Für die "Titanic" war schnell klar: die erste Kooperation von Hans Zippert und Rudi Hurzlmeier führte zum "schönsten Buch des Monats". Dabei geht's um den jungen Löwen Heribert, der Briefmarken von DDR-Kläranlagen sammelt, mit seinem Vegetarismus den väterlichen Rudelführer erzürnt und doch zeigt, dass ein Löwenherz in ihm steckt. Ganz nebenbei wird noch erklärt, wie PowerPointPräsentationen und Arbeitslosigkeit zusammenhängen. Für Kinder und Kindsköpfe gleichermassen geeignet.
Der kleine Löwe Heribert ist, zumindest aus Löwensicht, ein hoffnungsloser Fall. Er trägt eine Brille, sammelt Briefmarken, ernährt sich vegetarisch und hält sich am liebsten in der Leihbücherei auf. So was tut man nicht, vor allem, wenn der Vater als Anführer eines Löwenrudels arbeitet und zum »Alpha-Tier des Jahres« gewählt wurde. Doch dann werden im Zoo »Teilzeitlöwen« gesucht. Aber auch hier wird Heribert nicht ernst genommen: Was wie ein Löwe aussieht, muss noch lange kein Löwe sein. Denn ein Zoo ist ein ganz normaler Arbeitsplatz. Jeder macht den Job, den man ihm zuteilt. Der arme Heribert muss ziemlich weit unten anfangen: als Wombat. Und er kann froh sein, dass er nicht noch zum Hammerhai degradiert wird. Als auch noch seine Eltern zu Besuch kommen wollen, um zu sehen, wie sich der Junge so als Löwe macht, ist Heribert vollkommen verzweifelt. Und schließlich kursiert ein schreckliches Gerücht: Der Zoo soll geschlossen und alle Tiere an ein Genforschungslabor verkauft werden. Kann Heribert jetzt beweisen, dass doch ein Löwe in ihm steckt und Briefmarkensammeln ein ziemlich cooles Hobby sein kann? Ist dies ein Buch mit einer richtig schönen Moral? Zum Beispiel: Es ist nicht wichtig, wie ein Löwe auszusehen, sondern das Herz eines Löwen zu haben.
Der kleine Löwe Heribert ist, zumindest aus Löwensicht, ein hoffnungsloser Fall. Er trägt eine Brille, sammelt Briefmarken, ernährt sich vegetarisch und hält sich am liebsten in der Leihbücherei auf. So was tut man nicht, vor allem, wenn der Vater als Anführer eines Löwenrudels arbeitet und zum »Alpha-Tier des Jahres« gewählt wurde. Doch dann werden im Zoo »Teilzeitlöwen« gesucht. Aber auch hier wird Heribert nicht ernst genommen: Was wie ein Löwe aussieht, muss noch lange kein Löwe sein. Denn ein Zoo ist ein ganz normaler Arbeitsplatz. Jeder macht den Job, den man ihm zuteilt. Der arme Heribert muss ziemlich weit unten anfangen: als Wombat. Und er kann froh sein, dass er nicht noch zum Hammerhai degradiert wird. Als auch noch seine Eltern zu Besuch kommen wollen, um zu sehen, wie sich der Junge so als Löwe macht, ist Heribert vollkommen verzweifelt. Und schließlich kursiert ein schreckliches Gerücht: Der Zoo soll geschlossen und alle Tiere an ein Genforschungslabor verkauft werden. Kann Heribert jetzt beweisen, dass doch ein Löwe in ihm steckt und Briefmarkensammeln ein ziemlich cooles Hobby sein kann? Ist dies ein Buch mit einer richtig schönen Moral? Zum Beispiel: Es ist nicht wichtig, wie ein Löwe auszusehen, sondern das Herz eines Löwen zu haben.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Tilman Spreckelsen hatte sichtlich seinen Spaß mit diesem Bilderbuch über einen Zoo, in dem man kein Löwe zu sein braucht, bloß weil man wie ein Löwe aussieht. Vielmehr sieht er in diesem Bilderbuch die Tiere im Kostüm anderer Tiere verkleidet vor den Menschen posieren. Zum Beispiel der kleine Löwe Heribert, der sich als Schildkröte von Zoobesuchern tätscheln lässt. Die Welt, die Erzähler Hans Zippert hier entworfen hat, findet der Rezensent witzig, undurchsichtig und "auf permanente Überraschung des Lesers" angelegt, und zwar"ohne Scheu vor Grausamkeit und moralisch unschönen Szenen". Ihm gefällt, dass Zippert außerdem über lange Strecken "jeden Anschein einer Sinnstiftung" vermeidet. Als sich ihm dann schließlich doch Interpretationsmöglichkeiten für das Wirrwarr der Identitäten erschließen, findet er diese gar nicht mehr wichtig. Auch deshalb, weil Rudi Hurzlmeiers Illustrationen auf den Rezensenten derart "bestrickend" wirken, dass ihm daneben alle Interpretationsansätze "wie Mumpitz" erscheinen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2005Ein Löwenherz, Amen!
