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Der "Willehalm" (ca. 1210-1220), das zweite große Epos Wolframs von Eschenbach, kreist um das Thema des unerbittlichen Kriegs zwischen Christen und Muslimen, zwischen Okzident und Orient. Sein Titelheld, der Markgraf der südlichsten Provinz des karolingischen Reichs, kämpft gegen ein gewaltiges Heer, mit dem Terramêr, der oberste weltliche Herr des Morgenlands, aufgebrochen ist, seine mit Willehalm verheiratete Tochter Gîburc zurückzugewinnen und das gesamte christliche Reich zu erobern. Nach einer vernichtenden Niederlage bricht er an den Königshof auf, um ein Ersatzheer aufstellen zu lassen,…mehr

Produktbeschreibung
Der "Willehalm" (ca. 1210-1220), das zweite große Epos Wolframs von Eschenbach, kreist um das Thema des unerbittlichen Kriegs zwischen Christen und Muslimen, zwischen Okzident und Orient. Sein Titelheld, der Markgraf der südlichsten Provinz des karolingischen Reichs, kämpft gegen ein gewaltiges Heer, mit dem Terramêr, der oberste weltliche Herr des Morgenlands, aufgebrochen ist, seine mit Willehalm verheiratete Tochter Gîburc zurückzugewinnen und das gesamte christliche Reich zu erobern. Nach einer vernichtenden Niederlage bricht er an den Königshof auf, um ein Ersatzheer aufstellen zu lassen, das in einer noch gewaltigeren zweiten Schlacht die Gegner besiegt, die geschlagen über das Mittelmeer fliehen.
Die Studie widmet sich einem Aspekt des Werks, der in der bisherigen Forschung zwar als wichtig, jedoch nicht als Angelpunkt der gesamten Dichtung erkannt worden ist: dem Motiv der Verwandtschaft. Wolfram nutzt dieses Motiv im 'Willehalm' als zentrales Instrument, die fiktionale Welt seines Werks zu gestalten, zu determinieren und zu transzendieren. Durch die Ehe Willehalms und Gîburcs sind die beiden verfeindeten Seiten der Christen und Muslime verwandtschaftlich verbunden. Das Töten des Glaubensgegners, das in anderen mittelhochdeutschen Kreuzzugsepen vollkommen problemlos verläuft, wird für einzelne Figuren des 'Willehalm' - unter ihnen auch der Erzähler - aufgrund der gemeinsamen Verwandtschaft fragwürdig. Die Dichotomie von religiösem Heil und religiöser Verdammnis droht an der Tragik der Erzählung zu zerbrechen. Die Verwandtschaftskrise des 'Willehalm' hat schließlich sogar Auswirkungen auf die Beziehungen der Figuren zur Sphäre des Göttlichen: die transzendente Sonderstellung der Christen als Kinder Gottes gegenüber der übrigen Menschheit als bloßen Geschöpfen Gottes wird ebenso verunklart und problematisch wie die rein diesseitigen verwandtschaftlichen Beziehungen. Das Problemfeld der Verwandtschaft im 'Willehalm' wird aus unterschiedlichen Richtungen beleuchtet: Verwandtschaftsvorstellungen des frühen und hohen Mittelalters, die aus Quellen der Rechts- und Theologiegeschichte gewonnen werden, kontrastieren die Analyse und Interpretation der Verwandtschaftsverhältnisse im literarischen Text, dessen Familienverhältnisse unter anderem an den fünf wichtigsten Verwandtenfiguren und den mit ihnen verknüpften Problemen und Implikationen verdeutlicht werden: an Willehalms Neffen Vîvîanz, an Rennewart, an Gîburc, an Willehalm und am trinitarischen Gott.
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Rezensionen
"M. Przybilski beschäftigt sich in seiner methodologisch auffallenden Studie zum "Willehalm" (zugl. Univ. Würzburg, Diss., 1999) eingehend mit den im Text vorkommenden Verwandtschaftsbeziehungen. Indem der Verf. auf konventionelle Interpretationsmuster verzichtet, wird eine Deutung von Wolframs Epos auf der Folie von Verwandtschaftskonzepten des 9. bis 13. Jh. unternommen, um die zentrale These zu stützen, im Werk stehe das Konzept der inklusiven "sippe" dem des exklusiven "geslehte" gegenüber (14). Hierbei versteht er den "Willehalm" als "Teil eines mehr oder minder festen Bündels tradierter Denk- und Konnotationsschemata" im Sinne eines "Verwandtschaftsdiskurses" (11), wobei das Verwandtschaftskonzept der isolierten Zentralfigur Willehalm dem der muslimischen "sippe" näher ist als dem des christlichen "geslehte" (259). Dabei ist sich der Verf. der funktionalen Deutungsweite des Werks mit all seinen fiktionalen, juristischen und historischen Implikationen bewußt. Letztlich sucht der Autor Wolframs Kreuzzugsepos mit einem fundiert philologischen, rechtsgeschichtlichen und hermeneutischen Instrumentarium zu dekodieren. Es geht um die immer wiederkehrenden Fragen: Wie läßt sich Literatur in ihrer Geschichtlichkeit deuten; bzw. wie kommt die Geschichte in die Literatur?"

In: Germanistik. 44 (2003) Heft 3/4. S. 770.