Krimitipp des Monats, Freida McFadden, „Sie wird dich finden“ Mit ihrer „The Housemaid“-Reihe landete die Ärztin und Autorin Freida McFadden bislang schon einen Bestseller nach dem anderen. Nach „Wenn sie wüsste“ und „Sie kann dich hören“ folgt nun, so der Verlag, der „Höhepunkt“ der Reihe: „Sie wird dich finden“.
Millie Accardi ist schon lange kein Hausmädchen mehr. Als Sozialarbeiterin betreut sie nun ältere Menschen, und alles scheint bestens zu laufen. Denn gerade zieht Familie Accardi, Millies Mann Enzo und die Kinder Nico (9) und Ada (11), auf Long Island in ein wunderbares kleines Häuschen. Gute Wohngegend, tolle Schulen und ein eigenes Zuhause – nicht mehr die enge Wohnung in der Bronx mit Möbeln vom Sperrmüll. Millie traut ihrem Glück noch nicht so recht, denn eigentlich ist sie davon überzeugt, nie Glück zu haben.
Für den Kauf des Hauses müssen die Accardis zwar noch etwa 30 Jahre eine Hypothek abbezahlen, aber immerhin bekamen sie das Objekt 10 % unter dem Schätzpreis. Ein Traumhaus also in einer Traumgegend. In der Sackgasse, der Locust Street, wo das Häuschen steht, gibt es noch zwei weitere Häuser, sie tragen die Nummern 12 und 13. Millie freut sich schon darauf, die Nachbarn kennenzulernen. Doch die erste Begegnung mit Suzette aus Nr. 12 lässt sie mit einem unguten Gefühl in der Magengrube zurück.
Suzette, Immobilienmaklerin, sehr gepflegt und sehr bedacht auf Status und Geld, scheint freundlich zu sein. Doch fast jede ihrer Bemerkungen ist eine versteckte Beleidigung. Dann entdeckt Suzette den „heißen Möbelpacker“, Millies Mann Enzo, und flirtet schamlos mit ihm. Eine Einladung zum Abendessen folgt, und Millie fragt sich gleich am ersten Tag, ob das mit dem Umzug alles nicht doch ein Riesenfehler war ...
Im Haus Nr. 13 wohnen Janice und ihr Sohn Spencer. Und hier scheint ständig jemand am Fenster zu stehen und alles zu beobachten. Und als Millie Janice an der Haltestelle für den Schulbus zum ersten Mal begegnet, wird ihr Gefühl, hier komplett falsch zu sein, noch schlimmer. Janice scheint paranoid und hat ihren Sohn an einer Leine. Sie bringt ihn zum Bus und erzählt Millie sofort von einem kleinen Jungen, der hier vor Jahren verschwand. Spurlos. Seitdem lässt sie ihren Sohn nicht mehr aus den Augen und missbilligt auch, dass Millie arbeitet, ihre Kinder „vernachlässigt“. Puh. Aber gut, einfach nach vorn blicken – und die Kinder werden es hier doch einfach gut haben, oder?
Aber dann läuft das Abendessen bei Suzette genauso wie von Millie befürchtet. Suzette flirtet noch wilder mit Enzo und will auch, dass Enzo, Garten- und Landschaftsbauer, sich um ihren Garten kümmert. Suzettes Mann Jonathan scheint das nicht zu stören. Warum nur? Und dann geht es los, nachts. Ganz davon abgesehen, dass Millie sich ständig beobachtet fühlt, hört sie auch noch ein schabendes Geräusch im Haus. Es scheint vom Erdgeschoss her zu kommen – doch sobald sie die Treppen hinabsteigt, ist es wieder leise.
Als ihr Janice auch noch erzählt, dass niemand sonst auf ihr Häuschen geboten hat, wird Millie unruhig. Die Nachbarin meint, es müsse etwas im Inneren des Hauses sein ... Und dann gibt es da noch Martha, Suzettes Hausmädchen, eine Erscheinung wie aus den 1950er-Jahren. Furchteinflößend für Millie, denn Martha starrt sie dauernd an. Martha fängt auch an, bei der Familie Accardi zu putzen, und als Millie sie dabei ertappt, wie sie eine Schublade durchsucht, hat Martha schnell eine Erklärung parat. Aber Millies Unbehagen bleibt. Und es wird immer stärker.
Denn alle scheinen sich zu verändern. Enzo, der eigentlich verrückt nach Millie ist, werkelt immer öfter bei Suzette im Garten. Angeblich – und auch zu merkwürdigen Tageszeiten. Und er scheint Millie anzulügen. Auch Sohn Nico verändert sich massiv. Es gibt Gewaltausbrüche gegen andere Kinder, gleichzeitig wirkt er teilnahmslos und scheint keine Schuldgefühle zu haben. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht – und die Vorfälle werden immer dramatischer und merkwürdiger. Auch das Vertrauen zwischen Millie und Enzo schwindet. Als Millie und Enzo dann tatsächlich etwas in ihrem Haus entdecken, weiß Millie endgültig, dass sie einen schrecklichen Fehler gemacht haben, hierher zu ziehen ...
„Sie wird dich finden“ ist ein Pageturner der Extraklasse. Freida McFadden ist eine Meisterin der falschen Spuren, und wie sie es hier schafft, uns immer wieder auf neue Fährten zu locken, Verdacht zu schüren und eine Atmosphäre der Angst und des Zweifels aufzubauen, ist großartig. Schließlich dreht sich am Ende alles um die Fragen: Wie gut kennen wir unsere nächsten Menschen? Und können wir ihnen wirklich vertrauen? Hier ist fast nichts so, wie es zunächst zu sein scheint. Also: anschnallen und lesen! Am besten an einem herbstlich-verregneten Wochenende. Denn aufzuhören ist hier schwierig.
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