"So wirst du stinkreich im boomenden Asien" erzählt die erstaunliche und dramatische Geschichte eines Mannes, der sich von einem verdreckten und kränklichen Jungen aus der verarmten Provinz zu einem korrupten Großunternehmer wandelt, und beruft sich dabei auf die Art von Selbsthilfebüchern, wie sie zu Tausenden im heutigen Asien von jungen, hoffnungsvollen Männern gelesen werden.
Der namenlose Held kommt in einer riesigen Millionenstadt zu erstem Geld und baut sich alsbald ein eigenes Imperium auf mit dem wichtigsten und knappsten Gut, das man sich denken kann: mit Wasser. Doch sein Herz hat er für immer verloren an das hübsche Mädchen, dessen Stern parallel zu seinem aufgeht. Immer wieder kreuzen sich ihre Lebenswege in dieser Liebe zueinander, entzündet und erloschen von den Kräften ihrer jeweiligen Schicksale.
Der Held dieser brillanten Geschichte könnte jeder von uns sein auf der Suche nach einem besseren Leben. Und nicht nur das: Auch das Schicksal, das ihn erwartet, könnte das unsere sein Tempogeladen, lebhaft und emotional tiefgehend erzählt dieser Roman von zwei unvergesslichen Menschen zwischen Momenten transzendenter Intimität und aufwühlenden gesellschaftlichen Veränderungen in der Welt von heute.
Der namenlose Held kommt in einer riesigen Millionenstadt zu erstem Geld und baut sich alsbald ein eigenes Imperium auf mit dem wichtigsten und knappsten Gut, das man sich denken kann: mit Wasser. Doch sein Herz hat er für immer verloren an das hübsche Mädchen, dessen Stern parallel zu seinem aufgeht. Immer wieder kreuzen sich ihre Lebenswege in dieser Liebe zueinander, entzündet und erloschen von den Kräften ihrer jeweiligen Schicksale.
Der Held dieser brillanten Geschichte könnte jeder von uns sein auf der Suche nach einem besseren Leben. Und nicht nur das: Auch das Schicksal, das ihn erwartet, könnte das unsere sein Tempogeladen, lebhaft und emotional tiefgehend erzählt dieser Roman von zwei unvergesslichen Menschen zwischen Momenten transzendenter Intimität und aufwühlenden gesellschaftlichen Veränderungen in der Welt von heute.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Völlig zurecht gilt der pakistanische Autor Mohsin Hamid als einer der begabtesten Schriftsteller seiner Generation, konstatiert Rezensent Hubert Spiegel nach der Lektüre des Romans "So wirst du stinkreich im boomenden Asien". Denn das Buch, das sich nicht nur im Titel als Selbsthilfebuch ausweist, sondern sich bald auch als Satire auf Ratgeberliteratur entpuppt, dabei eine "zynisch-melancholische" Betrachtung über Grenzen, Möglichkeiten und Kosten der Selbstmanipulation und nicht zuletzt eine tragikomische Liebesgeschichte offenbart, hat den Kritiker schnell in seinen Bann gezogen: Spiegel erlebt hier nicht nur die unterentwickelten Lebensbedingungen, die Armut, den Mangel an Hygiene und die Bedrohung durch Gewalt, an denen weite Teile der asiatischen Bevölkerung leiden, sondern liest auch die Geschichte eines Jungen, der mittels Korruption zum Millionär im wirtschaftlich boomenden Asien wird. Abgesehen von dem etwas zu "märchenhaften" Schluss kann der Rezensent dieses raffiniert geschriebene, humorvolle und zugleich die globalisierte Welt anklagende Buch nur empfehlen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.09.2013Lebensratgeber für künftige Tycoons
Die Früchte der Arbeit sind köstlich, aber sie machen weder dick noch reich: Der pakistanische Autor Mohsin Hamid erzählt die Geschichte eines armen Dorfjungen, der zum Millionär wird.
