Zwei Jungen + ein Herz = ein neues LebenElias ist 13 Jahre und herzkrank. Schon sein halbes Leben lang ist er im Krankenhaus und wartet auf ein Spenderherz. Als es endlich zur Transplantation kommt, ändert sich sein Leben schlagartig. Nach der OP steht plötzlich ein fremder Junge neben seinem Krankenbett und nur Elias kann ihn sehen. »Du hast mein Herz«, sagt dieser...» Als Organempfänger weiß ich, wie es jemandem wie Elias geht und welch Geschenk eine Spende ist. Die Geschichte von Skaterherz erzählt dies kurzweilig und ohne Kitsch. « Marius Schaefer - JUNGE HELDEN e.V.- Ein berührendes Jugendbuch zum Thema Organspende- Besondere Geschichte über die Freundschaft zweier Jungen- Eine herzergreifende Storyline, die mit wechselnder Perspektive der beiden Protagonisten Boyd und Elias erzählt wird - Ernstes Thema, mit Leichtigkeit und Humor verpackt- Für Fans von "Dieses bescheuerte Herz" und "Club der roten Bänder"
"Empfohlen ab 12 Jahren ist es ein Buch, das fast die Bezeichnung "All-Ager" verdient. Eine Geschichte, die auf sehr vielen Ebenen klug, nachdenklich und unterhaltsam zugleich ist. Für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene." WDR 5 Scala
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.07.2023Manchmal liegt das Herz auch falsch
Brenda Heijnis verschafft ihrer Hauptfigur ein Spenderorgan - und Gesellschaft
Boyd ist ein Trottel, findet Boyd. Und er ist genau die Art Teenager, die sich so etwas von niemandem sonst sagen lassen würde: nicht von den Freunden im Skaterpark, nicht vom zaghaften Elias, den er gerade erst kennenlernt, allenfalls vielleicht von seinem Großvater, hinter dessen Haus er neulich heimlich eine Selbstgedrehte geraucht hat, um sie schnell wegzuwerfen, als er hörte, dass jemand kommt. Kurz darauf brannte das Haus des Großvaters, und jetzt bekommt Boyd nicht mehr aus dem Kopf, dass er die Zigarette nicht einmal mehr ausgedrückt hatte. Und dass im Schuppen diese Benzinkanister standen, für das Boot.
Aber das ist nicht der Grund, weshalb sich der Draufgänger Boyd im Jugendbuch "Skaterherz" der niederländischen Autorin Brenda Heijnis einen Trottel schimpft: Boyd ist auf der Fahrradbrücke über die Autobahn mit dem Board aufs Geländer gesprungen, um ein Stück darauf zu grinden und wieder auf der Brücke zu landen. Er stürzte auf der anderen Seite ab. Jetzt ist Boyd tot, dabei war es eigentlich Elias, der nicht mehr lang zu leben hatte. Einzige Hoffnung war die auf ein Spenderherz, auf eine Organtransplantation, darauf, dass sein Körper das neue Herz nicht abstoßen würde.
Statt zu erzählen, wie sich ein dreizehn Jahre alter Junge mit seiner Herzschwäche arrangiert hat, wie er nach einer hochriskanten Operation langsam Vertrauen in sein fremdes Herz fassen lernt, wie er mit den Fragen zurechtkommt, in wessen Brust es vorher geschlagen und was es womöglich vom Organspender mitgenommen hat, wagt Brenda Heijnis einen Kunstgriff, den jugendliche Leser gemeinhin einem Buch allenfalls im Fantasy-Genre durchgehen lassen: In "Skaterherz" gibt es Geister. Einen Geist. Boyd. Nur Elias kann ihn sehen, er kann sogar mit ihm reden. Und damit nicht genug: Einmal träumt er aus Boyds Vergangenheit, und einmal sieht er ihn in einem Moment der Verzweiflung, als sich Boyd gerade zu seinen Freunden im Skaterpark davongeschlichen hat.
Dabei kommt Boyd eigentlich meist nicht weit: Wie ein Gummiband hält den Geist etwas zurück, wenn er aus dem Krankenhaus auszureißen versucht, wenn er nicht mehr mit ansehen kann, wie wenig Elias in den Tagen nach der OP wagt oder wie seine Eltern ihn behandeln, die es doch nur gut meinen.
