Das Problem sitzt im Sattel
Pony Socke wurde misshandelt und hat jedes Vertrauen in den Menschen verloren. Für Sophie geht ein Traum in Erfüllung, als sie Socke in Pflege nehmen darf. Aber der Traum zerplatzt: Sophie muss erkennen, dass Socke und sie sich einfach nicht verstehen. Die andauernden Missverständnisse zwischen Pony und Mädchen führen zu gefährlichen Situationen. Und dann droht da noch die ultimative Katastrophe: Wenn Socke sich nicht bald reiten lässt, läuft er Gefahr, als vermeintliches Problempferd eingeschläfert zu werden ... Sophie muss Pferdesprache lernen, und zwar schnell.
Pony Socke wurde misshandelt und hat jedes Vertrauen in den Menschen verloren. Für Sophie geht ein Traum in Erfüllung, als sie Socke in Pflege nehmen darf. Aber der Traum zerplatzt: Sophie muss erkennen, dass Socke und sie sich einfach nicht verstehen. Die andauernden Missverständnisse zwischen Pony und Mädchen führen zu gefährlichen Situationen. Und dann droht da noch die ultimative Katastrophe: Wenn Socke sich nicht bald reiten lässt, läuft er Gefahr, als vermeintliches Problempferd eingeschläfert zu werden ... Sophie muss Pferdesprache lernen, und zwar schnell.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Den "Ponyhof als Bildungsanstalt" wie in Juli Zehs Roman sollte es in der Jugendliteratur öfter geben, meint Rezensentin Sonja Zekri - denn die Autorin und Pferdeliebhaberin erzähle in ihrer nach Zekri recht klassisch aufgebauten Geschichte nicht nur von der Liebe zwischen einem Mädchen und einem traumatisierten Pony, sondern liefere dabei auch wichtiges Pferdefachwissen. Auch, dass Zeh die Pferde zuweilen selbst zu Wort kommen lasse, gefällt der Rezensentin - nur manchmal geraten sie ihr etwas zu vermenschlicht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.03.2021Möhren
und Gefühl
Pferdesprache leicht gemacht: Juli Zeh erzählt
von einer Liebe zwischen Reiterin und Pony
VON SONJA ZEKRI
Pferdegeschichten sind Heldenreisen, nur erzählen sie im Unterschied zu, sagen wir, der Odyssee nicht die Reise eines einzelnen Helden, also meist einer Heldin, sondern ein doppeltes Abenteuer. Schließlich durchläuft ja auch das Pferd einen wichtigen Reife- und Erkenntnisprozess. In Juli Zehs Roman „Socke und Sophie“ ist dies ein anfangs herzzerreißend vernachlässigtes Pony, das dank der Begegnung mit der zwölfjährigen Sophie zum tiefenentspannten Vorzeige-Schulpferd heranwächst. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte, die in Büchern und Filmen von „Black Beauty“ bis „Ostwind“ oft erzählt wurde, allerdings immer ein gewisses Risiko birgt. Reicht es wirklich, ein Pferd sehr zu lieben, um wie in „Ostwind“ ohne Sattel und Zügel über ein stehendes Auto zu springen? Ist Seelenverwandtschaft – es geht immer um Seelenverwandtschaft – ein guter Ersatz für Biologiekenntnisse?
Juli Zeh lebt mit Familie und vier Pferden bei Berlin und hat vor Kurzem bereits eine „Gebrauchsanweisung für Pferde“ geschrieben, die sich an Erwachsene richtete. „Socke und Sophie“ ist eine literarische Fortsetzung für Mädchen. Es enthält alle klassischen Motive: Socke kommt auf den Michaelis-Hof, er wurde schlecht behandelt und lässt sich kaum anfassen, geschweige denn reiten. Damit er nicht entsorgt wird, soll Sophie ihn betreuen, was sie mit Hilfe einer Pferdeflüsterin namens Frau Vanderbilt allerdings so erfolgreich tut, dass Sockes Verkauf droht. Es gibt einen blendend aussehenden Springreiter namens Benno, der neben der großen Liebe von Socke und Sophie natürlich nur die zweite Geige spielt, ein Sportpferd namens Satellit, das klingt wie ein Gangster-Rapper („Neu hier, was? Tighter Shit.“), und Sophies Bruder, der Fußball spielt und nervt. Man verrät an dieser Stelle nicht zu viel, wenn man andeutet, dass sich am Ende alles zum Besten wendet.