Was ist ein Selbsthilfebuch? Zunächst einmal ein Buch, das seinem Autor dabei hilft, Geld zu verdienen. Wer sonst außer dem Autor könnte ein Selbsthilfebuch brauchen? Menschen, die sich selbst bei irgendetwas helfen möchten - also jeder. Wem hilft ein Selbsthilfebuch? All jenen, die wissen, was sie wollen, und bereit sind, für ihre Ziele zu kämpfen. Wie kann man wissen, was man will? Das ist das Einfachste von allem: "Also sei nun ehrlich und stell dir folgende Frage: Ist Stinkreichwerden noch immer mehr alles andere dein Ziel, dein A und O, der in Nebel gehüllte, hochgelegene Laichteich deines inneren Lachses?"
Es mag Leser des neuen Romans von Mohsin Hamid geben, die noch gar nichts wussten von der Existenz ihres inneren Lachses und der entlegenen Lage seines Laichteichs. Andere werden den Titel - "So wirst du stinkreich im boomenden Asien" - derart anziehend finden, dass sie das Buch auf der Stelle kaufen, obwohl sie nicht in Asien leben oder vorhaben, ihren Wohnsitz dorthin zu verlegen. Dabei verrät bereits die Überschrift des ersten Kapitels, dass es ohne die Bereitschaft zur Mobilität nichts werden wird mit dem Reichtum. Sie lautet: "Zieh in die Stadt".
Der dritte Roman des 1971 geborenen Pakistaners Mohsin Hamid ist ein satirisches Spiel mit dem Genre der Ratgeberliteratur, die in Tonfall und Gestus imitiert und parodiert wird, eine zynisch-melancholische Betrachtung über Grenzen, Möglichkeiten und Kosten der Selbstmanipulation, eine zunächst vor allem komisch-traurige Liebesgeschichte und schließlich die Lebensbeschreibung eines Mannes, der sich der klassischen Karriere eines Tellerwäschers, der es zum Millionär bringen will, verschrieben hat. From rags to riches - so lautet die Formel, mit dem das Land der unbegrenzten Möglichkeiten lockt. Aber heute wird der einstmals amerikanische Traum vor allem in Asien geträumt.
Er beginnt in einem Dorf, wie es ärmlicher kaum denkbar ist. Das Kind, das zu Macht und Reichtum gelangen wird, ist krank, es hat Gelbsucht. Sein Krankenlager befindet sich im einzigen Zimmer seines aus gestampftem Lehm erbauten Elternhauses: "Wie du so auf der Seite liegst, ein Ohr auf der gestampften Erde, siehst du aus deiner Perspektive eines hochgereckten Wurms, wie deine Mutter deinem Vater auf den Hof folgt. Sie füttert die Wasserbüffelkuh, die dort angebunden ist, wirft am Vortag geschnittenes Futter, vermischt mit Stroh, in einen Holztrog und melkt das Tier, während es frisst. Strahlen klatschen hart in einen Blecheimer. Als sie damit fertig ist, führen die Kinder des Compounds, deine Geschwister und Cousins und Cousinen, die Büffelkuh, ihr Kalb und die Ziegen auf Futtersuche. Du hörst das Zischen der geschälten Zweige in ihren Händen, dann sind sie weg."
Auf den ersten vierzig Seiten schildert Hamid das Leben eines Jungen, der irgendwo in Asien aufwächst, vielleicht in Indien oder in Pakistan. Das Landleben hat sich hier seit dem neunzehnten Jahrhundert kaum verändert, von der Moderne ist fast nichts zu sehen, und die Großstadt ist nicht mehr als ein fernes Gerücht. Romantisch ist hier nichts. Nicht die Armut, nicht der Mangel an Hygiene, nicht die feudalistischen Strukturen, nicht die Bedrohung durch körperliche Gewalt und Missbrauch. Hamid skizziert mit knappen Strichen die rückständigen Lebensbedingungen, unter denen noch immer weite Teile der Bevölkerung im boomenden Asien leiden müssen. Die Viruserkrankung wird mit einem primitiven Hausmittelchen behandelt: "Wie du danach reglos daliegst, ein kleiner, gelbsüchtiger Dorfjunge, und dir Rettichsaft aus den Mundwinkeln rinnt und ein matschiges Fleckchen auf der Erde bildet, muss es den Anschein haben, dass stinkreich zu werden für dich unerreichbar ist. Aber hab Vertrauen. Du bist nicht so machtlos, wie du wirkst. Deine Zeit kommt noch. Jawohl, dieses Buch wird dir eine Wahl bieten."