Brenda Heijnis lässt es nicht nur spuken auf den knapp hundertvierzig Seiten ihrer Geschichte, sie lässt Boyd auch erzählen, Kapitel für Kapitel im Wechsel mit Elias. Was das bringt? Es ermöglicht das Erzählen einer Freundschaft, die auch unter normalen Umständen zwischen derart unterschiedlichen Charakteren höchst unwahrscheinlich wäre. Es erlaubt einen Blick auf das allmählich wachsende Verständnis der beiden füreinander, darauf, wie sich der Zaghafte und der Draufgänger miteinander arrangieren, wie sie einander herausfordern, wie sie einander Wünsche erfüllen, aber auch mit einiger Entschlossenheit aus dem herausführen, was sie sich selbst zugetraut hätten. Dramatische Szenen, lustige Momente, freche Kommentierungen. Schließlich erlaubt es der Autorin, aus zwei Perspektiven zu schildern, wie Boyd Elias nach Cyrano-Art durch eine romantische Szene mit einer anderen jungen Herzpatientin im Krankenhaus souffliert. Und wenn sie sich doch auf eine Stimme beschränkt, denken ihre Leser die andere längst mit: wenn sich Elias, noch wackelig auf den Beinen, auf den Weg macht zu Boyds Großvater, um für den verstorbenen Freund etwas zu klären, dessen Klärung Boyd wohl selbst nicht gewagt hätte.
"Ich hätte ein schlechteres Herz bekommen können", gesteht sich Elias an einer Stelle ein - auch wenn Boyd unausstehlich sein kann. "Du kannst nicht bis in alle Ewigkeit Angst haben", sagt er sich selbst, als er merkt, wie er vor einem für ihn wichtigen Schritt zurück ins eigene Leben zurückschreckt. "Vielleicht vertraust du ja deinem neuen Herz allmählich", vermutet ein Arzt, als die Werte auf einmal besser sind als erwartet, nicht ahnend, dass noch so einiges mehr hängt an diesem Herz, dass an dem Jungen, der sich wieder seiner Welt zuwendet, einer hängt, der sich von dieser Welt auch nach dem Tod nicht verabschieden kann.
Was macht mich aus? Was steckt sonst noch alles in mir? Was schränkt mich ein, und wie wäre es, diese Einschränkung zu überwinden? Viele der Fragen, die Brenda Heijnis in ihrem Jugendbuch berührt, ohne ihr Publikum mit der Nase darauf zu stoßen, beschäftigen Heranwachsende nicht nur in einer ähnlich existenziellen Situation wie der von Elias. Dass sie ihm dabei etwas Unglaubwürdiges, Übersinnliches in eine ansonsten durchgehens realistische, von Visiten und Besuchen, von der Langeweile und den vielen anderen Krankenhausroutinen geprägte Szenerie mischt, wird das junge Publikum seiner Autorin leicht verzeihen. Und wer weiß: Vielleicht stehen der Nahtoderfahrung mit den vielen erstaunlichen Beschreibungen, die manche Wiederbelebte nach ihrer Rückkehr geben, noch weitere Dimensionen zwischen Leben und Tod zur Seite? Boyds Großvater würde es glauben. FRIDTJOF KÜCHEMANN
Brenda Heijnis: "Skaterherz".
Aus dem Niederländischen von Birgit Erdmann. Mixtvision, München 2023. 144 S., geb., 16,- Euro. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Brenda Heijnis verschafft ihrer Hauptfigur ein Spenderorgan - und Gesellschaft
Boyd ist ein Trottel, findet Boyd. Und er ist genau die Art Teenager, die sich so etwas von niemandem sonst sagen lassen würde: nicht von den Freunden im Skaterpark, nicht vom zaghaften Elias, den er gerade erst kennenlernt, allenfalls vielleicht von seinem Großvater, hinter dessen Haus er neulich heimlich eine Selbstgedrehte geraucht hat, um sie schnell wegzuwerfen, als er hörte, dass jemand kommt. Kurz darauf brannte das Haus des Großvaters, und jetzt bekommt Boyd nicht mehr aus dem Kopf, dass er die Zigarette nicht einmal mehr ausgedrückt hatte. Und dass im Schuppen diese Benzinkanister standen, für das Boot.
Aber das ist nicht der Grund, weshalb sich der Draufgänger Boyd im Jugendbuch "Skaterherz" der niederländischen Autorin Brenda Heijnis einen Trottel schimpft: Boyd ist auf der Fahrradbrücke über die Autobahn mit dem Board aufs Geländer gesprungen, um ein Stück darauf zu grinden und wieder auf der Brücke zu landen. Er stürzte auf der anderen Seite ab. Jetzt ist Boyd tot, dabei war es eigentlich Elias, der nicht mehr lang zu leben hatte. Einzige Hoffnung war die auf ein Spenderherz, auf eine Organtransplantation, darauf, dass sein Körper das neue Herz nicht abstoßen würde.
Statt zu erzählen, wie sich ein dreizehn Jahre alter Junge mit seiner Herzschwäche arrangiert hat, wie er nach einer hochriskanten Operation langsam Vertrauen in sein fremdes Herz fassen lernt, wie er mit den Fragen zurechtkommt, in wessen Brust es vorher geschlagen und was es womöglich vom Organspender mitgenommen hat, wagt Brenda Heijnis einen Kunstgriff, den jugendliche Leser gemeinhin einem Buch allenfalls im Fantasy-Genre durchgehen lassen: In "Skaterherz" gibt es Geister. Einen Geist. Boyd. Nur Elias kann ihn sehen, er kann sogar mit ihm reden. Und damit nicht genug: Einmal träumt er aus Boyds Vergangenheit, und einmal sieht er ihn in einem Moment der Verzweiflung, als sich Boyd gerade zu seinen Freunden im Skaterpark davongeschlichen hat.
