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Eine pointierte und scharfzüngige Rundreise durch die Täler und Höhen der allseits geliebten EU, welche sich abwechselnd wie eine NGO benimmt oder wie ein Versicherungsbüro oder wie eine Black Box.
Für viele Europäer ist die EU eine Art Raumschiff, ziemlich abgehoben, schwer durchschaubar, und gegebenfalls lästig, wenn es sich mal wieder herabsenkt und merkwürdige Signale in Form von neuen Regelungen sendet, z. B. einem Glühbirnenverbot. Wenn in Deutschland das öffentlich-rechtliche Fernsehen seiner Pflicht zur Berichterstattung nachkommt, zappen die Zuschauer weg. Denn langweilig ist es…mehr

Produktbeschreibung
Eine pointierte und scharfzüngige Rundreise durch die Täler und Höhen der allseits geliebten EU, welche sich abwechselnd wie eine NGO benimmt oder wie ein Versicherungsbüro oder wie eine Black Box.
Für viele Europäer ist die EU eine Art Raumschiff, ziemlich abgehoben, schwer durchschaubar, und gegebenfalls lästig, wenn es sich mal wieder herabsenkt und merkwürdige Signale in Form von neuen Regelungen sendet, z. B. einem Glühbirnenverbot. Wenn in Deutschland das öffentlich-rechtliche Fernsehen seiner Pflicht zur Berichterstattung nachkommt, zappen die Zuschauer weg. Denn langweilig ist es auch. Alles ist auf Konsens ausgerichtet, es gibt keinen richtigen Krawall, für vermeintliche Skandale gibt es keinen Verantwortlichen, es gibt keine Tragödien und Komödien. Brüssel, inzwischen das Synonym für Europa, lässt sich leicht gleichsetzen mit einer Kaste anonymer Apparatschiks. Nicht mal der Volkszorn findet ein Zielobjekt. Das ist nicht herzerwärmend.

Warum wächst und gedeiht das Image-Problem der EU? Der Autor hatte Gelegenheit, dieses Raumschiff gründlich unter die Lupe zu nehmen, von innen und außen, und legt hier eine Bestandsaufnahme vor. Was schief läuft in Europa, hat er ordentlich sortiert:
1. Die EU regelt Kleines zu groß und Großes zu klein.

