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13,5 Millionen Deutsche lebten im Jahr 2001 alleine. Unbekannt ist, wie viele davon auch ohne Partner sind. Die Zahl der Singles aber ist hoch, und sie dürfte weiter zunehmen, auch wenn Feuilletons von "Spiegel" bis "Zeit" eine Renaissance der Familie beschwören. In seinem Buch untersucht der französische Soziologe Jean-Claude Kaufmann die weibliche Seite des Phänomens. Quelle für seine Studie über die Einsamkeit moderner Frauen sind 150 Leserbriefe an die französische "Marie Claire", 150 offene und intensive Auseinandersetzungen mit dem Alleinsein. Kaufmann, der im Auftrag der Europäischen…mehr

Produktbeschreibung
13,5 Millionen Deutsche lebten im Jahr 2001 alleine. Unbekannt ist, wie viele davon auch ohne Partner sind. Die Zahl der Singles aber ist hoch, und sie dürfte weiter zunehmen, auch wenn Feuilletons von "Spiegel" bis "Zeit" eine Renaissance der Familie beschwören. In seinem Buch untersucht der französische Soziologe Jean-Claude Kaufmann die weibliche Seite des Phänomens. Quelle für seine Studie über die Einsamkeit moderner Frauen sind 150 Leserbriefe an die französische "Marie Claire", 150 offene und intensive Auseinandersetzungen mit dem Alleinsein. Kaufmann, der im Auftrag der Europäischen Gemeinschaft an einer Untersuchung zum Singledasein gearbeitet hatte, sagte: "Das war genau das, was meiner Studie fehlte: Das Leben, die persönlich Erfahrung." Die Briefe spiegeln Gedanken, Ängste und Erwartungen von Frauen, die im Spannungsfeld von Individualität und Selbstbestimmung einerseits und dem Wunsch nach einem Partner andererseits leben. Mit "Singlefrau und Märchenprinz" gelingt dem Autor der Spagat zwischen wissenschaftlicher Empirie und praktischer Lebenskunde. Damit knüpft Kaufmann an seine früheren Werke wie "Schmutzige Wäsche" oder "Mit Leib und Seele" ebenfalls bei UVK an.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Prof. Dr. Jean-Claude Kaufmann ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in der Bretagne. Er begann seine Laufbahn als Soziologe 1969. Seit 1977 arbeitet er am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), zunächst als Forschungsbeauftragter, seit 2000 als Forschungsdirektor. Er ist Mitglied des Centre de Recherche sur les Liens Sociaux (CERLIS), eines CNRS-Instituts der Universität Paris V Sorbonne, wo er auch lehrt. Jean-Claude Kaufmann ist Soziologe am Centre National de la Recherche Scientifique der Universität Paris V - Sorbonne. Bei UVK erschienen bisher folgende Bücher von Jean-Claude Kaufmann in deutscher Übersetzung: Das verstehende Interview
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.06.2002

