Wenn der Nachwuchs nicht recht einschlafen oder gar nicht durchschlafen kann, sind Eltern schnell am Ende ihrer Kräfte. Statt der altbekannten harten Erziehungsmaßnahmen bietet die erfolgreiche Brazelton-Methode liebevolle Einschlafrituale, die den individuellen Bedürfnissen des Kindes gerecht werden - auch für alle Problemfälle von Albträumen bis zum Zähneknirschen. Endlich eine sanftes Ende des "Nachtterrors"!
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2004Alles, was fehlt
Peter Stamm liest im Literaturhaus aus "In fremden Gärten"
Peter Stamm wirkt ein bißchen so, wie seine Prosatexte sind: Er antwortet auf Fragen präzise, ernsthaft, knapp, ruhig, gewissenhaft. Während er liest, ist er sehr konzentriert, wenn er einmal hustet, entschuldigt er sich. Daß das Frankfurter Literaturhaus seinetwegen überfüllt ist wie schon lange nicht mehr, daß sich die Zuhörer nicht nur in den dem Saal angrenzenden Räumen, sondern sogar auf der Treppe und eine Etage höher drängen, scheint er gar nicht wahrzunehmen. Und auf die Frage einer Zuhörerin, warum er denn im Arche Verlag seine Werke publiziere, antwortet er lapidar: Dies sei eben der einzige Verlag gewesen, der seinen ersten Roman genommen habe. Vier andere hätten sein Manuskript sofort zurückgeschickt. Die Zuhörer lachen und schätzen ihn um so mehr.
Ihren Gast bezeichnet die Leiterin des Literaturhauses, Maria Gazzetti, als Vertreter einer dritten Generation bedeutender deutschsprachiger Literaten in der Schweiz, nach Frisch und Dürrenmatt und - später - Muschg. Tatsächlich wurde auch Peter Stamms jüngster Prosaband von der Kritik hoch gelobt. Seit 1998 sein Debütroman "Agnes" und ein Jahr später die Erzählungen "Blitzeis" erschienen, ist der bald 41 Jahre alte Schriftsteller mehrfach ausgezeichnet worden. Immer wurde seine Fähigkeit hervorgehoben, das Hauptereignis auszusparen, das Mögliche gerade durch sein Ausbleiben anzudeuten.
Auch in seinem neuen, im Arche Verlag erschienenen Erzählband "In fremden Gärten" gelingt dem Autor dies mit lakonischer, leiser Sprache vorzüglich. Stamm stellt dem Leser einsame, ja kommunikationsunfähige Menschen vor, die sich Begegnungen nur ausmalen, aber nicht leben können. Ihr Interesse füreinander findet keine Ausdrucksmöglichkeit, endet schließlich hilflos im Rückzug oder in der Ablenkung. In der Erzählung "In fremden Gärten" etwa versorgt eine Nachbarin das Haus, den Garten und die Blumen von Ruth, einer von ihrem Mann verlassenen Frau mit zwei kleinen Töchtern, die im Krankenhaus liegt. Die Nachbarin kommt Ruth in Gedanken immer näher, macht sich Sorgen um sie und entwickelt ein so starkes Mitgefühl, daß sie Ruth besuchen möchte. Ob sie diesen Entschluß aber jemals ausführen wird, erfährt der Leser nicht.
Genauso offen bleibt das Ende der Erzählung "Die ganze Nacht", die Stamm auch für die Lesung ausgewählt hatte: Der in New York lebende Erzähler erwartet eine Frau, deren Ankunft durch einen Schneesturm verzögert wird. Er hat fest vor, ihr etwas mitzuteilen. Um was es sich dabei handelt, verrät er nicht. Am Ende der Nacht jedenfalls, als die Frau endlich angekommen ist, hat der Mann keine Lust oder keinen Mut mehr, das groß angekündigte Gespräch zu führen - das Ereignis, auf das alles hinauslief, bleibt aus. Spröde und in sich zurückgezogen gibt sich auch der Protagonist der in London spielenden Erzählung "Alles, was fehlt". Vom Kontakt zu seiner Nachbarin träumt er nur, denn als sie auf dem Balkon endlich zwei Worte mit ihm wechselt, flüchtet er schnell zurück in die Wohnung. Auch diese Erzählung spricht von dem, was möglich gewesen wäre und doch nicht geschah, und ruft damit beim Leser einen eigenartigen Schmerz hervor.