Dabei kommt Boyd eigentlich meist nicht weit: Wie ein Gummiband hält den Geist etwas zurück, wenn er aus dem Krankenhaus auszureißen versucht, wenn er nicht mehr mit ansehen kann, wie wenig Elias in den Tagen nach der OP wagt oder wie seine Eltern ihn behandeln, die es doch nur gut meinen.
Brenda Heijnis lässt es nicht nur spuken auf den knapp hundertvierzig Seiten ihrer Geschichte, sie lässt Boyd auch erzählen, Kapitel für Kapitel im Wechsel mit Elias. Was das bringt? Es ermöglicht das Erzählen einer Freundschaft, die auch unter normalen Umständen zwischen derart unterschiedlichen Charakteren höchst unwahrscheinlich wäre. Es erlaubt einen Blick auf das allmählich wachsende Verständnis der beiden füreinander, darauf, wie sich der Zaghafte und der Draufgänger miteinander arrangieren, wie sie einander herausfordern, wie sie einander Wünsche erfüllen, aber auch mit einiger Entschlossenheit aus dem herausführen, was sie sich selbst zugetraut hätten. Dramatische Szenen, lustige Momente, freche Kommentierungen. Schließlich erlaubt es der Autorin, aus zwei Perspektiven zu schildern, wie Boyd Elias nach Cyrano-Art durch eine romantische Szene mit einer anderen jungen Herzpatientin im Krankenhaus souffliert. Und wenn sie sich doch auf eine Stimme beschränkt, denken ihre Leser die andere längst mit: wenn sich Elias, noch wackelig auf den Beinen, auf den Weg macht zu Boyds Großvater, um für den verstorbenen Freund etwas zu klären, dessen Klärung Boyd wohl selbst nicht gewagt hätte.
"Ich hätte ein schlechteres Herz bekommen können", gesteht sich Elias an einer Stelle ein - auch wenn Boyd unausstehlich sein kann. "Du kannst nicht bis in alle Ewigkeit Angst haben", sagt er sich selbst, als er merkt, wie er vor einem für ihn wichtigen Schritt zurück ins eigene Leben zurückschreckt. "Vielleicht vertraust du ja deinem neuen Herz allmählich", vermutet ein Arzt, als die Werte auf einmal besser sind als erwartet, nicht ahnend, dass noch so einiges mehr hängt an diesem Herz, dass an dem Jungen, der sich wieder seiner Welt zuwendet, einer hängt, der sich von dieser Welt auch nach dem Tod nicht verabschieden kann.
Was macht mich aus? Was steckt sonst noch alles in mir? Was schränkt mich ein, und wie wäre es, diese Einschränkung zu überwinden? Viele der Fragen, die Brenda Heijnis in ihrem Jugendbuch berührt, ohne ihr Publikum mit der Nase darauf zu stoßen, beschäftigen Heranwachsende nicht nur in einer ähnlich existenziellen Situation wie der von Elias. Dass sie ihm dabei etwas Unglaubwürdiges, Übersinnliches in eine ansonsten durchgehens realistische, von Visiten und Besuchen, von der Langeweile und den vielen anderen Krankenhausroutinen geprägte Szenerie mischt, wird das junge Publikum seiner Autorin leicht verzeihen. Und wer weiß: Vielleicht stehen der Nahtoderfahrung mit den vielen erstaunlichen Beschreibungen, die manche Wiederbelebte nach ihrer Rückkehr geben, noch weitere Dimensionen zwischen Leben und Tod zur Seite? Boyds Großvater würde es glauben. FRIDTJOF KÜCHEMANN
Brenda Heijnis: "Skaterherz".
Aus dem Niederländischen von Birgit Erdmann. Mixtvision, München 2023. 144 S., geb., 16,- Euro. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Normalerweise wird so etwas nur in der Fantasyliteratur akzeptiert, schreibt Rezensent Fridtjof Küchemann: Brenda Heijnis erzählt in ihrem Jugendbuch eine waschechte Geistergeschichte. Und zwar geht es, führt Küchemann aus, um einen Jungen, Elias, der das Herz eines anderen Jungen, Boyd, implantiert bekommt, nachdem dieser an den Folgen eines Skateboardunfalls stirbt - aber dann nicht loskommt von der Welt der Lebenden und mit Elias zu interagieren beginnt. Gern folgt der Rezensent den diversen Komplikationen, die sich aus dieser Situation ergeben und die mit den unterschiedlichen Persönlichkeiten der beiden Jungen zu tun haben. Der insgesamt geschickt eingesetzte erzählerische Kunstgriff erlaubt es der Autorin, meint Küchemann, zentrale Fragen des Erwachsenwerdens spielerisch anstatt plakativ zu verhandeln.
© Perlentaucher Medien GmbH
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