Aber Sophie, das ist das Gute an Juli Zehs Buch, gewinnt das Vertrauen und damit das Herz ihres Ponys nicht nur durch Möhren und Gefühl, sie eignet sich außerdem in Blitzgeschwindigkeit wichtiges Pferdewissen an: Wie begrüßt man ein Pony? Warum fürchten sich Pferde vor so vielem? Was sollten sie fressen? Warum ist Kraulen besser als Klopfen? Das ist besonders überzeugend, wenn Juli Zeh auch die Pferde zu Wort kommen lässt, beispielsweise wenn Socke überzeugend den Fluchtreflex erklärt: „Jeder von uns besteht aus mehreren Hundert Kilo Fleisch, wir sind quasi wandelnde Frikadellen in einer Welt voller Fleischfresser!“
Manchmal entkommt Juli Zeh nicht der Versuchung, die Pferde zu vermenschlichen. Aber der Ponyhof als Bildungsanstalt – das sollte als literarisches Genre unbedingt ausgebaut werden. (ab 10 Jahre)
Juli Zeh: Socke und Sophie – Pferdesprache leicht gemacht. Mit vierfarbigen Illustrationen von Flix. dtv Junior, München 2021. 240 Seiten, 14,95 Euro.
Illustration aus Juli Zeh und Flix: Socke und Sophie
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
und Gefühl
Pferdesprache leicht gemacht: Juli Zeh erzählt
von einer Liebe zwischen Reiterin und Pony
VON SONJA ZEKRI
Pferdegeschichten sind Heldenreisen, nur erzählen sie im Unterschied zu, sagen wir, der Odyssee nicht die Reise eines einzelnen Helden, also meist einer Heldin, sondern ein doppeltes Abenteuer. Schließlich durchläuft ja auch das Pferd einen wichtigen Reife- und Erkenntnisprozess. In Juli Zehs Roman „Socke und Sophie“ ist dies ein anfangs herzzerreißend vernachlässigtes Pony, das dank der Begegnung mit der zwölfjährigen Sophie zum tiefenentspannten Vorzeige-Schulpferd heranwächst. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte, die in Büchern und Filmen von „Black Beauty“ bis „Ostwind“ oft erzählt wurde, allerdings immer ein gewisses Risiko birgt. Reicht es wirklich, ein Pferd sehr zu lieben, um wie in „Ostwind“ ohne Sattel und Zügel über ein stehendes Auto zu springen? Ist Seelenverwandtschaft – es geht immer um Seelenverwandtschaft – ein guter Ersatz für Biologiekenntnisse?
Juli Zeh lebt mit Familie und vier Pferden bei Berlin und hat vor Kurzem bereits eine „Gebrauchsanweisung für Pferde“ geschrieben, die sich an Erwachsene richtete. „Socke und Sophie“ ist eine literarische Fortsetzung für Mädchen. Es enthält alle klassischen Motive: Socke kommt auf den Michaelis-Hof, er wurde schlecht behandelt und lässt sich kaum anfassen, geschweige denn reiten. Damit er nicht entsorgt wird, soll Sophie ihn betreuen, was sie mit Hilfe einer Pferdeflüsterin namens Frau Vanderbilt allerdings so erfolgreich tut, dass Sockes Verkauf droht. Es gibt einen blendend aussehenden Springreiter namens Benno, der neben der großen Liebe von Socke und Sophie natürlich nur die zweite Geige spielt, ein Sportpferd namens Satellit, das klingt wie ein Gangster-Rapper („Neu hier, was? Tighter Shit.“), und Sophies Bruder, der Fußball spielt und nervt. Man verrät an dieser Stelle nicht zu viel, wenn man andeutet, dass sich am Ende alles zum Besten wendet.
Aber Sophie, das ist das Gute an Juli Zehs Buch, gewinnt das Vertrauen und damit das Herz ihres Ponys nicht nur durch Möhren und Gefühl, sie eignet sich außerdem in Blitzgeschwindigkeit wichtiges Pferdewissen an: Wie begrüßt man ein Pony? Warum fürchten sich Pferde vor so vielem? Was sollten sie fressen? Warum ist Kraulen besser als Klopfen? Das ist besonders überzeugend, wenn Juli Zeh auch die Pferde zu Wort kommen lässt, beispielsweise wenn Socke überzeugend den Fluchtreflex erklärt: „Jeder von uns besteht aus mehreren Hundert Kilo Fleisch, wir sind quasi wandelnde Frikadellen in einer Welt voller Fleischfresser!“
Manchmal entkommt Juli Zeh nicht der Versuchung, die Pferde zu vermenschlichen. Aber der Ponyhof als Bildungsanstalt – das sollte als literarisches Genre unbedingt ausgebaut werden. (ab 10 Jahre)
Juli Zeh: Socke und Sophie – Pferdesprache leicht gemacht. Mit vierfarbigen Illustrationen von Flix. dtv Junior, München 2021. 240 Seiten, 14,95 Euro.
Illustration aus Juli Zeh und Flix: Socke und Sophie
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Ein Buch für Pferdefans, die mehr über Pferdekommunikation erfahren wollen - und das auch Komik birgt. Andrea Lüthi NZZ am Sonntag 20211128