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Die Galeristen streiten öffentlich mit der Staatsministerin, der Maler Georg Baselitz veranlasst, seine Bilder in den Museen abzuhängen. Der Entwurf für ein Gesetz zum Schutz von Kulturgut lässt die Wellen hochschlagen: Künstler fürchten, dass der Wert ihrer Werke auf dem internationalen Kunstmarkt sinken könnte. Die Präsenz im Museum - noch unlängst ein Ausweis höchster Anerkennung - bedeutet ihnen nichts. Es geht um Geld.Kunst ist, anders als in den zwei Jahrhunderten der Moderne, wieder ganz unverhohlen eine Sache der Reichen, Erfolgreichen und Herrschenden geworden. Kunst dient wieder der…mehr

Produktbeschreibung
Die Galeristen streiten öffentlich mit der Staatsministerin, der Maler Georg Baselitz veranlasst, seine Bilder in den Museen abzuhängen. Der Entwurf für ein Gesetz zum Schutz von Kulturgut lässt die Wellen hochschlagen: Künstler fürchten, dass der Wert ihrer Werke auf dem internationalen Kunstmarkt sinken könnte. Die Präsenz im Museum - noch unlängst ein Ausweis höchster Anerkennung - bedeutet ihnen nichts. Es geht um Geld.Kunst ist, anders als in den zwei Jahrhunderten der Moderne, wieder ganz unverhohlen eine Sache der Reichen, Erfolgreichen und Herrschenden geworden. Kunst dient wieder der Repräsentation, sie ist ein Luxusgut. Was zählt, ist das Besitzen, nicht das Wahrnehmen und Betrachten von Kunst. Und wer gegen den elitären Kunstbetrieb opponiert, wird - wie die Occupy-Aktivisten auf der documenta 13 - in Windeseile von diesem aufgesogen und vereinnahmt. Wie immer provoziert Wolfgang Ullrich, stellt eine Fülle von Beispielen vor und regt mit Verve zum genauen Hinschauen sowie zur Diskussion an. Über Kunst wirklich zu streiten - das wäre ein Gewinn!
Autorenporträt
Wolfgang Ullrich, geboren 1967 in München, gab seine Professur an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe auf, um als freier Autor und Kunstwissenschaftler zu leben. Bei Wagenbach erschienen von ihm u.¿a. Uta von Naumburg. Eine deutsche Ikone, Bilder auf Weltreise, Tiefer hängen, Raffinierte Kunst, Alles nur Konsum und Des Geistes Gegenwart.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.08.2016

Porträt des Künstlers als Global Player
Marke werden: Wolfgang Ullrich verteidigt in Wien sein Siegerkunst-Buch

Dass Ai Weiwei und Ólafur Elíasson derzeit beide in Wien mit Ausstellungen beziehungsweise Installationen vertreten sind, verrät mehr über diese beiden "Siegerkünstler" als über den Anspruch Wiens, Kunstmetropole zu sein. So jedenfalls die Typologie Wolfgang Ullrichs, der sich als Kunsthistoriker nicht scheut, das zwieschlächtige Etikett des "Siegerkünstlers" beliebten Namen anzuheften. Im Kunsthaus Wien verteidigte er in der vergangenen Woche die kühnen Thesen seines neuesten Buches ("Siegerkunst. Neuer Adel, teure Lust." Berlin 2016. F.A.Z. vom 27. April) vor ebenso kundigem wie kritischem Publikum.

Ullrich nimmt einen mehrfachen Wandel der Kunstwelt in den letzten zwanzig bis dreißig Jahren wahr, der nicht nur die Künstler betrifft, sondern auch die Kunstmärkte und die Rolle der Kunstkritik umfasst. Zentrale Figur ist dabei der Siegerkünstler, der als Global Player die Nachfrage extrem reicher Kunden befriedigt, neue Produktionsformen nutzt und manchmal Themen der politischen Debatte aufgreift. Anders als seine Vorgänger in der Avantgarde will er nicht Opposition zur Gesellschaft sein oder danach streben, diese zu verändern. Stattdessen zeigt er ein grundsätzliches Einverständnis mit den herrschenden Bedingungen und findet seine Klientel unter den Reichen und Erfolgreichen - eben den Siegern der Gesellschaft.

Weil sie deren ästhetische Bedürfnisse bedient, greifen die Reichen zu der besonders teuren Kunst und machen die Künstler selbst zu ökonomischen Siegern. Käufer wie Verkäufer ähneln dabei dem Typus des Unternehmers und finden in der Öffentlichkeit wegen der spektakulär hohen Preise staunenden Anklang. Stärkste Erhabenheitseffekte knüpfen sich an Trash-Ästhetik, die "eigentlich ein Fall für den Restaurator oder den Müll wäre".

