Dieses Buch stellt eine dramatische Geschichte von der schleswig-holsteinischen Nordseeküste aus verschiedenen Perspektiven vor: Es geht um die Sage von einer alten Frau, die in einer ärmlichen Kate auf einem Deich lebt und die Husumer nur vor einem Unglück, einer Naturkatastrophe warnen und somit retten kann, indem sie ihr einziges Hab und Gut, ihre Kate, in Brand setzt. Man ahnt das menschliche Drama, die Verzweiflung der Frau und das Glück der Menschen, die dem Tod von der Schippe gesprungen sind.Dieser Stoff faszinierte durch die Jahrzehnte und Jahrhunderte bedeutende Autoren - unter anderem den Märchenautor Ludwig Bechstein, den dänischen Märchenerzähler Hans Christian Andersen und den Erzähler Gustav Frenssen. Frank Trende ist den Spuren nachgegangen, die das "brave Mütterchen" in der Literatur hinterlassen hat. Er hat Sagen, Märchen, Bilder und Gedichte zu einem Lesebuch zusammengetragen und die kulturgeschichtlichen Zusammenhänge der Motivwanderung in einem ausführlichen Nachwort erläutert. Damit präsentiert er eine besondere Wiederentdeckung, die die Reichhaltigkeit und Farbigkeit unserer Literaturlandschaft im Norden verdeutlicht.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.2016Da brennt ein Haus auf dem Deich
Es ist eine Geschichte, wie geschaffen, um an ihr moralische Fragen zu diskutieren: Das Meer friert an der Küste zu, die Bevölkerung der Hafenstadt Husum feiert auf dem Eis ein rauschendes Fest, und nur eine alte gelähmte Frau bleibt in ihrem Haus auf dem Deich. Da sieht sie aus der Ferne eine kleine Wolke herankommen, ahnt den folgenden Sturm und versucht erfolglos, ihre Mitbürger schreiend und winkend zu warnen. Schließlich zündet sie ihr eigenes Haus an, die Nachbarn eilen zurück und sind vor dem Eisbruch gerettet.
So, als Erzählkeim, steht es erstmals in Karl Müllenhoffs Sammlung norddeutscher Märchen und Sagen, die 1845 erschien. Dass diese Fassung aber erst der Auftakt ist, zeigt eine von Frank Trende just herausgegebene Anthologie. Sie versammelt Texte, Gedichte und - als prächtiges Beispiel für die jeweils aktuelle Medienform eines solchen Stoffs - auch einen aufgelösten "Neuruppiner Bilderbogen", der die Geschichte wiederum erzählt. Unter den Autoren sind etwa August Kopisch, der Autor der "Heinzelmännchen von Köln" und des "Nöck", der Märchendichter Hans Christian Andersen, der beliebte Gründerzeitdichter Heinrich Seidel und der völkisch bewegte Gustav Frenssen, Letzterer mit einer recht zähen Geschichte, die in den Preis des "demütig Stolzen" mündet. Insgesamt aber zeigt sich hier in nuce, wie eine Geschichte auf zahlreichen Stufen immer weiter ausgeschmückt und psychologisch vertieft wird. Und schließlich tritt an die Seite des Lobes auf die Greisin die bange Frage, ob der Brand, den sie legte, nicht leicht die ganze Stadt hätte erfassen können.
spre.
"Sie rettete die ganze Stadt!" Literarische Verwandlungen einer Nordsee-Sage.
Herausgegeben von Frank Trende. Boyens Verlag, Heide 2016. 240 S., br., 16,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es ist eine Geschichte, wie geschaffen, um an ihr moralische Fragen zu diskutieren: Das Meer friert an der Küste zu, die Bevölkerung der Hafenstadt Husum feiert auf dem Eis ein rauschendes Fest, und nur eine alte gelähmte Frau bleibt in ihrem Haus auf dem Deich. Da sieht sie aus der Ferne eine kleine Wolke herankommen, ahnt den folgenden Sturm und versucht erfolglos, ihre Mitbürger schreiend und winkend zu warnen. Schließlich zündet sie ihr eigenes Haus an, die Nachbarn eilen zurück und sind vor dem Eisbruch gerettet.
So, als Erzählkeim, steht es erstmals in Karl Müllenhoffs Sammlung norddeutscher Märchen und Sagen, die 1845 erschien. Dass diese Fassung aber erst der Auftakt ist, zeigt eine von Frank Trende just herausgegebene Anthologie. Sie versammelt Texte, Gedichte und - als prächtiges Beispiel für die jeweils aktuelle Medienform eines solchen Stoffs - auch einen aufgelösten "Neuruppiner Bilderbogen", der die Geschichte wiederum erzählt. Unter den Autoren sind etwa August Kopisch, der Autor der "Heinzelmännchen von Köln" und des "Nöck", der Märchendichter Hans Christian Andersen, der beliebte Gründerzeitdichter Heinrich Seidel und der völkisch bewegte Gustav Frenssen, Letzterer mit einer recht zähen Geschichte, die in den Preis des "demütig Stolzen" mündet. Insgesamt aber zeigt sich hier in nuce, wie eine Geschichte auf zahlreichen Stufen immer weiter ausgeschmückt und psychologisch vertieft wird. Und schließlich tritt an die Seite des Lobes auf die Greisin die bange Frage, ob der Brand, den sie legte, nicht leicht die ganze Stadt hätte erfassen können.
spre.
"Sie rettete die ganze Stadt!" Literarische Verwandlungen einer Nordsee-Sage.
Herausgegeben von Frank Trende. Boyens Verlag, Heide 2016. 240 S., br., 16,95 [Euro].
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