Dann geht es Schlag auf Schlag: Dem ersten Ratschlag - "Zieh in die Stadt" - folgt der zweite: "Verschaff dir Bildung". Auf die Schule folgt die Universität, wo es noch korrupter zugeht als zuvor. Gute Noten, bestandene Examen, Empfehlungsschreiben - nichts, was man nicht kaufen oder über Beziehungen regeln könnte. Aber der Junge vom Dorf hat weder Geld noch einflussreiche Verwandte. Deshalb schließt er sich einer Organisation an, deren wahren Charakter Hamid im Ungefähren belässt. Eine Burschenschaft? Wohl kaum. Ein islamistischer Studentenbund, der soziale Kontrolle ausübt, beachtliche politische Aktivitäten entfaltet und Angst und Schrecken verbreitet? Schon eher. Hamid belässt es bei Andeutungen und hat gute Gründe dafür. Weil weder das Land noch die Stadt, noch der Junge einen Namen erhalten, könnte seine Geschichte überall in Asien spielen, zumindest überall dort, wo vormoderne Verhältnisse und eine rasant voranschreitende Modernisierung aufeinandertreffen, wo Technologien sich nahezu täglich weiterentwickeln, während gesellschaftliche Verhältnisse und soziale Ordnungen weitgehend erstarrt bleiben.
Soziale Mobilität ist in vielen asiatischen Ländern ein noch junges Phänomen. Hamid erzählt davon mit der scheinbaren Naivität der schlichten Ratgeberliteratur und dem Raffinement des gewieften Erzählers, der in Lahore aufwuchs, in Harvard Jura studierte und in Princeton Literatur. Der Absolvent amerikanischer Elite-Universitäten arbeitete einige Jahre in New York und London im Finanzsektor, bevor er mit seiner Familie nach Pakistan zurückkehrte. Seine Bücher sind in dreißig Sprachen übersetzt, der Roman "Der Fundamentalist, der keiner sein wollte", 2007 auch auf Deutsch erschienen, wurde unlängst von Mira Nair verfilmt. Die "New York Times" hat ihn aus Anlass seines neuen Romans als einen der erfolgreichsten und begabtesten Schriftsteller seiner Generation bezeichnet.
Der Aufstieg eines Jungen aus kleinsten Verhältnissen zum Millionär oder Tycoon, das ist der Stoff von "Citizen Cane" und dem "Großen Gatsby". Mohsin Hamid versieht die klassische Aufsteigergeschichte mit dem Sound der populären Lebenshilfe: Aus Dale Carnegies "Sorge dich nicht, lebe" wird "Lebe nicht, werde reich." Hamid hält die genretypische Du-Perspektive konsequent ein und bleibt das ganze Buch hindurch bei der formelhaften Anrede. Gelegentlich kommentiert das Selbsthilfebuch sich selbst. Dann gibt es sich als Erzählstimme zu erkennen und bezieht in seinen Dialog mit dem Helden der Geschichte auch deren Leser mit ein: "Der Leser arbeitet nicht für den Autor. Er arbeitet für sich selbst. Darin liegt, wenn du den zugegeben voreingenommenen Ton entschuldigen magst, der Reichtum des Lesens. Und darin liegt auch ein Fingerzeig auf den Reichtum anderswo. Denn wenn du wirklich stinkreich werden willst im boomenden Asien, was wir inzwischen wohl festgestellt haben, dann musst du früher oder später für dich selbst arbeiten. Die Früchte der Arbeit sind köstlich, aber einzeln machen sie nicht besonders dick. Also teile deine nicht und beiß in die der anderen, sooft du kannst." So erscheint in ironisch gebrochener brachialkapitalistischer Perspektive auch der Leser als freier Unternehmer - als jemand, der aus der Arbeit anderer Profit bezieht.
