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Erwin Panofsky - vom wissenschaftlichen Nobody zum »Einstein der Kunstgeschichte«.Ein »Lehrer mit genialem Profil und Charisma«, ein »sprachsensibler Gedächtnisriese«, der »Einstein der Kunstgeschichte« - Erwin Panofsky ist als wissenschaftliche Ausnahmefigur in die Geschichte eingegangen. Sein Name steht für die Entwicklung und Anwendung einer neuen Methode, der Ikonologie: der Interpretation eines Kunstwerks aus seinem kulturhistorischen Kontext heraus. Wo sich die Kunstgeschichte bisher eher mit Stilkritik und Zuschreibungsfragen beschäftigt hatte, rückten nun große geistesgeschichtliche…mehr

Produktbeschreibung
Erwin Panofsky - vom wissenschaftlichen Nobody zum »Einstein der Kunstgeschichte«.Ein »Lehrer mit genialem Profil und Charisma«, ein »sprachsensibler Gedächtnisriese«, der »Einstein der Kunstgeschichte« - Erwin Panofsky ist als wissenschaftliche Ausnahmefigur in die Geschichte eingegangen. Sein Name steht für die Entwicklung und Anwendung einer neuen Methode, der Ikonologie: der Interpretation eines Kunstwerks aus seinem kulturhistorischen Kontext heraus. Wo sich die Kunstgeschichte bisher eher mit Stilkritik und Zuschreibungsfragen beschäftigt hatte, rückten nun große geistesgeschichtliche Horizonte in ihr Blickfeld. Von seinem späteren Wirkungsort Princeton aus hat Panofsky dieser Methode Weltgeltung verschafft. Entstanden aber ist die Ikonologie in Hamburg, wo er an der gerade gegründeten Universität als erster Ordinarius für Kunstgeschichte wirkte - und wo er im Umfeld Aby Warburgs und dessen »Kulturwissenschaftlicher Bibliothek« entscheidende Impulse erhielt.Panofsky wurde 1934 zur Emigration gezwungen. Bis zum Ende seines Lebens hat er die gut dreizehn Jahre, die er in Hamburg verbracht hat, als »die glücklichsten und fruchtbarsten seines Lebens« bezeichnet. In diesem Buch geht es um die Frage nach den Hintergründen: Wie sah die Konstellation aus, die diese intellektuelle Erfolgsgeschichte ermöglichte? Und warum spielte Hamburg in ihr eine so große Rolle?
Autorenporträt
Karen Michels, geb. 1959, ist Kunsthistorikerin und leitet seit 2002 die von ihr gegründete 'Agentur für Kunstverstand' in Hamburg. Zuvor lehrte sie an den Universitäten Jena, Halle und Berlin (HU), während des Studiums in Hamburg war sie für die Wiedereinrichtung und Betreuung des Warburg-Hauses verantwortlich, forschte in Paris und in den USA. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Architektur, Wissenschafts- und Kunstgeschichte, zu Erwin Panofsky oder Aby Warburg, u. a.: Aby Warburg - Im Bannkreis der Ideen (2007).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.01.2018

Die Geburt der Ikonologie
Karen Michels über Erwin Panofsky in Hamburg

Im Sommer 1922 erhielt der damals dreißig Jahre alte Kunsthistoriker Erwin Panofsky eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft an der Hamburger Universität. "Bei mir selbst als Chef!", wie er einem Freund schrieb. Panofsky war promoviert, habilitiert und schon seit 1920 an der Universität, erst als Privatdozent, dann als Direktor am gerade gegründeten Kunsthistorischen Seminar. Allerdings ohne Bezahlung. Eigentlich hatte er "die ganze für einen Juden an und für sich fast aussichtslose Universitätsgeschichte" schon aufgeben wollen. Jetzt, als Hilfsarbeiter bei sich selbst als Vorgesetztem, bekam er immerhin ein kleines Pro-forma-Gehalt und hatte die einmalige Chance, einem ganzen Institut seine Prägung zu geben.

Warum es Panofsky ausgerechnet in die Hansestadt verschlagen hatte, die vor allem fürs Merkantile stand, aber nicht für die Kunst, wie er 1926 doch noch eine bezahlte Stelle als Ordinarius erhielt und vor allem, wie er dort wirkte und Grundlagen der Ikonologie, einer neuen, umfassenden und interdisziplinären Methode der Bildinterpretation, entwickelte, die ihn später weltberühmt machte, hat die Kunsthistorikern Karen Michels in einem luziden Buch herausgearbeitet.

Schon früh war Panofsky zu der Erkenntnis gelangt, dass ein Kunstwerk jenseits formaler oder stilistischer Analysen in einem größeren geistesund kulturgeschichtlichen Kontext stehe, Produkt der spezifischen Situation seiner Entstehung sei. In den Hamburger Jahren, von 1920 bis 1934, kreiste er immer wieder um diese Idee, den Grundgedanken der Ikonologie. Besonders mit dem Umfeld der kulturwissenschaftlichen Bibliothek von Aby Warburg, aber auch mit anderen Kollegen und Studenten herrschte reger, intensiver Austausch. Im Hause Panofsky wurde zu Tee und Wein geladen und diskutiert, abends ging es gemeinsam nach St. Pauli. So entstand für vierzehn Jahre eine einmalige, geistig höchst produktive Gemeinschaft, die als Hamburger Schule in die Geschichte einging.

Der "Sieg der allgemeinen Barbarei" sei entschieden, schrieb Panofsky in Juni 1932 an den Kollegen Walter Friedlaender. Klarsichtig fügte er hinzu: "Ich habe mich ziemlich exponiert und werde wohl unter den ersten sein, die bei der endgültigen Machtübernahme der Idioten gegangen werden." Weniger als ein Jahr später wurde aus der Prophezeiung Wirklichkeit: Die Nationalsozialisten vertrieben ihn von seinem Lehrstuhl und kurze Zeit später aus der liebgewonnenen norddeutschen Heimat. Er floh in die Vereinigten Staaten, wo seine Karriere - anders als bei vielen anderen Emigranten - steil bergauf ging. Das Kunsthistorische Seminar an der Elbe versank in Bedeutungslosigkeit.

Karen Michels ist es geglückt, jene Jahre, in denen in Hamburg Kunstwissenschaft von Weltrang erdacht wurde, mit profunder Quellenkenntnis aufleben zu lassen.

KATHARINA RUDOLPH.

Karen Michels: "Sokrates in Pöseldorf". Erwin Panofskys Hamburger Jahre.

Wallstein Verlag, Göttingen 2017. 172 S., Abb., geb., 19,90 [Euro].

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»Karen Michels ist es geglückt, jene Jahre, in denen in Hamburg Kunstwissenschaft von Weltrang erdacht wurde, mit profunder Quellenkenntnis aufleben zu lassen.« (Katharina Rudolph, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.01.2018)