Charlotte Grasnick, die im April 2009 verstarb, hat ein bedeutendes lyrisches Werk hinterlassen. Die Liebesgedichte sind dabei das Rückgrat ihres Werkes. Entstanden über Jahrzehnte zeichnen sie die Geschichte einer intensiven Begegnung nach - vom ersten Kennenlernen über die Leidenschaft und mitunter schwierige Ehejahre bis hin zu einer späten Aussöhnung, vor allem mit sich selbst. Das Gespräch mit dem Geliebten ist dabei oft Gespräch über Geliebtes: Bilder und Musik, Theater und Dichtung. Ohne Perücken und Masken. Nackt ans Leben gewendet dringt hier eine Dichterin zum Kern der Dinge vor. "Das Gedicht ist die Zeit / unserer mühsamen Wege."
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Wie eine "Flaschenpost" erreicht dieser Gedichtband der 2009 gestorbenen Charlotte Grasnick Lothar Müller, also als unerwartete Nachricht von unbekanntem Absender. Der Rezensent informiert über den Hintergrund der Lyrikerin, die 1939 geboren wurde, 1963 als Sängerin nach Ost-Berlin ging und mit ihrem Mann, dem Lyriker Ulrich Grasnick eine Literaturgruppe in der DDR unterhielt. Benjamin Stein, ebenfalls Mitglied dieses Zirkels und selbst Schriftsteller, hat nun diese aus drei zu Lebzeiten der Autorin erschienenen Gedichtbänden zusammengestellte Edition herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, lässt Müller wissen. Er findet allerdings, dass sie Grasnick mit der Auswahl des Titels zu Unrecht auf Liebeslyrik festlege. Dabei sind nach Ansicht des Rezensenten gerade die Liebesgedichte die schwächeren, weil die Autorin hier zum Sentimentalen und Abgenutzten neigt. Dafür werden dem Rezensenten die Gedichte, in denen sich Grasnick von sich selbst abwendet und anderen Dichtern oder mythische oder alttestamentarische Figuren zuwendet oder die "ästhetische Enklave" ihrer DDR-Existenz beschreibt, als die eigentlich packenden Texte dieses Bandes.
© Perlentaucher Medien GmbH
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