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Geschichte und Kultur Siziliens während der turbulenten Jahrhunderte zwischen 800 und 1250 werden dem Leser hier vor Augen geführt: Jene Epoche, in der Araber, Normannen und Staufer einander in der Herrschaft ablösten und Sizilien zu einer Region machten, in der Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst in hoher Blüte standen.

Produktbeschreibung
Geschichte und Kultur Siziliens während der turbulenten Jahrhunderte zwischen 800 und 1250 werden dem Leser hier vor Augen geführt: Jene Epoche, in der Araber, Normannen und Staufer einander in der Herrschaft ablösten und Sizilien zu einer Region machten, in der Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst in hoher Blüte standen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.06.1995

Sizilianische Vesper
Bernd Rill stellt die Insel der Araber, Normannen und Staufer vor

Das im Zentrum des Mittelmeers gelegene Sizilien erlebte im Mittelalter seine Glanzzeit. Unter der Herrschaft der Byzantiner und Araber, der Normannen und Staufer begegneten sich hier griechische, arabische und lateinische Kultur, aber auch die Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam. Dieses Zusammentreffen brachte Spannungen mit sich, aber zeitweilig gelang eine friedliche Koexistenz. Diesem faszinierenden Gegenstand gilt der reich bebilderte Band, in dem die mittelalterliche Geschichte der Insel erzählt wird.

Nach der Völkerwanderung vom byzantinischen Kaiser Justinian zurückerobert, geriet Sizilien vom neunten bis zum elften Jahrhundert unter die Herrschaft der Araber, bis diese durch die Normannen abgelöst wurden. Als aufsehenerregend und unerhört galt den Zeitgenossen der fast romanhafte Aufstieg Rogers II. vom Sohn eines kleinen, in den Süden emigrierten normannischen Adeligen zum Grafen, Herzog und schließlich König. In seinem Reich lebten Muslime und Juden, griechische und lateinische Christen. Bauten wie die Hofkapelle und die Königspaläste in Palermo mit ihren prachtvollen Mosaiken beeindrucken durch die Mischung arabischer, byzantinischer und westlicher Elemente.

Doch, so hebt der Autor hervor, die Dominanz der lateinischen Kultur wurde nie in Frage gestellt. Die "prinzipiell toleranten Hauteville" förderten die Latinisierung der Insel. Griechen und Muslime wurden so allmählich zu Minderheiten und sozialen Randgruppen. Während der Ende des zwölften Jahrhunderts durch den Übergang der Krone auf die Staufer verursachten Krise kam es in Palermo zu blutigen Ausschreitungen gegen die Muslime.

Unter Friedrich II., der in seiner Person staufische und normannisch-sizilianische Tradition verband, wurde Sizilien zur Basis eines fast modern anmutenden, durchrationalisierten "Modellstaates". Ihn mit einer "aufgeklärten" Monarchie zu vergleichen wäre aber verfehlt. Ein Aufstand der Muslime wurde mit harter Hand niedergeschlagen, die Sarazenen, wie sie auch genannt wurden, nach Lucera in Nordapulien deportiert. Zum Verhängnis wurde dem "stupor mundi", dem Erstaunen der Welt, der zum letzten Mal einen Dialog zwischen Okzident und Orient versuchte, sein erbitterter Kampf mit dem Papsttum und den norditalienischen Städten. Der Versuch einer Säkularisation des Staates war verfrüht, wies jedoch in die Zukunft.

Die letzten Staufer, Konrad IV., Manfred und Konradin, waren tragische Gestalten und hatten wenig Erfolg. Der Papst belehnte 1265 Karl I. von Anjou mit dem Königreich Sizilien, doch dieser zog sich vor allem durch immer drückendere Steuern den Haß der Bevölkerung zu. Der 1282 ausgebrochene Aufstand, die "Sizilische Vesper", führte zur Vertreibung der Franzosen von der Insel. Er brachte aber nicht die erhoffte Freiheit, sondern nur eine neue Fremdherrschaft, die der Aragonesen. Es scheint überhaupt eine Konstante in der Geschichte Siziliens zu sein, daß seine Bewohner nie ihre eigenen Herren wurden. Daraus erklärt sich auch die mangelnde Identifizierung der Sizilianer und der Süditaliener mit dem Staat.

Bernd Rill ist es, wie es in seiner Absicht lag, gelungen, keinen Reiseführer zu schreiben. Statt dessen entwirft er mit kräftigen und lebhaften Farben ein im großen und ganzen zutreffendes Bild der Geschichte Siziliens im Mittelalter, einer Zeit, in der die Insel eine zentrale Rolle im europäischen Mächtegleichgewicht spielte. Der Autor ist nicht der Versuchung einer Harmonisierung und Idealisierung der "Multikulturalität" erlegen. Die flüssig geschriebene Darstellung wird ihren Eindruck auf den Leser kaum verfehlen. Sie schließt zudem eine echte Lücke: Es gab nämlich zahlreiche Spezialuntersuchungen zu diesem Thema, aber keine zuverlässige und lesbare Gesamtdarstellung. HUBERT HOUBEN

Bernd Rill: "Sizilien im Mittelalter". Das Reich der Araber, Normannen und Staufer. Belser Verlag, Stuttgart/Zürich 1995. 335 S., geb., Abb., 78,- DM.

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