2. Die EU regelt Weiches zu hart und Hartes zu weich.

3. Die EU bewegt sich oben zu schnell und unten zu langsam.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.01.2011

In der Weltgeschichte unerreicht
Der Journalist Jochen Bittner bemäkelt die EU – ihre großen Errungenschaften will er nicht sehen
Als intimer Kenner der Brüsseler Szene hat Jochen Bittner, der EU-Korrespondent der Zeit , seinen Finger auf Schwachstellen der heutigen Europäischen Union gelegt.
In der Tat haben viele Kommissionsdienste ein Eigenleben, das nicht mehr dem heutigen, stärker demokratisch geprägten Europa des Vertrages von Lissabon entspricht. In vielen Fällen ignorieren sie den oft zu gering ausgeprägten politischen Willen der EU-Kommissare, die nicht wie ein Minister an der Spitze ihres Ministeriums stehen, sondern unter der Kontrolle des Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, und seiner Generalsekretärin mit ihrer Handvoll Kabinettsmitgliedern im Elfenbeinturm des Kommissionsgebäudes „Berlaymont“ sitzen.
Die Generaldirektoren, die auf nationaler Ebene mit den Staatssekretären vergleichbar sind, haben oft keine Angst vor ihrem jeweiligen Kommissar, weil dieser keine Ministerverantwortung mit Durchgriffsrecht hat. So werden oftmals unnötige Gesetzgebungsvorschläge nicht gestoppt, die fleißige Beamte ohne Gespür für die öffentliche Meinung und politische Balance produzieren. Auch haben in der Tat das Europäische Parlament (EP) und der Rat als gleichberechtigte Gesetzgeber noch nicht herausgefunden, wie diesem Mechanismus ein Ende gesetzt werden kann. Die EU muss nach den Revolutionen der vergangenen Jahre – Binnenmarkt, Euro, Erweiterung – endlich die Kraft zur Konsolidierung finden.
„Die EU regelt das Kleine zu groß und das Große zu klein. Sie regelt das Weiche zu hart und das Harte zu weich. Und sie bewegt sich oben zu schnell und unten zu langsam“, lautet Bittners Vorwurf: Die EU finde nicht den „Mittelweg“. Gleichzeitig kritisiert er, dass „wirklich bewegende politische Materie“, dass „das Steuer-, Familien-, Bildungs- oder Gesundheitsrecht“ nationale Angelegenheiten geblieben sind. Beim Steuerrecht kann man zu Recht streiten, aber die anderen Bereiche sollten und dürfen nicht allein europäisch sein, wenn der alles regelnde Superstaat vermieden werden soll.    
Bittner macht sich nicht die Mühe, darzustellen, warum es so schwer ist, einen Mittelweg zu finden: Was große Staaten meinen, noch allein schaffen zu können, halten kleine nur über Europa für erreichbar. Arme Staaten haben andere Prioritäten als reiche. Mitunter hatte ich beim Lesen den Eindruck, dass Bittner sich „germanozentrisch“ an den Rand des populistischen Boulevards heranschreibt.
Bittner hat sein Buch einige Monate nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon geschrieben. Die Umsetzung des Vertrages – der neue Europäische Auswärtige Dienst, der als eine Art „EU-Außenministerium“ fungieren soll, ist zum Beispiel erst seit Dezember 2010 im Aufbau –wird verständlicherweise noch einige Zeit benötigen. Deshalb ist Bittners Darstellung der innergemeinschaftlichen Demokratie und Volkssouveränität an manchen Stellen schlicht falsch. So wird der Kommissionspräsident in Zukunft vom EP gewählt; die von ihren nationalen Parlamenten gewählten europäischen Staats- und Regierungschefs haben nur ein Vorschlagsrecht für den Kandidaten „im Lichte des Ergebnisses der Europawahl“. Die Kommissare wiederum werden von nationalen Regierungen benannt und müssen vom EP bestätigt werden, womit sie eine stärkere demokratische Legitimation haben als deutsche Minister, die die Kanzlerin ohne Votum des Bundestages bestellt.
Seit Lissabon müssen fast alle Drittlandsverträge der EU vom EP ratifiziert werden. Nahezu die gesamte Gesetzgebung ist jetzt in den Händen des mit dem Rat gleichberechtigten Parlaments – mit den gleichen Verfahren, wie sie bei Gesetzen angewendet werden, denen Bundesrat und Bundestag zustimmen müssen. So haben wir nun auf EU-Ebene ähnlich wie in Deutschland ein Zwei-Kammer-System.
Es ist doch völlig klar, dass die europäischen Völker und Staaten angesichts der globalen Entwicklung bei der Durchsetzung von internationalen Regeln der Finanzmarktordnung, der Energiesicherheit, des Klimawandels, beim Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus, bei Globalisierung und Migration nur über die Bündelung aller Kräfte eine Chance haben. Damit gewinnen sie Souveränität zurück, sind im Gegensatz zum diplomatischen Intergouvernementalismus, der auf Einstimmigkeit beruht, durch Mehrheitsentscheidungen handlungsfähig und haben eine in der Welt einmalige transparente und demokratische Legitimation durch das föderale Zweikammersystem, wobei die demokratischen Staaten die Herren der Verträge bleiben.
Bittner müsste eigentlich wissen, dass US-Amerikaner, deren Meinungen nicht nur von den Medien des Murdoch-Imperiums geprägt sind, dies bewundern. Als das Europaparlament das sogenannte Swift-Abkommen ablehnte und erfolgreich mehr Datenschutz für die Europäer forderte, waren nur die Amerikaner erschrocken, die uns Europäer als Vasallen der USA betrachten und die amerikanische Haltung des „teile und herrsche“ beibehalten wollen.
