Die Jakuten haben recht, wenn sie sagen: "Nur an der Lena wirst du ganz du selbst!" Ich bin ein wahres Glückskind, denn es war mir im Leben vergönnt, mein "gelobtes Land" auf unserem Erdball zu finden. An seinem mächtigsten und schönsten Fluß, der Lena, einem von 23000 großen und kleineren Flüssen, habe ich acht Jahre gelebt. Mein "gelobtes Land" liegt - um eine alte russische Redensart zu verwenden - "hinter drei mal neun Erden", und obwohl seine geographischen Koordinaten seit dem vorigen Jahrhundert genauestens bekannt sind und uns alle modernen Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen, ist es durchaus nicht jedermann zugänglich. Auf der Karte Rußlands bildet es im Nordosten einen ausgedehnten Fleck, der von Süd nach Nord 2500 und von West nach Ost 2000 Kilometer mißt. Dieses Land, allgemein Jakutien, von den Jakuten selbst aber Sacha genannt, umfaßt ein Gebiet von drei Millionen Quadratkilometern. Naturforscher haben der mächtigen Lena viele Bücher gewidmet, doch kein einziges kann das Erlebnis einer Reise auf ihr ersetzen. Von der Lena aus werden Sie die "Hinterhöfe der Welt" entdecken - und dabei sicherlich "ganz Sie selbst werden".
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.03.2008Mit Herzenswärme gegen den Permafrost
Sibirien ist noch immer das, was man gemeinhin als "weißen Fleck" auf der Landkarte touristischer Destinationen bezeichnet - bereist vorwiegend von Abenteurern und öffentlich-rechtlichen Journalisten im Unruhestand. Das vorliegende Buch unterscheidet sich von deren Art Reiseliteratur nicht unerheblich. Denn die turkmenisch-ukrainische Autorin Tatjana Kuschtewskaja scheut sich nicht, im ganz und gar eigenen Tonfall dem Leser verbal die Hand auf den Unterarm zu legen, die Augen aufzureißen und mit ansteckender Begeisterung zu rufen: "Stellen Sie sich vor! Was glauben Sie, was dann passierte? Ist das nicht unglaublich?" Zwischen diesen Aufwallungen allerdings mäandern ihre Reisebeschreibung eher gemächlich zwischen Anekdoten und Beobachtungen dahin und gleichen darin wohl dem Fluss, den sie mehr beplaudert als beschreibt - der Lena, die vom Baikal quer durch Sibirien bis zum Eismeer strömt. Zwischendurch erzählt die Autorin Witze, trägt ihre eigenen Gedichte vor - und dem Leser tritt bald das Bild einer beflissenen, liebenswerten Reiseleiterin vor Augen, die jede Windung und Biegung der erstaunlich vielgestaltigen Flusslandschaft kennt. Die gelungeneren Beobachtungen der Autorin sind leider allzu oft eingebettet in ein permafrostdickes Korpus aus Allgemeinplätzen - die stilistischen Unsicherheiten aber verleihen dem Text stets etwas herzerfrischend Unprofessionelles, Authentisches. Schön muss es sein, mit Frau Kuschtewskaja im Boot oder auf dem Schlitten den vielgestaltigen Flusses "hinter drei mal neun Erden" bis ans Ende der Welt zu befahren! Jedoch ganz allein bis ans Ende ihres Buches zu lesen - dafür braucht es eine gewisse sibirisch-stoische Entschlossenheit.
taro
"Sibirienreise - Die Lena" von Tatjana Kuschtewskaja. Wostok Verlag, Berlin 2007. 196 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotografien. Broschiert, 15 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sibirien ist noch immer das, was man gemeinhin als "weißen Fleck" auf der Landkarte touristischer Destinationen bezeichnet - bereist vorwiegend von Abenteurern und öffentlich-rechtlichen Journalisten im Unruhestand. Das vorliegende Buch unterscheidet sich von deren Art Reiseliteratur nicht unerheblich. Denn die turkmenisch-ukrainische Autorin Tatjana Kuschtewskaja scheut sich nicht, im ganz und gar eigenen Tonfall dem Leser verbal die Hand auf den Unterarm zu legen, die Augen aufzureißen und mit ansteckender Begeisterung zu rufen: "Stellen Sie sich vor! Was glauben Sie, was dann passierte? Ist das nicht unglaublich?" Zwischen diesen Aufwallungen allerdings mäandern ihre Reisebeschreibung eher gemächlich zwischen Anekdoten und Beobachtungen dahin und gleichen darin wohl dem Fluss, den sie mehr beplaudert als beschreibt - der Lena, die vom Baikal quer durch Sibirien bis zum Eismeer strömt. Zwischendurch erzählt die Autorin Witze, trägt ihre eigenen Gedichte vor - und dem Leser tritt bald das Bild einer beflissenen, liebenswerten Reiseleiterin vor Augen, die jede Windung und Biegung der erstaunlich vielgestaltigen Flusslandschaft kennt. Die gelungeneren Beobachtungen der Autorin sind leider allzu oft eingebettet in ein permafrostdickes Korpus aus Allgemeinplätzen - die stilistischen Unsicherheiten aber verleihen dem Text stets etwas herzerfrischend Unprofessionelles, Authentisches. Schön muss es sein, mit Frau Kuschtewskaja im Boot oder auf dem Schlitten den vielgestaltigen Flusses "hinter drei mal neun Erden" bis ans Ende der Welt zu befahren! Jedoch ganz allein bis ans Ende ihres Buches zu lesen - dafür braucht es eine gewisse sibirisch-stoische Entschlossenheit.
taro
"Sibirienreise - Die Lena" von Tatjana Kuschtewskaja. Wostok Verlag, Berlin 2007. 196 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotografien. Broschiert, 15 Euro.
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