Im Zoo mit Hans Zippert und Rudi Hurzlmeier
Natürlich gibt es ein richtiges Leben im falschen, manchmal ist das sogar die einzige Möglichkeit, seinen Platz in der Welt zu finden. Oder im Mikrokosmos, im Zoo - besonders wenn der voll ist mit allen möglichen Tieren, die fast durchweg das Kostüm eines anderen tragen.
Der kleine Löwe Heribert etwa, angelockt durch ein Inserat, das Arbeit im Zoo verspricht, findet sich zwar schon bald im Tiergehege wieder, aber nicht unter Löwen, sondern unter Beuteltieren. Als Wombat verkleidet posiert er für die Zoobesucher, als Schildkröte läßt er sich betatschen, als Gnu schließlich outet er sich den anderen Gnus gegenüber als Löwe und erntet nur Gelächter: auch unter den Fellen der übrigen Tiere stecken Löwen.
Die Welt, die Hans Zippert in "So wird man Löwe" entwirft, ist wirr, undurchschaubar und auf die permanente Überraschung Heriberts wie des Lesers hin angelegt. Der kleine Löwe jedenfalls, der schon von Anfang an nicht zu seiner Umgebung paßt - sein Vater, der Anführer des Rudels, überlegt, ob er den bebrillten literaturinteressierten Sprößling, der sich so unlöwenhaft wie nur möglich verhält, nicht einfach totbeißen soll -, stolpert von einer Verunsicherung in die nächste (und hält sich dabei bewundernswert tapfer). Er läßt sich von dem halbseidenen Zoodirektor herumscheuchen, findet in jeder neuen Tiergesellschaft seinen Platz und übernimmt am Ende sogar die Führung der aufbegehrenden Bewohner, als der Zoo durch besonders fiese Geschäftsleute übernommen werden soll.
Zippert erzählt ohne Scheu vor Grausamkeiten - gleich zu Beginn wird die freundliche Bibliothekarin von Heriberts Vater zerrissen, und eine moralisch besonders unerfreuliche Szene ist die - lediglich zur Demonstration unternommene - Hetzjagd in einem Flugzeug auf den Kopiloten unter dem Beifall der übrigen Besatzung. Tatsächlich ist es die Stärke des Buches, lange Zeit jeden Anschein einer Sinnstiftung zu vermeiden. Dem Wombat Gregor bleibt es dann vorbehalten, leider doch noch ein bißchen Ordnung in die offensichtliche Wirrnis zu bringen. Er belehrt Heribert über das Potential, das im wüsten Spiel mit den Identitäten liege: "Nur weil du wie ein Löwe aussiehst, mußt du doch keiner sein. Du hast lange genug hier gearbeitet, um das zu wissen. Man kann sein, was man will. Ein Löwe kann ein Gnu sein und ein Gnu ein Löwe, kein Problem. Löwe ist man nicht, wenn man wie einer aussieht, Löwe ist man im Herzen" - gut, daß Heriberts Vater dazu wenigstens ironisch "Amen" grunzt und anfügt: "Ich dachte schon, dieser alte Wombat hört gar nicht mehr auf zu sülzen."
Denn natürlich läßt sich das alles wunderbar in alle möglichen Richtungen interpretieren: als Erziehungs-, Wirtschafts-, Emanzipationsroman oder auch alles gleichzeitig, und wer es nicht lassen kann, mag darin nach der Abbildung von gruppendynamischen Prozessen suchen oder eine Art absurdes Theater in Prosa für Heranwachsende finden.
Daß solche Deutungen ziemlicher Mumpitz wären, daß sie zumindest nicht neben den bestrickenden Bildern Rudi Hurzlmeiers bestehen könnten, ist ebenfalls klar: Die Illustrationen nämlich, immer ein bißchen weichkantig und in gedämpften Farben gehalten, zeigen mit Vorliebe die sanft verwirrten Augen des kleinen Löwen hinter Brillengläsern, die den Abstand zu einer unverstandenen Welt markieren: etwa in der ersten Verkleidungsszene, als Heriberts Löwenkopf aus dem Wombatskostüm herausschaut, wie es ein großer ovaler Spiegel zurückwirft. Wer diese Irritation aushält, wird mit ruhigem Pragmatismus auch einen Zoo aus den Angeln heben, verspricht das Bild. Und so kommt es ja auch.
