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Ob Liebe zum deutschen Schäferhund oder Begeisterung für Braten von glücklichen Schweinen, Politprominenz oder rechte Glatzen, Designerküche oder 'Spaghetti- Tester al dente': Vor Joseph von Westphalens beißendem Spott ist nichts und niemand sicher in dieser sarkastischen Analyse der Befindlichkeit der Deutschen.

Produktbeschreibung
Ob Liebe zum deutschen Schäferhund oder Begeisterung für Braten von glücklichen Schweinen, Politprominenz oder rechte Glatzen, Designerküche oder 'Spaghetti- Tester al dente': Vor Joseph von Westphalens beißendem Spott ist nichts und niemand sicher in dieser sarkastischen Analyse der Befindlichkeit der Deutschen.
Autorenporträt
Joseph von Westphalen lebt als freier Schriftsteller, Jazzpianist und Journalist in München. Einem größeren Publikum bekannt wurde er durch seine Harry-von-Duckwitz-Romane. Westphalen gilt als einer der scharfzüngigsten, bissigsten und witzigsten Autoren Deutschlands.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.01.2001

Ab heute wird vorgeschossen
Wie man mit der Rede vom Vierten Reich recht reich werden kann: Joseph von Westphalens Deutschenlob stinkt

Deutschland loben gewöhnlich nur Idioten. Statt dessen gehört das Geißeln sowohl deutscher Tugenden als auch deutscher Untugenden zum guten Ton zumindest der besseren Deutschen. Auch Joseph von Westphalen hat immer gerne in diese Kerbe gehauen und dabei mit bissiger Polemik nicht gespart. Doch jetzt hat der findige Schriftsteller, der sich selbst gerne als Lohnschreiber bezeichnet, im fehlenden Lob eine Marktlücke entdeckt.

Deutschland loben, ohne ein Idiot zu sein, ist nicht einfach, Joseph von Westphalen scheitert an dem Versuch. Sein Buch "So sind wir nicht!" ist letztlich nur die wortreiche Entschuldigung für dieses Scheitern mit ein paar eingestreuten Trostpflastern. Elf Essays hätten es werden sollen, die mit ironischem Augenzwinkern als "deutsche Eiertänze" bezeichnet wurden. Doch zwischen Konzept und Beendigung des Buches hat sich die Ironie verflüchtigt, und statt brillanter Essayistik wird geeiert, bis dem Leser schwindlig ist.

Das hat zwei Gründe, einen banalen und einen unvermeidlichen. Der banale ist die Angewohnheit des freien Schriftstellers, Bücher mit seinem Verlag freizügig ins Blaue hinein zu planen, an denen er dann frühestens zwei Wochen vor Abgabetermin zu arbeiten beginnt. Durch das Schreiben von Briefen stimmt er sich dann gewöhnlich auf die eigentliche Schreibarbeit ein, doch in diesem Fall kommt er über die Briefe, die sein Projekt verschiedenen Bekannten vorstellen, nicht hinaus. Ohne den Computer und dessen Kopierfunktion müßte er jetzt den Vorschuß zurückzahlen und ein Werk, auf das niemand besonders gewartet hatte, bliebe ungedruckt. So aber werden die zehn Briefe, die sich mehr als einmal wiederholen, flugs ausgedruckt, um einen elften an den Lektor erweitert und das Ganze an den anscheinend hilflosen Verlag geschickt.

Der unvermeidliche Grund des Scheiterns aber ist das Thema. Über den Deutschen an sich kann man eben nicht reden, ohne dabei ins Eiern zu kommen. Zuerst einmal gilt es die Frage zu klären, was denn nun deutsch ist und was nicht, und dabei tauchen dann die unvermeidlichen Klischees auf. Das fängt an beim deutschen Hund, der wiederum vom Schäferhund bis zum Dackel als Eckpunkte deutscher Befindlichkeiten reicht, geht weiter über deutschen Schweinebraten und deutsches Brot bis hin zum deutschen Urlauber. Der allerdings wird ja bekanntlich in letzter Zeit vom Belgier und Russen im Deutschsein noch übertroffen.

Positiv hervorzuheben wären dagegen vor allem die sogenannten sympathischen Fehler und Fehlschläge der Deutschen: die Expopleite, die lächerlich wirkende Bundeswehr, noch einmal der deutsche Dackel und sein Herr, der eigentlich gar kein Herr sein will, sondern ein Herrchen. Aber natürlich müßte ein solches Lob auch irgendwie ironisch sein, denn Deutschland einfach zu loben wäre zu deutsch. Andererseits wäre die in einem ironischen Lob versteckte Kritik noch viel deutscher.

Es stellt sich dabei heraus, was man sich vermutlich schon gedacht hatte, nämlich daß man über deutsch und undeutsch alles sagen kann beziehungsweise nichts. Kein Deutscher kommt aus der deutschen Falle heraus, denn was immer er auch sagt, unter dem rechten Blickwinkel läßt es sich wieder als typisch deutsch bezichtigen, die Selbstzufriedenheit genauso wie der Selbsthaß. Es gibt aber noch einen heimlichen dritten Grund dafür, warum aus dem Lob der Deutschen nichts werden kann, und das sind die neuesten Umtriebe der von Westphalen als "Nacktschädelschweine" bezeichneten Neonazis. Während der Abfassung seiner Briefe immer wieder mit den Meldungen über rechte Gewalttaten konfrontiert, bleibt dem Autor nichts übrig, als Inhalt durch Provokation zu ersetzen. Und da er sehr richtig die Nazivergangenheit als letztes deutsches Nationalheiligtum des Tabus entdeckt hat, zündet er genau auf diesem Gebiet seinen verbalen Großangriff. Dafür wünscht er sich nichts weniger als eine Neuauflage des Holocaust, einen gigantischen Massenmord, nach Möglichkeit ausgeführt von fremdländischen schönen Powerfrauen. Im vierten Reich des Joseph von Westphalen ist dann jeder des Todes, der auch nur stolz ist auf Deutschland. Wenn das Ironie ist, dann haben wir im internationalen Vergleich sogar die Engländer geschlagen.

Daß er auch anders kann, beweist Joseph von Westphalen immer wieder mit einzelnen funkelnden Passagen, treffenden Beobachtungen und bissigen Bemerkungen. Es wäre ein wunderschöner Essay geworden, doch der unbedingte Wille zum Buch macht daraus eine Zumutung. Nehmt diesem Mann seinen Computer weg!

SEBASTIAN DOMSCH

Joseph von Westphalen: "So sind wir nicht!" Elf deutsche Eiertänze. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2000. 175 S., geb., 29,80 DM.

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