Der Wiener Kunstkritiker Matthias Dusini, seinerseits trashig in ein "Loser"-T-Shirt gewandet, meinte da einen Ton der Empörung und eine moralische Verurteilung von Seiten Ullrichs zu hören. Ullrich erwiderte differenziert: Einerseits gab er ein Missbehagen zu, da das Besondere der Kunst gegenüber Designern oder Herstellern von Luxusprodukten verlorengehe. Der Typus Künstler mit seinem Spleen, er wäre anders als der Rest der Gesellschaft, sei bedroht. Auch empfinde er die Siegerkunst als "kalt". Zugleich gestand Ullrich eine Faszination durch einen Bereich zu, der derzeit solche Marktereignisse erzeugt. Dass es sich dabei nur um eine vorübergehende Erscheinung handeln könne, hörten viele im Publikum mit Erleichterung.

Inakzeptabel wird der Habitus des Siegerkünstlers dort, wo dieser versucht, Kritik und Öffentlichkeit zu kontrollieren. Geschickt inszeniert Ullrich denn auch in seinem Buch die Untersagungen, bestimmte Bilder abzudrucken, die ihm als ein rechtspolitischer Missbrauch des Urheberrechts erschienen, mit grauen Flächen. Denn Siegerkünstler sind gewohnt, dass in Katalogen prächtige Texte über sie geschrieben werden und sie selbst in der Postproduktion massiven Einfluss auf die Rezeption ihrer Werke nehmen. Ullrich meinte dies auch als eine Kritik an der eigenen Profession. Bei Jeff Koons formuliere die Kritik nur Dinge zu seinen Werken, die er selbst schon vorher gesagt habe: "Im Grunde hat er die Texte schon vorgeschrieben." Ob Ullrich das doppelbödig normative Element seines Verbs bewusst war?

Nach seiner eigenen Haltung gefragt, empfahl Ullrich der Kunstkritik, dagegen anzuschreiben und den Perspektiven von Sammlern und Siegerkünstlern, deren vornehmstes Anliegen darin bestehe, eine Marke zu werden, nicht naiv auf den Leim zu gehen. Die Künstler wiederum müssten ihre Autonomie und Freiheit reflektieren - was gelungene Auftragsverhältnisse, in denen man sich infolge von Differenzen gegenseitig steigert, nicht ausschließe. Auch die Universität bekam ihr Fett ab: Die Kunstwissenschaft unterrichte derzeit nach einem Kanon, der zu ökonomisch bestimmt sei. Dafür hatte Ullrich dann noch weniger Verständnis als für jene "Siegerkritik", die er in manchen journalistischen Hochglanzbeilagen lokalisierte: Dort schrieben irritierenderweise Sammler, deren Autorität darauf gründe, dass sie ein erhebliches finanzielles Opfer gebracht hätten.

Das Publikum adaptierte die Sprachregelungen Ullrichs ironisch und pöbelte beim Auseinandergehen befreundete Kunsthändler mit Schmäh als "Siegergaleristen" an, was beide Seiten zum Gelächter zwang. An diesem Spiel teilzuhaben ließe sich mit etwas Granteln schon aushalten.

MILOS VEC

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Viele Autoren haben schon die Moderne zu Grabe getragen, aber kaum jemand so brillant und "luzide" wie der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich in seinem neuen Essay "Siegerkunst", versichert Rezensent Till Briegleb. Mit feinsinniger Ironie und geradezu "angelsächsischer Eleganz" untersuche Ullrich den zeitgenössischen Kunstmarkt und lege in aller Schärfe dar, wie der bloße Marktwert eines Werkes Kategorien wie Authentizität des Künstlers, Werkinhalt, ästhetische Provokation oder gesellschaftliche Relevanz verdränge. Egal ob es sich um "Ästhetikunternehmer" wie Olafur Eliasson, Jeff Koons und Damien Hirst oder Biennale-Künstler handele - stets geht es um Besitz statt Rezeption, liest der Kritiker bei Ullrich nach und erfährt, wie auch Kuratoren und Katalogtextverfasser den Werken mit "gestelzter Prosa" Relevanz angedeihen lassen. Auch wenn der Begriff der "Siegerkunst" nicht unbedingt als neuer Epochenbegriff dienen wird, hat Briegleb diesen scharfsinnigen Abgesang auf das kulturelle System mit Gewinn gelesen.

© Perlentaucher Medien GmbH