Auch wenn Julia, die Protagonistin in “Short” tatsächlich zu kurz für ihr Alter geraten ist, so ist es doch in erster Linie der Umstand, dass sie für nichts ein besonderes Talent aufweist – beziehungsweise in der Vergangenheit kein Durchhaltevermögen hatte, um Ballett oder Klavierspielen zu lernen –
unter dem sie leidet. Als ihr jüngerer Bruder Randy in den Sommerferien für eine Inszenierung des…mehrAuch wenn Julia, die Protagonistin in “Short” tatsächlich zu kurz für ihr Alter geraten ist, so ist es doch in erster Linie der Umstand, dass sie für nichts ein besonderes Talent aufweist – beziehungsweise in der Vergangenheit kein Durchhaltevermögen hatte, um Ballett oder Klavierspielen zu lernen – unter dem sie leidet. Als ihr jüngerer Bruder Randy in den Sommerferien für eine Inszenierung des Zauberers von Oz vorsingen will, ermutigt ihre Mutter Julia dazu ebenfalls für eine Rolle vorzusprechen. Und… welch ein Wunder! Julia wird nicht nur für das Stück engagiert, sie wächst in diesem Sommer weit über sich hinaus.
Die ersten Kapitel hatte ich noch meine Schwierigkeiten mit dieser Geschichte. Warum auch immer hatte ich nach der Kurzbeschreibung eine etwas ältere Protagonistin erwartet und muss mich zunächst darauf einstellen, dass die Handlung aus der Perspektive einer ungefähr Zehnjährigen erzählt wird. Zudem ist Julia ziemlich sprunghaft in ihren Gedanken und Ausführungen, diesen Schreibstil muss man mögen, um Gefallen an “Short” zu finden. Dazu kommt noch, dass Julia extrem unter ihrer Mittelmäßigkeit leidet und ab einem bestimmten Punkt in der Geschichte versucht eine Sonderrolle auszufüllen. Würde sie sich nicht teilweise selbstkritisch hinterfragen und ihren egoistischen Standpunkt erkennen, hätte dies beim Lesen schnell in Antipathie umschlagen können. So kann man sich jedoch gut in ein kleines Mädchen hineinversetzen, dass dank der Provinzinszenierung eines Klassikers endlich die Chance hat gesehen zu werden, und erkennt sich in manchen Punkten vielleicht selbst wieder.
Das soll aber nicht heißen, dass Julia aneckt beim Leser. Gleich zu Beginn sammelt sie Sympathiepunkte, als sie über den Verlust ihres geliebten Hundes Ramon berichtet und herrlich verschroben ist es, als sie beginnt sich ein Erinnerungsalbum ähnlich einem Tagebuch anzulegen.
Man kann aber nur schwer den Finger darauf legen, welche Altersgruppe an Lesern Julia tatsächlich anspricht. Für Leser ihrer Altersgruppe spricht sie oftmals zu altklug und denkt recht erwachsen, für erwachsene Leser ist sie jedoch noch zu kindlich.
Julias Familie kommt in der Geschichte zwar etwas kurz, dafür lernt man andere Personen gut kennen, die Julia über das Theater kennenlernt. Beispielsweise ihre Nachbarin Mrs Chang, die früher fürs Theater gearbeitet hat und nun anbietet für den Zauberer von Oz die Kostüme zu schneidern. Oder die kleinwüchsige Schaupielerin Olive, mit der Julia sich anfreundet, sowie den Intendanten des Stücks Shawn Bar, der etwas in Julia sieht, bevor sie sich selbst über ihr Talent klar wird.
Auch wenn man sowohl mit dem Schreibstil als auch mit der ungewöhnlichen Protagonistin erst warm werden muss, so ist “Short” dennoch ein herzlicher Roman, der zum einen den Zauber der Bühne zum Leben erweckt, als auch dem Leser mit auf den Weg gibt, dass in jedem von uns versteckte Talente schlummern, die nur entdeckt werden müssen. Wer denkt, dass er nur mittelmäßig ist, hat vielleicht seine Bestimmung nur noch nicht entdeckt.