Die größte Schwachstelle des Buches ist jedoch, dass Bittner nicht detailliert auf den Nutzen der EU eingeht. Nur mit dem supranationalen Gemeinschaftseuropa der „Methode Monnet“, mit seiner Art der Entscheidungsfindung nach dem Mehrstimmigkeitsprinzip und durch die verbindliche, überprüfbare und unmittelbar geltende Rechtsgemeinschaft konnte die EU zum erfolgreichsten Zusammenschluss in der Geschichte dieses Kontinents oder sogar weltweit werden.
Der wirtschaftliche Nutzen durch den Binnenmarkt und den Euro ist überwältigend für uns Deutsche. Exporte und Arbeitsplätze werden durch gemeinsame Regeln und Standards, Berechenbarkeit und Zwang zur Solidarität erst in diesem Umfang möglich. Die EU kostet die Deutschen jährlich acht Milliarden Euro netto, was etwa einem Drittel des Bundeswehretats entspricht – und das bei einem Handelsbilanzüberschuss von weit mehr als hundert Milliarden Euro. 27 Länder leben in einer Rechtsgemeinschaft, in der nicht mit Panzern, sondern friedlich-demokratisch gestritten und entschieden wird. Dieser stets größte Nutzen für uns Deutsche in der Mitte des Kontinents muss immer neu erarbeitet werden und ist nicht eine erledigte Aufgabe, wie Bittner meint.
Die EU ist wesentlich Stütze und Ausgangsbasis im globalen Wettbewerb. Nur gemeinsam konnten und können Währungskriege verhindert und die Casinospieler, die uns solche Schwierigkeiten bereiten, unter Kontrolle gebracht werden.
Über das wie und wie weit streiten wir in Brüssel wie in Berlin, bei Hartz IV und anderen Projekten. Der demokratische Streit zwischen politischen Kräften und zwischen Institutionen ist das Normale. Das gilt für den Krisenmechanismus zur Sicherung des Euro, der heute übrigens weit stärker ist als bei seiner Einführung. Es gilt auch für den Verbraucherschutz und die Frage, ob Bittners Glühbirne aus Energiespargründen durch Regeln oder durch den Markt abgeschafft wird.
Ja, Bittner hat recht, wenn er sagt, dass die EU „Opfer ihres eigenen Erfolges geworden“ sei. Damit „Frieden, Wohlstand und Freiheit“ als erreicht abzutun und dann zu schreiben, dass das Lob der EU als „Kriegsverhinderungsbündnis“ zum „Tischgebet“ bei abendlichen Sektempfängen in „lüstergeschmückten Stadthäusern (. . .) bei raffinierten Häppchen“ geworden sei, ist nur billig.
Das Erreichte muss jeden Tag verteidigt, die Kraft für neue Herausforderungen mühsam erarbeitet werden. Und dafür darf – so notwendig es ist, die EU in ihren Schwächen zu kritisieren – der Nutzen dieses Europas des Friedens und Wohlstands nicht vergessen werden. Es ist schade, dass dies faktenreiche und lebendig geschriebene Buch durch so manche Einseitigkeit nur einen weiteren Beitrag zu den Vorurteilen liefert. So nicht, Jochen Bittner. Die Chance, die in dieser Publikation lag, ist leider vertan. ELMAR BROK
JOCHEN BITTNER: So nicht, Europa! Die drei großen Fehler der EU. DTV, München 2010. 288 Seiten, 14,90 Euro.
Elmar Brok (EVP/CDU) ist außenpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im EU-Parlament und Vorsitzender der EP- Delegation für die Beziehungen mit den USA. Er war EP-Vertreter in den Regierungskonferenzen für die Verträge von Amsterdam, Nizza, den Verfassungsvertrag und den Vertrag von Lissabon.
Jochen Bittner hält das Lob der
EU für hohl, für das wohlfeile
„Tischgebet“ bei Sektempfängen
Der Rezensent Elmar Brok
findet Bittners Buch allzu
einseitig und germanozentrisch
Alles redet vom Euro, der in der Vorstellung der Leute schlitternd auf Talfahrt ist – und mit ihm, so geht das Gerücht, das europäische Haus. Der Euro ist besser als sein gegenwärtiger Ruf, und die EU ist besser, als Jochen Bittner sie sieht. Das meint jedenfalls der erfahrene Parlamentsabgeordnete Elmar Brok . Was Brok an den Mechanismen der EU stört, beschreibt er in seiner Rezension übrigens auch.
Bernd Eilert stört es, wenn „Biographien“ keine sind. Eilert findet: Erhard Eppler ist besser als die Hagiographie, die Renate Faerber-Husemann über
ihn verfasst hat. augf
Zeichnung: Hurzlmeier
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Keineswegs einverstanden ist Elmar Brok, außenpolitischer Sprecher der konservativen EVP im Europaparlament, mit Jochen Bittners Kritik an der EU. Und so geht er seinerseits scharf ins Gericht mit dem Brüsseler Zeit-Korrespondenten. Neben einigen falschen Darstellungen hält er dem Autor insbesondere Einseitigkeit sowie eine Tendenz zum "populisitschen Boulevard" vor. Besonders ärgert er sich darüber, dass Bittner zwar die Schwachstellen der EU geißelt, den Nutzen, die Vorteile, die vielen Erfolge dieses Zusammenschlusses aber außen vor lässt. So liefert das Werk in den Augen des Rezensenten letztlich nur einen "weiteren Beitrag zu den Vorurteilen" gegenüber der EU.

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