TILMAN SPRECKELSEN
Hans Zippert, Rudi Hurzlmeier: "So wird man Löwe". Kein & Aber Verlag, Zürich 2005. 80 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 6 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Im Zoo mit Hans Zippert und Rudi Hurzlmeier
Natürlich gibt es ein richtiges Leben im falschen, manchmal ist das sogar die einzige Möglichkeit, seinen Platz in der Welt zu finden. Oder im Mikrokosmos, im Zoo - besonders wenn der voll ist mit allen möglichen Tieren, die fast durchweg das Kostüm eines anderen tragen.
Der kleine Löwe Heribert etwa, angelockt durch ein Inserat, das Arbeit im Zoo verspricht, findet sich zwar schon bald im Tiergehege wieder, aber nicht unter Löwen, sondern unter Beuteltieren. Als Wombat verkleidet posiert er für die Zoobesucher, als Schildkröte läßt er sich betatschen, als Gnu schließlich outet er sich den anderen Gnus gegenüber als Löwe und erntet nur Gelächter: auch unter den Fellen der übrigen Tiere stecken Löwen.
Die Welt, die Hans Zippert in "So wird man Löwe" entwirft, ist wirr, undurchschaubar und auf die permanente Überraschung Heriberts wie des Lesers hin angelegt. Der kleine Löwe jedenfalls, der schon von Anfang an nicht zu seiner Umgebung paßt - sein Vater, der Anführer des Rudels, überlegt, ob er den bebrillten literaturinteressierten Sprößling, der sich so unlöwenhaft wie nur möglich verhält, nicht einfach totbeißen soll -, stolpert von einer Verunsicherung in die nächste (und hält sich dabei bewundernswert tapfer). Er läßt sich von dem halbseidenen Zoodirektor herumscheuchen, findet in jeder neuen Tiergesellschaft seinen Platz und übernimmt am Ende sogar die Führung der aufbegehrenden Bewohner, als der Zoo durch besonders fiese Geschäftsleute übernommen werden soll.
Zippert erzählt ohne Scheu vor Grausamkeiten - gleich zu Beginn wird die freundliche Bibliothekarin von Heriberts Vater zerrissen, und eine moralisch besonders unerfreuliche Szene ist die - lediglich zur Demonstration unternommene - Hetzjagd in einem Flugzeug auf den Kopiloten unter dem Beifall der übrigen Besatzung. Tatsächlich ist es die Stärke des Buches, lange Zeit jeden Anschein einer Sinnstiftung zu vermeiden. Dem Wombat Gregor bleibt es dann vorbehalten, leider doch noch ein bißchen Ordnung in die offensichtliche Wirrnis zu bringen. Er belehrt Heribert über das Potential, das im wüsten Spiel mit den Identitäten liege: "Nur weil du wie ein Löwe aussiehst, mußt du doch keiner sein. Du hast lange genug hier gearbeitet, um das zu wissen. Man kann sein, was man will. Ein Löwe kann ein Gnu sein und ein Gnu ein Löwe, kein Problem. Löwe ist man nicht, wenn man wie einer aussieht, Löwe ist man im Herzen" - gut, daß Heriberts Vater dazu wenigstens ironisch "Amen" grunzt und anfügt: "Ich dachte schon, dieser alte Wombat hört gar nicht mehr auf zu sülzen."
Denn natürlich läßt sich das alles wunderbar in alle möglichen Richtungen interpretieren: als Erziehungs-, Wirtschafts-, Emanzipationsroman oder auch alles gleichzeitig, und wer es nicht lassen kann, mag darin nach der Abbildung von gruppendynamischen Prozessen suchen oder eine Art absurdes Theater in Prosa für Heranwachsende finden.
Daß solche Deutungen ziemlicher Mumpitz wären, daß sie zumindest nicht neben den bestrickenden Bildern Rudi Hurzlmeiers bestehen könnten, ist ebenfalls klar: Die Illustrationen nämlich, immer ein bißchen weichkantig und in gedämpften Farben gehalten, zeigen mit Vorliebe die sanft verwirrten Augen des kleinen Löwen hinter Brillengläsern, die den Abstand zu einer unverstandenen Welt markieren: etwa in der ersten Verkleidungsszene, als Heriberts Löwenkopf aus dem Wombatskostüm herausschaut, wie es ein großer ovaler Spiegel zurückwirft. Wer diese Irritation aushält, wird mit ruhigem Pragmatismus auch einen Zoo aus den Angeln heben, verspricht das Bild. Und so kommt es ja auch.
TILMAN SPRECKELSEN
Hans Zippert, Rudi Hurzlmeier: "So wird man Löwe". Kein & Aber Verlag, Zürich 2005. 80 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 6 J.
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