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So macht Kommunismus Spaß ist die Geschichte von Ulrike Marie Meinhof, Klaus Rainer Röhl und ihrer Zeitschrift »konkret« von den frühen Jahren der Bundesrepublik bis zum Beginn der Jugend- und Studentenrevolte von »68«. Die Journalistin Bettina Röhl erzählt die Lebensgeschichten ihrer Eltern, die sich 1958 bei den Aktionen »Kampf dem Atomtod« kennen lernten und fortan zusammenarbeiteten. Entlangd en Aufzeichnungen in einer Akte aus DDR-Beständen, der Akte Konkret, in der die illegale West-KPD mit Sitz in Ostberlin die Treffen mit Ulrike Meinhof und Klaus Rainer Röhl protokollierte,…mehr

Produktbeschreibung
So macht Kommunismus Spaß ist die Geschichte von Ulrike Marie Meinhof, Klaus Rainer Röhl und ihrer Zeitschrift »konkret« von den frühen Jahren der Bundesrepublik bis zum Beginn der Jugend- und Studentenrevolte von »68«. Die Journalistin Bettina Röhl erzählt die Lebensgeschichten ihrer Eltern, die sich 1958 bei den Aktionen »Kampf dem Atomtod« kennen lernten und fortan zusammenarbeiteten. Entlangd en Aufzeichnungen in einer Akte aus DDR-Beständen, der Akte Konkret, in der die illegale West-KPD mit Sitz in Ostberlin die Treffen mit Ulrike Meinhof und Klaus Rainer Röhl protokollierte, dokumentiert sie den Aufstieg der Zeitschrift »konkret« von ihrem Start in den Fünfzigern bis zu ihrem Durchbruch in den sechziger Jahren, als sie zu der meistgelesenen Studentenzeitschrift avancierte. Zugleich beschreibt sie das politisch-gesellschaftliche Umfeld, das diese Erfolgsgeschichte begünstigte. Darüberhinaus legt sie die authentischste Biographie Ulrike Meinhofs vor, die als Schülerin und Stu dentin, Journalistin, Ehefrau und Mutterdurch zahlreiche bisher unveröffentlichte Briefe und Dokumente selbst zu Wort kommt. Ulrike Meinhofs »erstes Leben«, so zeigt dieses Buch, war bis 1968 kein Präludium für spätere Fehlentwicklungen, wie häufig impliziert wird. Bettina Röhl führte zahlreiche Interviews mit Reich-Ranicki, Fritz J. Raddatz, Johannes Rau, Bahman Nirumand, und legt insgesamt eine mit viel Humor aufgezeichnete Familiengeschichteund ein spannendes, fakten- und dokumentenreiches Gesellschaftsporträt der fünfziger und sechziger Jahre vor.
Autorenporträt
Bettina Röhl wurde 1962 in Hamburg geboren. Ihre Mutter Ulrike Marie Meinhof war zum Zeitpunkt ihrer Geburt Chefredakteurin der Zeitschrift Konkret. Ihr Vater Klaus Rainer Röhl der Konkret-Herausgeber. Bettina Röhl machte am humanistischen Christianeum 1982 ihr Abitur und studierte Geschichtswissenschaft und Germanistik in Hamburg und Perugia (Italien). 1985 begann sie neben ihrem Studium journalistisch zu arbeiten. Zunächst als Volontärin bei der Zeitschrift »TEMPO«, anschließend arbeitete sie für die »MännerVogue«, »Spiegel TV« und späte rals freie Journalistin für verschiedene Medien. 2001 wurde Bettina Röhl mitVeröffentlichungen zu Joschka Fischers Vergangenheit in »stern«, »Bild« und dem Fernsehmagazin »Panorama« bekannt. Heute ist sie als freie Journalistin u.a. für »Cicero«, taz und die »Netzeitung« tätig .
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Instruktiv findet Rezensent Jochen Staadt diese Doppelbiografie über Ulrike Meinhof und Klaus Rainer Röhl, die Bettina Röhl verfasst hat. Das auf zahlreichen Akten, Briefen und Aussagen von Zeitzeugen basierende Buch behandle insbesondere die ersten 34 Lebensjahre Meinhofs, die Zeit also, die sie politisch prägen sollte. Staadt berichtet über Meinhofs Studium in Marburg beim SED-nahen Hochschullehrer Wolfgang Abendroth, ihre Hinwendung zum Kommunismus, Röhls und Meinhofs Fahrten in die DDR, die Subventionen für ihre subversive Hamburger Zeitschrift "konkret" zahlte. Die Zeit des Terrorismus kommt dagegen nur kurz auf den letzten Seiten des Epilogs zur Sprache, was Staadt zu der Vermutung veranlasst, möglicherweise werde ein zweiter Band folgen. Respekt äußert er für die Leistung der Autorin, merkt er dem Buch doch den Aufwand an Recherchen, Energie und Herzblut an, den es verschlungen hat. Deutlich ist für ihn, dass Bettina Röhl hier - trotz aller Bemühung um Historisierung - auch das "zutiefst verletzende Erlebnis einer enttäuschten Tochterliebe" verarbeite.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2006

