Außer Che Guevara ist kein anderer lateinamerikanischer Freiheitskämpfer so oft abgebildet, verklärt und umgedeutet worden wie Simón Bolívar - höchste Zeit also, Herkunft und Wirkung dieser politischen Ikone zu untersuchen.Norbert Rehrmann unterzieht die ideologischen Grundlagen Bolívars einer kritischen Würdigung, legt dar, wie Bolívar zum Präsidenten von vier Staaten werden konnte, und untersucht die Bolívar-Darstellungen in der lateinamerikanischen Kunst und Literatur.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
In Lateinamerika als multinationaler Held gefeiert, der bis heute gern von politischen Strömungen jeglicher Couleur vereinnahmt wird, sind kritische Biografien von Siman Bolivar, der zwischen 1810 und 1824 die Spanier vertrieb, rar, weiß Sebastian Schoepp. Deshalb begrüßt er erfreut diese Lebensbeschreibung des Dresdner Kulturwissenschaftlers Norbert Rehrmann. Er hat nun eine quellengesättigte, flüssig geschriebene Biografie Bolivars vorgelegt, die sich wohltuend von den hagiografischen Huldigungen des Generals abhebt, wie der Rezensent lobt. Rehrmann verschleiere nicht die Schwächen und Versäumnisse Bolivars und stellt seine herablassende Haltung gegenüber der dunkelhäutigen Bevölkerung Lateinamerikas und seine "terroristische" Kriegsführung so plastisch heraus, dass man ihm das im heutigen Venezuela wohl übel nehmen wird, wie Schoepp vermutet. Weniger angenehm ist ihm das "männerbündlerische Augenzwinkern", das der Autor an den Tag legt, wenn es um die Beschreibung Bolivars als Frauenheld geht und auch die "Vermutungsvokabeln" bei der Beschreibung von dessen Innenleben findet der Rezensent eher überflüssig. Insgesamt aber hat ihn das Buch als Biografie eines Mannes, der viel erreicht hat, seine Erfolge aber nicht langfristig zu befestigen wusste, überzeugt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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