Alleine zu zweit
Jean-Claude Kaufmann hat das
Leben der Single-Frauen studiert
Die Single-Frau kann tun und lassen, was sie will. Ausgehen und heimkommen, wann sie will. Arbeiten ohne Rücksicht auf Familie. Den Haushalt liegen lassen. Sonntags bis nachmittags im Bett faulenzen, telefonieren und lesen. Im ältesten Lieblings-T-Shirt herumlaufen und zwei Tafeln Schokolade verputzen. Oder sich schick machen und sich draußen einen Mann suchen. Für heute, vielleicht für morgen. Nur nicht für immer. Bloß nicht leben nach dem Motto „Mann, Kind, Haus”. Oder doch vielleicht ein klitzekleines bisschen?
Die Freiheit hat ihre Schattenseiten. Zwar gilt allgemein die Toleranz gegenüber verschiedenen Lebensformen, zwar wird allenthalben die Auflösung der hergebrachten Familie beschrieben und beredet. Für die Frau, die solo ist, gibt es jedoch viele Situationen, in denen ihr klar wird: Ich weiche ab – das alte Bezugssystem, die Familie oder die feste Partnerschaft, gilt noch. Es stellt den Rahmen dar für die Wahrnehmung von sich und den anderen. In solchen Situationen tauchen die Löcher auf, in denen die stolze Autonomie der Single- Frau in sich zusammenfällt: alleine in der Warteschlange vor dem Kino – um sie nur Paare und Familien. Der Freitagabend allein vor dem Fernseher. Das Wochenende und die Ferien, wenn andere selbstverständlich mit Partnern und Kindern unterwegs sind. Und das Telefon, unter Single-Frauen eigentlich fast ständig in Benutzung: diese Stille, wenn mal niemand anruft. Im Supermarkt: Sehen nicht die anderen auf den ersten Blick an den paar Sachen im Korb, dass man alleine lebt? Der Schritt vom Alleinleben zur Einsamkeit vollzieht sich in den Augen der anderen.
Mangelware Mann
„Früchte, Joghurt, Schinken, Käse, Tee. Und ein Zehnerpack Tempos.” Der Zwiespalt, reduziert auf einen Einkaufszettel. Es ist dieses zweigeteilte Leben, das den französischen Soziologen Jean-Claude Kaufmann interessiert: das tägliche Leben der Single-Frau, das sie jeden Tag aufs Neue zwischen Freiheit und Verlorenheit selbst erfinden muss. Anhand von 150 Briefen allein stehender Frauen zwischen 18 und 50 Jahren, die ursprünglich an die Zeitschrift Marie Claire gerichtet waren, geht Kaufmann Schritt für Schritt fragend und suchend durch die Lebenswelten der Single-Frau. Findet durch all die Widersprüche, Zwiespälte der Biografien ein Profil. Sieht – zu seiner eigenen Überraschung, wie er betont – immer wieder den Mann auftauchen, der das Solo-Leben komplettieren soll: als Traum, als Enttäuschung oder als Mangelware.