Couscous für die Terroristen
Bettina Röhl hat ein kluges und kitschfreies Buch über ihre Eltern Ulrike Meinhof und Klaus Rainer Röhl geschrieben

Es ist ein dickes und schweres Buch. Man schleppt es tagelang durch die Stadt, es hält einen auf wie ein unabweisbarer, komplizierter Verwandter. Aber er hat auch etwas mitgebracht, Geschichten von früher, über den Part, den man als Kind verschlafen hat. Die Achtundsechziger, welche dämonischen Wirkungen auf die westliche Zivilisation man ihnen auch zuschreiben mag, in einem Punkt waren sie doch kompromißlos: Kinder gehören in die Schule, und zwar pünktlich und also am Abend vorher ins Bett. In anderen Fragen waren sie sich weniger sicher. Eine dieser Fragen wurde bei uns zu Hause besonders oft verhandelt: Was, wenn Ulrike, Andreas und die anderen heute nacht bei uns klingeln?

Ich habe es mir seitdem manchmal vorgestellt, wie die aufgedrehten, monomanischen und bewaffneten Terroristen unsere Küche okkupieren und erst mal bewirtet werden. Mein Vater hätte an ihren Autos rumgeschraubt, meine Mutter und ihre Clique wären sitzen geblieben, hätten immer skeptischer und schließlich genervt den ernsten, großen Tönen zugehört. Das revolutionäre Abenteuer hätte nur ein Couscous-Essen lang gedauert, dann wäre es für die friedlichen Provinz-Achtundsechziger zu anstrengend geworden, und sie hätten sich langsam, denn alles ging damals langsam, in klapprigen Autokonvois zum langen Picknicken verabschiedet.

Der Terror und wir

Das werden sich die Terroristen auch gedacht haben, darum sind sie nie gekommen, auch nicht zu den entferntesten Bekannten in anderen Städten. Dafür war öfter mal die Polizei da. Viele Familien haben das erlebt: Nächtliche Einsätze mit baumelnden Maschinenpistolen, eingetretene Türen, aufgebrochene Schränke. Weil ein fremder VW-Bus zu lange vor der Tür geparkt war.

Die Kritik an den Polizeimaßnahmen, an den Haftbedingungen, an der Einschränkung der Verteidigung und der hämischen Berichterstattung war der basso continuo, mit dem die Nachrichten begleitet wurden. Aber es war keine Systemkritik, es war ein Meckern, das auch davon ablenken sollte, daß die blutige Spur ein abscheulicher Irrweg war. Bloß: Das sagten und schrieben ja schon alle Medien, da konnte man doch selber auch ein wenig Kritik am System üben. Die gesellschaftliche Minderheit der Studenten, die 1968 links waren, haben friedlich und gemächlich ihren Lebensweg fortgesetzt, auch weil die kleine, hochmediatisierte Gruppe der Terroristen vorgemacht hat, was für eine blutige Sackgasse der sogenannte bewaffnete Kampf war. Und was für eine idiotische Tragödie.

