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Die Geschichte von Kain und Abel zeigt, wie lebensgefährlich Religionen sind. Kain erschlägt seinen Bruder Abel, weil er glaubt, dessen Opfer habe Gott besser gefallen. Gott selbst hatte Kain vor der Tat gewarnt. Ist Gott Religionskritiker? Wie gefährlich sind Religionen? Der Versuch, darauf eine theologisch und religionsgeschichtlich gebildete Antwort zu geben, wird angesichts der zunehmend schriller werdenden Meinungsäußerungen von Intellektuellen mit höchst unterschiedlichem Kenntnisstand dringlich. Eine sachgemäße und ausgewogene Antwort hängt von der Beantwortung folgender Fragen ab:…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte von Kain und Abel zeigt, wie lebensgefährlich Religionen sind. Kain erschlägt seinen Bruder Abel, weil er glaubt, dessen Opfer habe Gott besser gefallen. Gott selbst hatte Kain vor der Tat gewarnt. Ist Gott Religionskritiker? Wie gefährlich sind Religionen? Der Versuch, darauf eine theologisch und religionsgeschichtlich gebildete Antwort zu geben, wird angesichts der zunehmend schriller werdenden Meinungsäußerungen von Intellektuellen mit höchst unterschiedlichem Kenntnisstand dringlich. Eine sachgemäße und ausgewogene Antwort hängt von der Beantwortung folgender Fragen ab: Welcher Religionsbegriff soll einer Analyse zugrunde gelegt werden? Blickt man nur auf die so genannten Weltreligionen oder müssen auch politischen Religionen einbezogen werden? Worin genau liegt das Gefahrenpotential von Religionen? In ihrer Irrationalität? In ihrer Motivationskraft zum Selbstopfer? In ihrer sozialen Bindekraft?In ihrer im Vergleich mit politischen Systemen weitaus höheren Lebensdauer? In ihrer Transnationalität? Und für wie gefährlich halten eigentlich die Religionen Religion? Welche größere oder geringere Demokratie- und Pluralismusaffinität haben die großen Weltreligionen? Man wird rasch feststellen, dass die unterschiedslose Rede vom Christentum die Sachverhalte ebenso verdunkelt wie die Behauptung, die monotheistischen Religionen" seien besonders gefährlich. Neue Untersuchungen zur Rolle der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften in den verschiedenen Krisengebieten zeigen, dass es neben einem unbestreitbaren Konfliktpotential auch ein beträchtliches Friedenspotential religiöser Gruppen gibt. Die Frage stellt sich dann, wie man die Religionen so zivilisieren kann, dass ihr Friedenspotential gestärkt und ihr Potential, zur Eskalation von Konflikten beizutragen, minimiert werden kann.
Autorenporträt
Rolf Schieder lehrt an der Humboldt-Universität zu Berlin Praktische Theologie. Er ist Sprecher des Program on Religion and Politics undFellow am Forschungskolleg des Collegium Helveticum/Zentrum für Religion, Wirtschaft und Politik, Basel.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.06.2009

Religiöser Terror
Wie Intoleranz und Gewalt überwunden werden können
Unter dem Titel „Sind Religionen gefährlich?” mischt sich der evangelische Theologe Rolf Schieder mit einer differenzierten Stellungnahme in die aktuelle religionspolitische Diskussion ein. Es geht ihm um einen rationalen Umgang mit den Gefahren der Religionen und – gut protestantisch – um ihre Zivilisierung und Weiterentwicklung durch Bildung.
Ein erstes Kapitel (Gefahren wahrnehmen) erinnert an religiös motivierte Gewaltexzesse in der jüngsten und jüngeren Vergangenheit und macht deutlich, dass sich religiös motivierter Terror in allen Religionen findet. Schieder folgt hier den Analysen des amerikanischen Soziologen Mark Jürgensmeyer, der herausgearbeitet hat, dass es vor allem junge Männer sind, die glauben, zum gewaltsamen Kampf gegen das Böse aufgerufen zu sein. Die islamistische Variante dieses Irrglaubens gedeiht, so Schieder, gerade unter den europäischen Bedingungen einer mangelnden kulturellen und theologischen Einbettung des Islam besonders gut, ist also kein Importartikel, wie gern geglaubt wird.
Im zweiten Kapitel (Gefahren verstehen) diskutiert Schieder die wichtigsten Thesen zum Entstehen religiöser Gewalt. Besonders kritisch setzt sich Schieder mit der Monotheismusthese auseinander. An dieser auf den Ägyptologen Jan Assmann zurückgehenden These von der strukturellen Gewaltneigung monotheistischer Religionen lässt Schieder kein gutes Haar und unterzieht damit ein Konzept einer scharfen Kritik, das mittlerweile, trotz seines antisemitischen Beigeschmacks, zum religionstheoretischen Mantra deutscher Großintellektueller von Peter Sloterdijk bis zu Ulrich Beck avanciert ist. Es basiert auf Assmanns Lesart der biblischen Exodusgeschichte. Danach sei die darin vorgenommene „mosaische Unterscheidung” zwischen dem wahren und einen Gott Israels und den vielen falschen Göttern die Wurzel von Intoleranz und Gewalt gegenüber anders Glaubenden. In Schieders Augen ist Assmanns These eine spekulative Konstruktion, die ihre Konjunktur aus der Bestätigung des Bedürfnisses bezieht, Religion als etwas Rückständiges und Gefährliches zu betrachten.