In der wissenschaftlichen Empirie und der analytischen Verallgemeinerung ist Kaufmann zu Hause. Beauftragt von der EU hat er sich bereits mit dem bisher unerforschten Thema befasst. Er findet jedoch immer wieder zum Erzählen der Single-Leben zurück. Die Briefe sprechen Bände. Mit enormer Selbstreflexion erzählen die Frauen ihre Geschichte, als gäben sie ihrem Leben selbst eine Form: Schließlich ist es von Instabilität und Offenheit geprägt. Warum gerade ich? Wohin geht es in Zukunft? Das sind die häufigsten Fragen. Viele ziehen sich hinter einem Panzer des äußeren Lebens in die Einsamkeit zurück.
Doch selbst die aktivsten der selbstständigen Frauen gehen ihren Weg, ohne sich ihrer Sache sicher zu sein. Sie wissen nur: Die Flucht nach vorne ist der einzige Weg, um diese merkwürdige Existenz positiver zu erleben. Eine Möglichkeit, die zumal Frauen auf den unteren Stufen der gesellschaftlichen Leiter oder in ländlichen Gebieten verwehrt bleibt.
Alleine leben ist für die Frau keine Privatsache. Ihr Solo-Dasein ist ein Angriff auf die Ehe, mindestens aber auf hergebrachte Geschlechterrollen. Mit den gesellschaftlichen Folgen beschäftigt sich Kaufmann allerdings wenig. Aus seinem Blickwinkel ist die Single-Frau Teil des Vorwärtsdrängens einer Gesellschaft, deren Antrieb Individualisierung heißt. Insofern ist alleine leben für die Frau im doppelten Sinne keine Privatsache: Ihr Flug der Autonomie hat den Rückenwind der zunehmenden Individualisierung, der die Flugrichtung vorzeichnet. Auch die bewusste Lebensplanung bewegt sich zwischen den Leitplanken eines historischen Prozesses. Und die führen noch immer am vorherrschenden Modell entlang: dem Leben zu zweit.
Kaufmann lässt deutlich den Siegeszug der Ehe hervortreten. Mit welcher Hartnäckigkeit hat sich dieses Modell behauptet und selbst revolutioniert. Die feste Partnerschaft hat sich in den 60er und 70er Jahren die Herausforderung der Emanzipation zu Eigen gemacht und versucht seitdem, die Autonomie der Frau zu integrieren. Allein lebende Frauen blieben Erscheinungen am Rand der Ehe: die verlängerte Solo-Phase zwischen Jugend und Kinderkriegen, geschiedene Frauen, Witwen im Alter.
Dass sich derzeit womöglich eine grundlegende Änderung anbahnt, mag Kaufmann nur vermuten: Die zunehmende Zahl von Mutter-Kind-Familien und von Paaren, die nicht zusammenleben, ist für ihn ein Indiz. Solche Prozesse kommen mit den Füßen statt mit dem Kopf voraus – erst im Nachhinein weiß man, was sie bedeuten. Vielleicht, so Kaufmann, schält sich hier ein modernes Aschenputtel heraus, das sich trotz aller Unsicherheiten mit Entschlossenheit auf die Flugbahn der Autonomie einlässt.
KATHRIN KOMMERELL
JEAN-CLAUDE KAUFMANN: Singlefrau und Märchenprinz. Über die Einsamkeit moderner Frauen. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2002. 272 Seiten, 24Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.02.2002