Da. Nun ist es wieder passiert: Dieses Buch, zu diesem Thema, verweist auf die Abende auf dem Flokatiteppich, vor dem ein Riesenfernseher auf einem afrikanischen Hocker thronte. Die Autorin wird davon ein Lied zu singen wissen: Wer von Ulrike Meinhof hört, redet von sich, mit allen Verzerrungen und Ausschmückungen.

Genau darum ist es jetzt, vierzig Jahre später, so wichtig, sich noch einmal über diese längst zur Geschichte geronnenen Episode zu beugen, auch wenn es ja schon verschiedentlich mit großem Ernst und Fachwissen unternommen worden ist. Doch dieses Buch schafft etwas Neues: Es bringt bislang unbekannte Dokumente und Zeugenaussagen, webt sie in eine stilsicher komponierte Erzählung und versöhnt die extrem widerspenstigen Fakten und Figuren mit einem großzügigen, intelligenten Humor.

Es ist überdies ein Buch, von dem man a priori annehmen würde, daß es nie geschrieben werden könnte: Wie soll eine Tochter über das geschichtliche Umfeld ihrer Eltern recherchieren, wie könnte sie das Auseinanderbrechen der Ehe schildern und schließlich die Trennung von und den Tod ihrer Mutter? Und auch noch so, daß man keine der fast 700 Seiten überflüssig findet. Ich hätte nicht darauf gewettet. "So macht Kommunismus Spaß!" sind mehrere Bücher in einem, ein großer bundesdeutscher Familienroman, der aus einer Handvoll atemberaubender Nebenhandlungen zusammengefügt ist.

Deutsche Geschichte

Allein die Kindheit von Ulrike Meinhof und die Figur einer Renate Riemeck sind so seltsam und gewunden, daß man sie für ausgedacht halten möchte. Nach dem Tod der Mutter wird Ulrike von der ehrgeizigen Riemeck quasi adoptiert, die es selbst aus größtem Nachkriegselend zur jüngsten deutschen Professorin bringt. "Sie wird zu einem bedeutsamen Familienmitglied und in gewisser Weise zur Schlüsselfigur für die Frauen dreier Generationen: Für Ingeborg Meinhof ist sie Lebenspartnerersatz, für Ulrike Meinhof wird sie Vaterersatz und Ziehmutter, für meine Schwester und mich ist sie jahrzehntelang eine Art Ersatzgroßvater, Ziehmutter der Mutter und Vorbild."

1955 wird Riemeck nach Wuppertal berufen, wo sie Gustav Heinemann und Johannes Rau kennenlernt und zu einer Wortführerin der Antiwiederbewaffnungsbewegung wird. Später verläßt sie den Hochschuldienst, weil sie als Kandidatin der DFU unter Verdacht allzu enger Verbundenheit mit den Kommunisten gerät. Falsch ist der Verdacht nicht: Die Autorin berichtet von einem förmlichen Interview mit ihrer Adoptivgroßmutter, in dem die den Kulakenmord und die GULags als Ergebnisse westlicher Desinformation abzutun versucht. Auch Klaus Rainer Röhl ist in all seiner Zerrissenheit glänzend dargestellt, flamboyant zwischen einer rührenden Fürsorge und einer perfekt einstudierten Widerwärtigkeit changierend.

Das ideologische Pendeln zwischen Ost und West bildet den wesentlichen ideengeschichtlichen Kern des Buches. Bettina Röhl läßt ihren Eltern nichts durchgehen: Die permanenten Angriffe auf die Bundesrepublik, die illegale Konspiration mit den ostdeutschen Kommunisten, die naive und überhebliche Parteinahme für Mao und jede Menge anderer Gewalttäter in der Dritten Welt - immer hält sie präzise dagegen und erinnert daran, in welchem Teil der Welt Menschen und Bürgerrechte garantiert waren und wo sie mit Füßen getreten wurden. Das ist weniger eine Revanche an den besserwissenden Eltern als der kühle Blick der Zeithistorikerin, denn es gelingt der Autorin auf erstaunlich souveräne Weise, das Thema zu objektivieren, wo es angebracht ist.