KATHARINA DESCHKA-HOECK
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Peter Stamm liest im Literaturhaus aus "In fremden Gärten"
Peter Stamm wirkt ein bißchen so, wie seine Prosatexte sind: Er antwortet auf Fragen präzise, ernsthaft, knapp, ruhig, gewissenhaft. Während er liest, ist er sehr konzentriert, wenn er einmal hustet, entschuldigt er sich. Daß das Frankfurter Literaturhaus seinetwegen überfüllt ist wie schon lange nicht mehr, daß sich die Zuhörer nicht nur in den dem Saal angrenzenden Räumen, sondern sogar auf der Treppe und eine Etage höher drängen, scheint er gar nicht wahrzunehmen. Und auf die Frage einer Zuhörerin, warum er denn im Arche Verlag seine Werke publiziere, antwortet er lapidar: Dies sei eben der einzige Verlag gewesen, der seinen ersten Roman genommen habe. Vier andere hätten sein Manuskript sofort zurückgeschickt. Die Zuhörer lachen und schätzen ihn um so mehr.
Ihren Gast bezeichnet die Leiterin des Literaturhauses, Maria Gazzetti, als Vertreter einer dritten Generation bedeutender deutschsprachiger Literaten in der Schweiz, nach Frisch und Dürrenmatt und - später - Muschg. Tatsächlich wurde auch Peter Stamms jüngster Prosaband von der Kritik hoch gelobt. Seit 1998 sein Debütroman "Agnes" und ein Jahr später die Erzählungen "Blitzeis" erschienen, ist der bald 41 Jahre alte Schriftsteller mehrfach ausgezeichnet worden. Immer wurde seine Fähigkeit hervorgehoben, das Hauptereignis auszusparen, das Mögliche gerade durch sein Ausbleiben anzudeuten.
Auch in seinem neuen, im Arche Verlag erschienenen Erzählband "In fremden Gärten" gelingt dem Autor dies mit lakonischer, leiser Sprache vorzüglich. Stamm stellt dem Leser einsame, ja kommunikationsunfähige Menschen vor, die sich Begegnungen nur ausmalen, aber nicht leben können. Ihr Interesse füreinander findet keine Ausdrucksmöglichkeit, endet schließlich hilflos im Rückzug oder in der Ablenkung. In der Erzählung "In fremden Gärten" etwa versorgt eine Nachbarin das Haus, den Garten und die Blumen von Ruth, einer von ihrem Mann verlassenen Frau mit zwei kleinen Töchtern, die im Krankenhaus liegt. Die Nachbarin kommt Ruth in Gedanken immer näher, macht sich Sorgen um sie und entwickelt ein so starkes Mitgefühl, daß sie Ruth besuchen möchte. Ob sie diesen Entschluß aber jemals ausführen wird, erfährt der Leser nicht.
Genauso offen bleibt das Ende der Erzählung "Die ganze Nacht", die Stamm auch für die Lesung ausgewählt hatte: Der in New York lebende Erzähler erwartet eine Frau, deren Ankunft durch einen Schneesturm verzögert wird. Er hat fest vor, ihr etwas mitzuteilen. Um was es sich dabei handelt, verrät er nicht. Am Ende der Nacht jedenfalls, als die Frau endlich angekommen ist, hat der Mann keine Lust oder keinen Mut mehr, das groß angekündigte Gespräch zu führen - das Ereignis, auf das alles hinauslief, bleibt aus. Spröde und in sich zurückgezogen gibt sich auch der Protagonist der in London spielenden Erzählung "Alles, was fehlt". Vom Kontakt zu seiner Nachbarin träumt er nur, denn als sie auf dem Balkon endlich zwei Worte mit ihm wechselt, flüchtet er schnell zurück in die Wohnung. Auch diese Erzählung spricht von dem, was möglich gewesen wäre und doch nicht geschah, und ruft damit beim Leser einen eigenartigen Schmerz hervor.
KATHARINA DESCHKA-HOECK
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