Wahrnehmungsübungen, Märchenbetrachtungen und meditative Versenkung sind drei Seelentätigkeiten, die sich gegenseitig stützen und ergänzen. Almut Bockemühl zeigt in diesem Buch, wie durch sie Seelengebärden geübt werden können, die den Bewegungsgebärden des fortschreitenden Jahres entsprechen. Eine anregende, ermutigende Begleitung durch das Jahr der Seele.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.06.2002Medium mit Magie
Wolfgang Bocks Medientheorie
zappt durch alle Kanäle
Wolfgang Bock will sich nicht entscheiden zwischen Claude Shannon und Warren Weaver auf der einen Seite und Marshall McLuhan auf der anderen. Während die Theorie der einen ein striktes Sender- Empfänger-Modell entwickelte, in welchem das Medium auf die vermittelte Botschaft keinen Einfluss nimmt, war für den anderen genau dieses Medium die eigentliche Botschaft. Und so löst sich Bock von den fixen Eckpunkten der Theorie und „versucht einen historischen und aktuellen Kontext der Mediendebatte herzustellen, in dem diese Motive gegenwärtig sind”, ein „Grundkurs Medienwissen”.
Im zweiten Teil seines Buchs verfolgt Bock die Bedeutung und Deutung des Bildes von der Antike über den byzantinischen Bilderstreit bis hin zur barocken Emblematik und ihrer speziellen Verbindung von Wort und Bild in inscriptio, pictura und subscriptio. Dabei wird die Kunst-Medien-Geschichte zu einer Geschichte der Wahrnehmung und Wertung des Gesehenen. Im Bilderstreit zwischen Ikonoklasten und Ikonodulen, Ablehnern und Befürwortern des Bildes, schwingt schon mit, was Bock bei den neuen Medien wie Fotografie und Film wiederentdeckt: ein magischer Gehalt des Mediums. Wenn die Ikone bei der Prozession als Person behandelt wird, ist das vergleichbar mit dem Indianerhäuptling, der nach dem Tod seiner Tochter deren Bild vom Fotografen zurückerbittet, um in spiritistischen Kontakt mit der Verstorbenen zu treten . Roland Barthes letztem Essay „Die helle Kammer” folgend, ist der im Porträt festgehaltene Moment eines Gesichtsausdrucks gleichsam „eine nicht von Menschenhand gefertigte Totenmaske”.
Mit der Erfindung der Fotografie beginnt, wie schon Benjamin erkannt hat, eine neue Epoche des Sehens. Die Zwischenschaltung des Apparates zwischen Objekt und Abbilder und die „technische Reproduzierbarkeit”, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier zwar ein technischer Schritt vollzogen ist, das neue Sehen aber eine Tradition hat. Ausdrücklich wendet sich Bock gegen eine „Medienreligion, . . . die unkritisch die theologischen und spiritistischen Aspekte der alten Mediendiskurse auf die neuen Medien überträgt.” Seine Darstellung der Geschichte legt Kanäle zu den modernen Medien, durch die auch das magische Moment fließt, er behält aber im Blick, dass das Bild nur ein Medium ist, das die Eigenschaft hat, andere Wahrnehmungskanäle mit seinem Gehalt zu überblenden.
CHRISTIAN JOOSS
WOLFGANG BOCK: Bild – Schrift – Cyberspace. Grundkurs Medienwissen. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2002. 262 Seiten, 20,50 Euro.
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Wolfgang Bocks Medientheorie
zappt durch alle Kanäle
Wolfgang Bock will sich nicht entscheiden zwischen Claude Shannon und Warren Weaver auf der einen Seite und Marshall McLuhan auf der anderen. Während die Theorie der einen ein striktes Sender- Empfänger-Modell entwickelte, in welchem das Medium auf die vermittelte Botschaft keinen Einfluss nimmt, war für den anderen genau dieses Medium die eigentliche Botschaft. Und so löst sich Bock von den fixen Eckpunkten der Theorie und „versucht einen historischen und aktuellen Kontext der Mediendebatte herzustellen, in dem diese Motive gegenwärtig sind”, ein „Grundkurs Medienwissen”.
Im zweiten Teil seines Buchs verfolgt Bock die Bedeutung und Deutung des Bildes von der Antike über den byzantinischen Bilderstreit bis hin zur barocken Emblematik und ihrer speziellen Verbindung von Wort und Bild in inscriptio, pictura und subscriptio. Dabei wird die Kunst-Medien-Geschichte zu einer Geschichte der Wahrnehmung und Wertung des Gesehenen. Im Bilderstreit zwischen Ikonoklasten und Ikonodulen, Ablehnern und Befürwortern des Bildes, schwingt schon mit, was Bock bei den neuen Medien wie Fotografie und Film wiederentdeckt: ein magischer Gehalt des Mediums. Wenn die Ikone bei der Prozession als Person behandelt wird, ist das vergleichbar mit dem Indianerhäuptling, der nach dem Tod seiner Tochter deren Bild vom Fotografen zurückerbittet, um in spiritistischen Kontakt mit der Verstorbenen zu treten . Roland Barthes letztem Essay „Die helle Kammer” folgend, ist der im Porträt festgehaltene Moment eines Gesichtsausdrucks gleichsam „eine nicht von Menschenhand gefertigte Totenmaske”.
Mit der Erfindung der Fotografie beginnt, wie schon Benjamin erkannt hat, eine neue Epoche des Sehens. Die Zwischenschaltung des Apparates zwischen Objekt und Abbilder und die „technische Reproduzierbarkeit”, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier zwar ein technischer Schritt vollzogen ist, das neue Sehen aber eine Tradition hat. Ausdrücklich wendet sich Bock gegen eine „Medienreligion, . . . die unkritisch die theologischen und spiritistischen Aspekte der alten Mediendiskurse auf die neuen Medien überträgt.” Seine Darstellung der Geschichte legt Kanäle zu den modernen Medien, durch die auch das magische Moment fließt, er behält aber im Blick, dass das Bild nur ein Medium ist, das die Eigenschaft hat, andere Wahrnehmungskanäle mit seinem Gehalt zu überblenden.
CHRISTIAN JOOSS
WOLFGANG BOCK: Bild – Schrift – Cyberspace. Grundkurs Medienwissen. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2002. 262 Seiten, 20,50 Euro.
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