Manchmal liest sich das seltsam: Auf Seite 403 zum Beispiel, nach einem Exzerpt aus Jürgen Holtkamps kubanischem Tagebuch, zu dem sie anerkennend bemerkt, bei der Lektüre dieses exzellenten Texts würde einem noch heute der Karibikdance in den Gliedern zucken, schreibt sie: "Ulrike und Klaus Röhl waren im Herbst 1962 stolze Eltern von Zwillingstöchtern geworden" - ihre eigene Geburt.

Der Blick auf die Eltern bildet den intellektuell und literarisch interessantesten Teil des Buches. Es ist eine unglaubliche deutsche Geschichte: wie die Röhls ihr linkes Magazin "Konkret" erst von der DDR finanzieren lassen, sich dann mit den Kommunisten überwerfen und plötzlich mit einem Berg Schulden dastehen, dann aber das Blatt aus eigener Kraft vollschreiben und verlegen und es so zu Wohlstand und Ansehen bringen. Mitte der sechziger Jahre sind die Röhls eine linke Vorzeigefamilie, in der die Ehe der Eltern zwar ächzt und knarzt, aber hält, Geld da ist und jede Menge gesellschaftliche Anerkennung. Eine Villa in Blankenese, Parties auf Sylt - all die berühmten Fotos und Anekdoten stammen aus dieser Zeit. Und dann der Absturz: Beim Lesen denkt man an jene Szenen aus Tex-Avery-Cartoons, in denen eine Figur durch sämtliche Stockwerke eines Hauses kracht, um im Boden ein Einschlagloch mit den eigenen Umrissen zu hinterlassen. Die Morde der Terroristen, die Entführung der Zwillinge in ein sizilianisches Lager, die Planung einer weiteren Unterbringung in einem palästinensischen Waisenhaus, das später, das Leben aller Insassen beendend, von Bomben zerstört wird, die Rückführung nach Hamburg und die anschließenden Rachepläne von Horst Mahler und Konsorten: eine Wahnsinnsperiode aus Eifersucht und Gewalt, kreuz und quer durch Europa. Alles bekannt, und doch liest man es hier wie zum ersten Mal.

Kindliche Klarheit

"Wir Kinder" ist die Formel, in der Bettina Röhl die komplizierte Balance aus Eigensinn und Ausgeliefertsein zu beschwören sucht. "Wir Kinder", das ist eine teilautonome Größe, und die Familie ist keine hermetische Einheit. Am glücklichsten beschreibt sie sich, ihre Schwester und die Eltern während der Besuche bei den Röhlschen Großeltern, bei einem vollspießigen Programm aus Mittagessen, Waldspaziergang und Nußkuchen. Da ist sogar die Mutter locker geworden.

Der kindliche Blick findet sich auch in anderen Porträts. Besonders gelungen und für das Buch typisch ist das von Stefan "Onkel" Aust. Er schmeißt, knapp zwanzigjährig, für Röhl die Redaktion. Seine Tochter schreibt nun: "Ich fand Onkel Aust toll, weil alles sicher und unaufgeregt funktionierte. Wenn er uns irgendwo einen Platz anwies, Papier und Stifte gab, dann war der Platz auch wirklich frei, wir konnten uns alleine beschäftigen, das Papier war gut, die Stifte funktionierten." Später rettet Aust den Zwillingen das Leben.

Ein kindlicher Blick ist nicht unbedingt kitschig. Er ist auch klar. Diese Klarheit hat sich die Autorin bewahrt und erlöst in diesem Buch ihre Eltern aus dem Zwischenreich des Kitsches und der Klischees.

NILS MINKMAR

Bettina Röhl: "So macht Kommunismus Spaß! Ulrike Meinhof, Klaus Rainer Röhl und die Akte Konkret." Europäische Verlagsanstalt, 684 Seiten, 29,80 Euro.

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