Richtig schlimm wird's vor dem Kino

Woher kommt die kontinuierliche und zahlenmäßig beträchtliche Zunahme des Alleinlebens, und wie geht ein entsprechender Alltag vonstatten? Die Frage hat in der soziologischen Literatur etliche Spezialstudien hervorgerufen, sie dient als Ausgangspunkt für Bücher der feministischen Theorienbildung und produziert nicht nur bei Demographen einen Alarmismus moralischer und ökonomischer Art, der die Erkenniserwartung eher enttäuscht als erfüllt. Unbefriedigend bleibt, wie einlinig diese ebenso interessante wie voraussetzungsreiche Fragestellung in der Regel behandelt wird: Entweder verzettelt man sich - etwa bei der Auswertung von Tonbandaussagen oder Briefen - oft grob psychologisierend im Labyrinth der Einzelbefunde, oder man greift ohne hinreichende Absicherung durch Belege in den Sternenhimmel der Theorie. Im reich ausgestatteten Kosmos der Beziehungs- und Single-Literatur fehlte bisher die Studie, von der man den Eindruck hätte, sie würde die höchst individuellen Erwägungen, die dieser Thematik innewohnen, mit den gesellschaftlich wirksamen Mechanismen und - wenn man so will - allgemein anthropologischen Erwägungen zu einem fundierten Ganzen zusammenfügen. Der französische Soziologe Jean-Claude Kaufmann gehört sicherlich zu denen, von denen man noch am ehesten erwartet hätte, daß sie dieser Aufgabe gewachsen sind. Seit Jahren beschäftigt er sich mit Aspekten von Paarbeziehungen und Familienleben und hat dabei stets einen originellen, die Schemata sprengenden Zugriff gefunden. Das zeigen seine Bücher "Schmutzige Wäsche" (wann wird das Bügelbrett zum Krisenherd?), "Frauenkörper - Männerblicke" (wer darf sich "ohne oben" sonnen?), "Mit Leib und Seele" (warum waschen, ordnen, schrubben wir so und nicht anders?). Schon die treffsichere Wahl dieser Aspekte, mit der Kaufmann der conditio humana gehaltvoll auf die Schliche zu kommen sucht, demonstriert nicht nur den gebührenden Umfang an Lebenserfahrenheit, sondern läßt den Autor auch als einen Meister des verhalten-humorvollen Tons hervortreten, wie er für die genaue Beobachtung des Menschlichen nun einmal absolut erforderlich, in der Soziologie aber leider relativ selten zu finden ist. Nun wartet Kaufmann mit einem in der Tat bahnbrechenden Werk über das Single-Dasein auf, das seit wenigen Tagen auch in der deutschen Übersetzung vorliegt ("Singlefrau und Märchenprinz". Über die Einsamkeit moderner Frauen. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2002. 271 S., br., 24,- ). Im Zentrum steht die Solo-Existenz der Frau, aber so weit sind die Geschlechter nicht voneinander entfernt, daß sich hier nicht auch der Mann in den Mechanismen des Alleinseins "wiedererkennen" würde, so der Autor, "die jedoch auf weiblicher Seite wie durch ein Vergrößerungsglas zu beobachten" seien. Gestützt auf die Auswertung von dreihundert Briefen an die Zeitschrift "Marie-Claire" geht es um Orte des Unbehagens für Singles (die Warteschlange vor dem Kino etwa, in der man zwischen Glück demonstrierenden Paaren auszuharren hat); um die Ambivalenz des regressiven Rückzugs ins Bett, ins Bad und in die eigenen vier Wände überhaupt; um das von Visionen des Traummanns/der Traumfrau begleitete Ritual des "Ausgehens"; um die Oasen in der sexuellen Wüste; und schließlich und zuvörderst um all die inneren Tumulte, die die Suche nach Selbstsicherheit einer "autonomen", dabei aber das Familienbild nie ganz aus dem Auge verlierenden Existenz hervorbringt. Kaufmann versteht es glänzend, in seinen Steilhängen und in seinen Abgründen das experimentelle Lebensgefühl zu beschreiben, dem die Single-Existenz ausgesetzt ist: den gesteigerten Druck der Selbstreflexion, der das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der eigenen, vermeintlich empirisch gewonnenen Kategorien tagtäglich neu unterminiert, und der das Leben zumindest im Kopf zu einer "Revolution in Permanenz" macht (die Weiterungen der Problematik des anything goes finden sich, jetzt erstmals ins Deutsche übersetzt, bei Paul K. Feyerabend: "Probleme des Empirismus I", Reclam Verlag, Stuttgart 2002, 261 S., br., 7,10 ). Die glücklichsten Ehen, so Kaufmanns Expertise, werden denn auch von jenen Singles geschlossen, die Ihr Ja-Wort als eine "Setzung" durchschauen, das seinen Bestand nicht abhängig macht von der wechselvollen Empirie der Gefühle. Womit die Weisheit der Marie-Claire-Leser erwiesen wäre.

CHRISTIAN GEYER

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Kathrin Kommerell zeigt sich recht angetan von Jean-Claude Kaufmanns Studie über das Leben der Single-Frauen. Wie Kommerell ausführt, erforscht der französische Soziologe im Auftrag der EU anhand von 150 Briefen allein stehender Frauen zwischen 18 und 50 Jahren die Lebenswelten der Single-Frau. Von besonderem Interesse ist für Kaufmann das "zweigeteilte Leben" zwischen Freiheit und Verlorenheit, berichtet Kommerell. Sie lobt den Soziologen Kaufmann, der eher in der wissenschaftlichen Empirie und der analytischen Verallgemeinerung zu Hause ist, dafür, dass er immer wieder zum "Erzählen der Single-Leben" zurück findet. Besonders die Briefe, in denen die Frauen ihre Geschichte "mit enormer Selbstreflexion" erzählen, haben es Kommerell angetan: sie "sprechen Bände". Für Kaufmann ist das Phänomen der Singel-Frau Teil des "Vorwärtsdrängens einer Gesellschaft, deren Antrieb Individualisierung heißt", findet Kommerell. Die gesellschaftlichen Folgen des Singel-Daseins, das für Kommerell auch ein Angriff auf die Ehe oder zumindest auf hergebrachte Geschlechterrollen ist, kommen ihrer Meinung nach bei Kaufman leider etwas zu kurz.

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