Ob der Religionsdiskurs eine solche oder eine andere Schlagseite hat, ist in der Tat nicht unerheblich und verändert die Sichtweisen, wie vor allem muslimische Migranten nach dem 11. September 2001 schmerzlich erfahren mussten. Gegen die gewaltanfällige Apokalyptik plädiert Schieder für eine von der Unterscheidung von Religion und Politik ausgehende Religionspolitik, die religiös begründete politische Positionen in den gesellschaftspolitischen Diskurs einbringt.
Der Hermeneutik der Gefahren folgt eine Skizze der gegenwärtigen Lage (Die Situation definieren), die daran erinnert, dass sich die lange dominierende These von den zwangsläufigen Säkularisierungseffekten der Modernisierung als falsch erwiesen hat. Die Mehrheit ist – wie Studien zeigen – auch in Deutschland nach wie vor oder wieder religiös. Deutlich zugenommen hat dabei die religiöse und weltanschauliche Pluralität.
Das Grundbild gesteigerter Pluralität ist auch die zentrale religionspolitische Herausforderung, die Schieder im Schlusskapitel (Religionspolitisch handeln) aufgreift. Gegen laizistische und kulturalistische Trends, die das deutsche Modell der Kooperation von Kirche und Staat (vor dem Hintergrund einer vollzogenen Trennung) entweder ganz abschaffen oder nur auf die christlichen Konfessionen beschränken möchten, plädiert Schieder dafür, auch den nichtchristlichen Religionen die Möglichkeiten des Religionsunterrichts und der theologischen Hochschulausbildung zu eröffnen. (Und Moscheen dürfen natürlich gebaut werden! Ganz im Sinne des deutschen Religionsverfassungsrechts.)
In Bildungsfragen auf diese Weise kooperierend könnten Staat und Religionsgemeinschaften am besten zur Förderung der heute und in Zukunft erst recht wichtigen interreligiösen Kompetenz beitragen und zugleich Gewaltprophylaxe beitreiben, denn „die beste Gewaltprävention ist religiöse Bildung”. Als geeigneten Ort dafür betrachtet Schieder nach wie vor den konfessionellen Religionsunterricht, der aus der Perspektive einer religiösen Tradition auf die heutige religiöse Vielfalt vorbereite.
Schieder beschließt seinen „kleinen Reiseführer ins Grenzgebiet von Religion und Politik” mit einem Plädoyer für einen „theological turn”. Dass ein Theologe solches fordert, liegt nahe, plausibel ist es vor dem Hintergrund seiner Ausführungen trotzdem. Rolf Schieder hat ein kluges Buch geschrieben, das die aktuellen religionspolitischen Probleme prägnant darstellt, auf der Höhe der Zeit diskutiert und gut begründete Lösungen vorschlägt. JÖRG HERRMANN
ROLF SCHIEDER: Sind Religionen gefährlich? Berlin, University Press 2008. 322 Seiten, 29,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Uneingeschränkt begeistert ist Niklaus Peter von diesem Buch, das sich mit der Frage beschäftigt, ob "Religionen gefährlich" sind. "Glänzend", "informativ" und "klar argumentiert" sind die Attribute, die der Rezensent dem Buch zuerkennt, das, wie er betont, eine brandaktuelle Debatte aufgreift. Sehr differenziert lege Rolf Schieder dar, dass Religion keine Gefahr, sondern ein Risiko darstelle, mit dem man sich reflektiert auseinandersetzen müsse, so der Rezensent zustimmend. Und das tut Schieder dann auch, indem er über den Zusammenhang von Religion und Terrorismus nachdenkt und "Verständnis" für "Religionsrealitäten" zu wecken sucht, wie Peter interessiert feststellt. Besonders anregend und überzeugend findet er offenbar auch Schieders kontroverse Auseinandersetzung mit Jan Assmanns Monotheismus-These, die in der "mosaischen Unterscheidung" zwischen wahrem Gott und falschen Göttern die Wurzel der religiösen Gewalt sieht. Am Ende plädiert der Autor für eine Religionspolitik, die eine Zusammenarbeit von staatlichen und religiösen Stellen ermöglicht, ohne die staatliche Neutralität zu untergraben, teilt Peter noch mit, der noch einmal bekräftigt, wie wichtig und lohnenswert dieses Werk ist.

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