Mittlerweile hat sich der Dorfjunge längst gemausert. Er ist verheiratet und hat einen Sohn. Er hat bestochen und betrogen, Mordanschlägen getrotzt und selbst Gewalt anwenden lassen. Der Kontakt zu seiner Jugendliebe, hartnäckig und bis ins hohe Alter nur als "das schöne Mädchen" bezeichnet, ist nie abgebrochen. Sie hat ihre Schönheit zu Markte getragen, ist als Model zu Ruhm und wohlhabenden Liebhabern gekommen. Dass die beiden zueinander nicht kommen konnten, hat Gründe: Sie konnten sich einander nicht leisten. Er war lange Zeit nicht wohlhabend genug für sie, und sie war schlicht zu gefährlich für ihn. Denn noch bevor Kapitel vier rät "Meide Idealisten", verkündet Kapitel drei gebieterisch "Verlieb dich nicht".
Am Ende, allen Ratschlägen zum Trotz, nimmt der Roman märchenhafte Züge an, die nicht überzeugen. Aber zweifellos ist Mohsin Hamid mit seinem dritten Roman ein bemerkenswertes Beispiel für etwas gelungen, das noch keinen rechten Namen hat: für jene Bücher, mit denen im Westen ausgebildete junge Autoren wie Hamid oder auch Taiye Selaise und Aravind Adiga in ihre Heimatländer in Afrika oder Asien zurückkehren. Das Ergebnis ist meistens ein gut kalkulierter Stilmix, nicht selten eine hurmorvoll formulierte, aber im Kern bittere Anklage gegen die globalisierte Welt, in der das Schlechte stets schneller zusammenwächst als das Gute.
HUBERT SPIEGEL
Mohsin Hamid: "So wirst du stinkreich im boomenden Asien". Roman.
Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Dumont, Köln 2013. 224 S., geb., 18,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Früchte der Arbeit sind köstlich, aber sie machen weder dick noch reich: Der pakistanische Autor Mohsin Hamid erzählt die Geschichte eines armen Dorfjungen, der zum Millionär wird.
Was ist ein Selbsthilfebuch? Zunächst einmal ein Buch, das seinem Autor dabei hilft, Geld zu verdienen. Wer sonst außer dem Autor könnte ein Selbsthilfebuch brauchen? Menschen, die sich selbst bei irgendetwas helfen möchten - also jeder. Wem hilft ein Selbsthilfebuch? All jenen, die wissen, was sie wollen, und bereit sind, für ihre Ziele zu kämpfen. Wie kann man wissen, was man will? Das ist das Einfachste von allem: "Also sei nun ehrlich und stell dir folgende Frage: Ist Stinkreichwerden noch immer mehr alles andere dein Ziel, dein A und O, der in Nebel gehüllte, hochgelegene Laichteich deines inneren Lachses?"
Es mag Leser des neuen Romans von Mohsin Hamid geben, die noch gar nichts wussten von der Existenz ihres inneren Lachses und der entlegenen Lage seines Laichteichs. Andere werden den Titel - "So wirst du stinkreich im boomenden Asien" - derart anziehend finden, dass sie das Buch auf der Stelle kaufen, obwohl sie nicht in Asien leben oder vorhaben, ihren Wohnsitz dorthin zu verlegen. Dabei verrät bereits die Überschrift des ersten Kapitels, dass es ohne die Bereitschaft zur Mobilität nichts werden wird mit dem Reichtum. Sie lautet: "Zieh in die Stadt".
Der dritte Roman des 1971 geborenen Pakistaners Mohsin Hamid ist ein satirisches Spiel mit dem Genre der Ratgeberliteratur, die in Tonfall und Gestus imitiert und parodiert wird, eine zynisch-melancholische Betrachtung über Grenzen, Möglichkeiten und Kosten der Selbstmanipulation, eine zunächst vor allem komisch-traurige Liebesgeschichte und schließlich die Lebensbeschreibung eines Mannes, der sich der klassischen Karriere eines Tellerwäschers, der es zum Millionär bringen will, verschrieben hat. From rags to riches - so lautet die Formel, mit dem das Land der unbegrenzten Möglichkeiten lockt. Aber heute wird der einstmals amerikanische Traum vor allem in Asien geträumt.
