Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.11.2000Allgemein
"Sich einfach auf den Weg machen - Lebenserfahrungen von Globetrottern und Abenteurern" von Manfred Köhler. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2000. 192 Seiten. Broschiert, 19,80 Mark. ISBN 3-89602-335-7.
Wer es sich leichtmachen will, definiert das "Abenteuer" als das, was man als solches erlebt. Manfred Köhler hat es sich schwergemacht. Er traf sich mit fünfundzwanzig mehr oder weniger extrem Reisenden und hat nun mit großem Fleiß und immenser Sorgfalt die Inhalte seiner Gespräche geordnet, in sechs Kapitel gegliedert - und ein Buch daraus gemacht. Damit erfährt der Leser aus erster Hand, wie etwa der Outdoor-Profi Rüdiger Nehberg den strapazierten Begriff "Abenteuer" erklärt. Dessen Urform bestehe darin, "sich tausend Kilometer abseits menschlicher Siedlungen im Urwald absetzen zu lassen, ohne zu wissen, wo man ist, nackt und ohne Waffen, und dann zurück in die Zivilisation zu finden". Der Polarreisende Arved Fuchs dagegen betrachtet "waghalsige Aktionen als das Gegenteil eines Abenteuers". Ihm kommt es darauf an, inhaltliche Beiträge - etwa zum Thema Umweltschutz - zu leisten. Wesentliches Merkmal seiner Erlebnisse sei ihre individuelle Handschrift: "So wie ein Sänger über seine Musik, so drücke ich mich über meine Abenteuer aus." Übereinstimmung im Lager der Pioniere und Entdecker herrscht lediglich darin, daß ein Abenteuer, sagt Bruno Baumann, "nicht auf Wunsch vermittelt werden kann". Dennoch muß man kein Survival-Experte sein, um Aufregendes zu erleben. Der Leser erfährt auch, wie etwa der Grundschullehrer Harald Schwindl zum Abenteurer wurde. Der Bayreuther jobbte jahrelang als Taxifahrer, um sich in Nairobi eine Existenz als Safariunternehmer aufbauen zu können. Zwangsläufig steht hinter dem "Wie" immer ein "Warum", weshalb Köhler der Frage nach dem Sinn so manchen Treibens gebührend Platz einräumt. Daß er sein Thema dabei nicht in eine vorgefertigte Schablone preßt, sondern den Komplex Abenteuer aus der Innenperspektive schildert, ist zugleich Stärke und Schwäche seines Buchs. Einerseits ist es äußerst kurzweilig, in geballter Form so viel über die verschiedenen Motivationen und Herangehensweisen moderner Abenteurer zu erfahren. Andererseits sind die fast protokollarisch wiedergegebenen Gesprächsnotizen zeitweise etwas mühsam zu lesen. Einigen Aspekten, etwa der Widersprüchlichkeit zwischen der (scheinbaren) Freiheit neuzeitlicher Nomaden und dem Zwang zur Selbstvermarktung, hätte man mehr Raum gewünscht. (tom)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Sich einfach auf den Weg machen - Lebenserfahrungen von Globetrottern und Abenteurern" von Manfred Köhler. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2000. 192 Seiten. Broschiert, 19,80 Mark. ISBN 3-89602-335-7.
Wer es sich leichtmachen will, definiert das "Abenteuer" als das, was man als solches erlebt. Manfred Köhler hat es sich schwergemacht. Er traf sich mit fünfundzwanzig mehr oder weniger extrem Reisenden und hat nun mit großem Fleiß und immenser Sorgfalt die Inhalte seiner Gespräche geordnet, in sechs Kapitel gegliedert - und ein Buch daraus gemacht. Damit erfährt der Leser aus erster Hand, wie etwa der Outdoor-Profi Rüdiger Nehberg den strapazierten Begriff "Abenteuer" erklärt. Dessen Urform bestehe darin, "sich tausend Kilometer abseits menschlicher Siedlungen im Urwald absetzen zu lassen, ohne zu wissen, wo man ist, nackt und ohne Waffen, und dann zurück in die Zivilisation zu finden". Der Polarreisende Arved Fuchs dagegen betrachtet "waghalsige Aktionen als das Gegenteil eines Abenteuers". Ihm kommt es darauf an, inhaltliche Beiträge - etwa zum Thema Umweltschutz - zu leisten. Wesentliches Merkmal seiner Erlebnisse sei ihre individuelle Handschrift: "So wie ein Sänger über seine Musik, so drücke ich mich über meine Abenteuer aus." Übereinstimmung im Lager der Pioniere und Entdecker herrscht lediglich darin, daß ein Abenteuer, sagt Bruno Baumann, "nicht auf Wunsch vermittelt werden kann". Dennoch muß man kein Survival-Experte sein, um Aufregendes zu erleben. Der Leser erfährt auch, wie etwa der Grundschullehrer Harald Schwindl zum Abenteurer wurde. Der Bayreuther jobbte jahrelang als Taxifahrer, um sich in Nairobi eine Existenz als Safariunternehmer aufbauen zu können. Zwangsläufig steht hinter dem "Wie" immer ein "Warum", weshalb Köhler der Frage nach dem Sinn so manchen Treibens gebührend Platz einräumt. Daß er sein Thema dabei nicht in eine vorgefertigte Schablone preßt, sondern den Komplex Abenteuer aus der Innenperspektive schildert, ist zugleich Stärke und Schwäche seines Buchs. Einerseits ist es äußerst kurzweilig, in geballter Form so viel über die verschiedenen Motivationen und Herangehensweisen moderner Abenteurer zu erfahren. Andererseits sind die fast protokollarisch wiedergegebenen Gesprächsnotizen zeitweise etwas mühsam zu lesen. Einigen Aspekten, etwa der Widersprüchlichkeit zwischen der (scheinbaren) Freiheit neuzeitlicher Nomaden und dem Zwang zur Selbstvermarktung, hätte man mehr Raum gewünscht. (tom)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Manche machten es sich leicht bei der Definition des Begriffes "Abenteuer", lesen wir bei dem mit "tom" unterzeichnenden Rezensenten. Manfred Köhler habe es sich nicht leicht gemacht und sich mit fünfundzwanzig "mehr oder weniger extrem Reisenden" getroffen, um die Gespräche dann "mit großem Fleiß und immenser Sorgfalt" zu ordnen und ein Buch daraus zu machen. Unser Rezensent stellt ein paar der Gesprächspartner und die Crux ihrer jeweiligen Abenteuerdefinitionen vor. Arved Fuchs zum Beispiel, oder einen Outdoor-Profi mit Urwalderfahrung. Dass man durch diese Gespräche "den Komplex Abenteuer" aus der Innenperspektive kennen lernt, fand unser Kritiker stark. Nicht durchgehend allerdings, denn die protokollarischen Gesprächsnotizen seien "teilweise etwas mühsam" zu lesen. Auch hätte der Rezensent einigen Aspekten mehr Raum gewünscht: etwa dem Widerspruch zwischen Freiheitsdrang und Selbstvermarktungszwang.
© Perlentaucher Medien GmbH
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