht mit seinen lebensspendenden und unheilbringenden Attributen leitmotivisch Steinbergers Buch. Die Grenzen des Wachstums und Kehrseite des Wirtschaftsstandorts Indien bezeugen die Ganges-Erzählung "Der Göttin beflecktes Antlitz" oder die bewegende Reportage "Die Nacht, in der die Vögel vom Himmel fielen" über die Giftgaskatastrophe von Bhopal 1984. Leider werden die zahlreichen, der indischen Mythologie entnommenen Fachtermini in keinem Glossar erläutert.

sg

"Shiva und die falschen Babas. Indische Identitäten" von Karin Steinberger. Picus Reportagen. Picus Verlag, Wien 2007. 152 Seiten. Gebunden, 14,90 Euro.

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