Er beginnt in einem Dorf, wie es ärmlicher kaum denkbar ist. Das Kind, das zu Macht und Reichtum gelangen wird, ist krank, es hat Gelbsucht. Sein Krankenlager befindet sich im einzigen Zimmer seines aus gestampftem Lehm erbauten Elternhauses: "Wie du so auf der Seite liegst, ein Ohr auf der gestampften Erde, siehst du aus deiner Perspektive eines hochgereckten Wurms, wie deine Mutter deinem Vater auf den Hof folgt. Sie füttert die Wasserbüffelkuh, die dort angebunden ist, wirft am Vortag geschnittenes Futter, vermischt mit Stroh, in einen Holztrog und melkt das Tier, während es frisst. Strahlen klatschen hart in einen Blecheimer. Als sie damit fertig ist, führen die Kinder des Compounds, deine Geschwister und Cousins und Cousinen, die Büffelkuh, ihr Kalb und die Ziegen auf Futtersuche. Du hörst das Zischen der geschälten Zweige in ihren Händen, dann sind sie weg."
Auf den ersten vierzig Seiten schildert Hamid das Leben eines Jungen, der irgendwo in Asien aufwächst, vielleicht in Indien oder in Pakistan. Das Landleben hat sich hier seit dem neunzehnten Jahrhundert kaum verändert, von der Moderne ist fast nichts zu sehen, und die Großstadt ist nicht mehr als ein fernes Gerücht. Romantisch ist hier nichts. Nicht die Armut, nicht der Mangel an Hygiene, nicht die feudalistischen Strukturen, nicht die Bedrohung durch körperliche Gewalt und Missbrauch. Hamid skizziert mit knappen Strichen die rückständigen Lebensbedingungen, unter denen noch immer weite Teile der Bevölkerung im boomenden Asien leiden müssen. Die Viruserkrankung wird mit einem primitiven Hausmittelchen behandelt: "Wie du danach reglos daliegst, ein kleiner, gelbsüchtiger Dorfjunge, und dir Rettichsaft aus den Mundwinkeln rinnt und ein matschiges Fleckchen auf der Erde bildet, muss es den Anschein haben, dass stinkreich zu werden für dich unerreichbar ist. Aber hab Vertrauen. Du bist nicht so machtlos, wie du wirkst. Deine Zeit kommt noch. Jawohl, dieses Buch wird dir eine Wahl bieten."
Dann geht es Schlag auf Schlag: Dem ersten Ratschlag - "Zieh in die Stadt" - folgt der zweite: "Verschaff dir Bildung". Auf die Schule folgt die Universität, wo es noch korrupter zugeht als zuvor. Gute Noten, bestandene Examen, Empfehlungsschreiben - nichts, was man nicht kaufen oder über Beziehungen regeln könnte. Aber der Junge vom Dorf hat weder Geld noch einflussreiche Verwandte. Deshalb schließt er sich einer Organisation an, deren wahren Charakter Hamid im Ungefähren belässt. Eine Burschenschaft? Wohl kaum. Ein islamistischer Studentenbund, der soziale Kontrolle ausübt, beachtliche politische Aktivitäten entfaltet und Angst und Schrecken verbreitet? Schon eher. Hamid belässt es bei Andeutungen und hat gute Gründe dafür. Weil weder das Land noch die Stadt, noch der Junge einen Namen erhalten, könnte seine Geschichte überall in Asien spielen, zumindest überall dort, wo vormoderne Verhältnisse und eine rasant voranschreitende Modernisierung aufeinandertreffen, wo Technologien sich nahezu täglich weiterentwickeln, während gesellschaftliche Verhältnisse und soziale Ordnungen weitgehend erstarrt bleiben.
Soziale Mobilität ist in vielen asiatischen Ländern ein noch junges Phänomen. Hamid erzählt davon mit der scheinbaren Naivität der schlichten Ratgeberliteratur und dem Raffinement des gewieften Erzählers, der in Lahore aufwuchs, in Harvard Jura studierte und in Princeton Literatur. Der Absolvent amerikanischer Elite-Universitäten arbeitete einige Jahre in New York und London im Finanzsektor, bevor er mit seiner Familie nach Pakistan zurückkehrte. Seine Bücher sind in dreißig Sprachen übersetzt, der Roman "Der Fundamentalist, der keiner sein wollte", 2007 auch auf Deutsch erschienen, wurde unlängst von Mira Nair verfilmt. Die "New York Times" hat ihn aus Anlass seines neuen Romans als einen der erfolgreichsten und begabtesten Schriftsteller seiner Generation bezeichnet.
Der Aufstieg eines Jungen aus kleinsten Verhältnissen zum Millionär oder Tycoon, das ist der Stoff von "Citizen Cane" und dem "Großen Gatsby". Mohsin Hamid versieht die klassische Aufsteigergeschichte mit dem Sound der populären Lebenshilfe: Aus Dale Carnegies "Sorge dich nicht, lebe" wird "Lebe nicht, werde reich." Hamid hält die genretypische Du-Perspektive konsequent ein und bleibt das ganze Buch hindurch bei der formelhaften Anrede. Gelegentlich kommentiert das Selbsthilfebuch sich selbst. Dann gibt es sich als Erzählstimme zu erkennen und bezieht in seinen Dialog mit dem Helden der Geschichte auch deren Leser mit ein: "Der Leser arbeitet nicht für den Autor. Er arbeitet für sich selbst. Darin liegt, wenn du den zugegeben voreingenommenen Ton entschuldigen magst, der Reichtum des Lesens. Und darin liegt auch ein Fingerzeig auf den Reichtum anderswo. Denn wenn du wirklich stinkreich werden willst im boomenden Asien, was wir inzwischen wohl festgestellt haben, dann musst du früher oder später für dich selbst arbeiten. Die Früchte der Arbeit sind köstlich, aber einzeln machen sie nicht besonders dick. Also teile deine nicht und beiß in die der anderen, sooft du kannst." So erscheint in ironisch gebrochener brachialkapitalistischer Perspektive auch der Leser als freier Unternehmer - als jemand, der aus der Arbeit anderer Profit bezieht.
Mittlerweile hat sich der Dorfjunge längst gemausert. Er ist verheiratet und hat einen Sohn. Er hat bestochen und betrogen, Mordanschlägen getrotzt und selbst Gewalt anwenden lassen. Der Kontakt zu seiner Jugendliebe, hartnäckig und bis ins hohe Alter nur als "das schöne Mädchen" bezeichnet, ist nie abgebrochen. Sie hat ihre Schönheit zu Markte getragen, ist als Model zu Ruhm und wohlhabenden Liebhabern gekommen. Dass die beiden zueinander nicht kommen konnten, hat Gründe: Sie konnten sich einander nicht leisten. Er war lange Zeit nicht wohlhabend genug für sie, und sie war schlicht zu gefährlich für ihn. Denn noch bevor Kapitel vier rät "Meide Idealisten", verkündet Kapitel drei gebieterisch "Verlieb dich nicht".
Am Ende, allen Ratschlägen zum Trotz, nimmt der Roman märchenhafte Züge an, die nicht überzeugen. Aber zweifellos ist Mohsin Hamid mit seinem dritten Roman ein bemerkenswertes Beispiel für etwas gelungen, das noch keinen rechten Namen hat: für jene Bücher, mit denen im Westen ausgebildete junge Autoren wie Hamid oder auch Taiye Selaise und Aravind Adiga in ihre Heimatländer in Afrika oder Asien zurückkehren. Das Ergebnis ist meistens ein gut kalkulierter Stilmix, nicht selten eine hurmorvoll formulierte, aber im Kern bittere Anklage gegen die globalisierte Welt, in der das Schlechte stets schneller zusammenwächst als das Gute.
HUBERT SPIEGEL
Mohsin Hamid: "So wirst du stinkreich im boomenden Asien". Roman.
Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Dumont, Köln 2013. 224 S., geb., 18,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
'"Ein furioser Roman!"Merten Worthmann, DIE ZEIT"Ein satrisches Spiel mit dem Genre der Ratgeberliteratur, die in Tonfall und Gestus imitiert und parodiert wird, eine zynisch-melanchonische Betrachtung über Grenzen, Möglichkeiten und Kosten der Selbstmanipulaion und eine zunächst komisch-traurige Liebesgeschichte."Hubert Spiegel, FAZ"Einer der wunderbarsten Romane aus dem gegenwärtigen Asien (...) einer der besten Roman die ich seit langem gelesen habe."Alex Rühle, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG"Ein scharfsinniger und bissiger Roman."Sigrid Löffler, RBB KULTURRADIO BERLIN"Eine griffige und äußerst eingängige Story."WDR3 PASSAGEN"Gleichzeitig Entwicklungsroman und beißende Satire."Ellen Pomikalko, BUCHMARKT"So gnadenlos einfühlsam erzählt, dass es einem das Herz bricht."Hartmut Wilmes, KÖLNISCHE RUNDSCHAU"Eine erfrischende wie erhellende Lektüre."NEUE PRESSE"Das beglückend Irritierende an der Geschichte ist ihre Wärme, ihre Gelassenheit und ihre Würde."Renée Zucker, RBB QUERGELESEN"Eine moderne Liebesgeschichte, die ein wenig an Marquez "Liebe in Zeiten der Cholera" erinnert."PLAYBOY"Eines der Lesehighlights dieses Sommers."Petra Bohm, LETTRA TV"Ein Bildungsroman der etwas anderen Art, temporeich inszeniert, ein moderner Jedermann."BÖRSENBLATT"Ein fulminanter Bildungsroman, ein Liebesroman- und einer, der das gute alte Europa schön alt aussehen lässt." MONOPOL"Vorhang auf für einen der interessantesten Autoren seiner Generation"VERDI PUBLIK"Er verwebt die Aufstiegsstory mit einer rührenden Liebesgeschichte (...) eines der ungewöhnliches Bücher der letzten Jahre. (...) Der Leser wird in eine Gesellschaft entführt, die erbarmungslos und korrupt ist, die aber auch Chancen bietet - man muss nur rücksichtslos danach greifen. Davon erzählt der Autor mit trockenem Witz."Eckart Baier, BUCHJOURNAL"Chamäleongleich entwickelt sich der Text von einer bissig-satirischen Sozialreportage zum Bildungs-und Liebesroman, bis der allwissende Erzähler schließlich mit einem energischen Kameraschwenk gen Himmel das Geschehen ins Transzendente öffnet."DER TAGESSPIEGEL"Das größte Kunststück ist vermutlich, dass sich dieser formal und inhaltlich durchaus anspruchsvolle Roman erstaunlich unkompliziert und frisch liest."RHEINPFALZ "Ein temporeicher Roman vom Aufstieg in einer globalisierten Welt - und eine sehr sehr große Liebesgeschichte." Martina Bachler FORMAT"Diesen außergewöhnlichen Roman, der so vieles auch über uns und unsere Aufstiegsambitionen im alten Europa erzählt, legt man nur ungern aus der Hand." Heide Soltau, NDR INFO "Seinen glänzenden Ruf als Seismograf der Umbrüche, die den indischen Subkontinent heute durchrütteltn, bestätigt Mohsin Hamid mit diesem Roman aufs Neue."Sigrid Löffler, FALTER "Der Held dieser brillanten Geschichte könnte jeder von uns sein auf der Suche nach einem besseren Leben. Und nicht nur das: Auch das Schicksal, das ihn erwartet, könnte das unsere sein. Tempogeladen, lebhaft und emotional tiefgehend erzählt dieser Roman von zwei unvergesslichen Menschen zwischen Momenten transzendenter Intimität und aufwühlenden gesellschaftlichen Veränderungen in der Welt von heute."BELLETRISTIK-COUCH"In humorvoller, nie unangemessener, Umgangssprache führt "So wirst Du stinkreich im boomenden Asien" eine raue Gesellschaft vor Augen, in der Elend, Korruption und Gewalt an der Tagesordnung sind."Claudio Campagna NDR"Das Buch spricht Gefühle an, amüsiert, unterhält und macht den Leser klüger - bietet also auf seine Art doch Lebenshilfe." WESTFALENPOST"Mohsin Hamid hat sein hochkomplexes Thema mittels erfahrungsgesättigter dichter Miniaturszenen in eine rasante und äusserst eingängige Story verpackt. (...) Dass die Hauptfigur am Ende ihres Lebens dann doch ein kleines Stückchen Liebe erhält, ist also immerhin ein versöhnliches Ende für diesen durch und durch ingrimmigen Roman. (...)der von Ei