Berlin, November 1891. Im Königlich-Preußischen Frauengefängnis wird eine junge Frau eingeliefert. Die Dauer Ihrer Strafe: Dreieinhalb Jahre. Ihr Vergehen: Diebstahl eines Fahrrades.
Josefine ist anders als die meisten Mädchen ihrer Zeit. Sie träumt nicht von Heim und Herd sondern von Freiheit
und Selbständigkeit. Bei einer Reise in den Schwarzwald lernt sie das Radfahren kennen und lieben.…mehrBerlin, November 1891. Im Königlich-Preußischen Frauengefängnis wird eine junge Frau eingeliefert. Die Dauer Ihrer Strafe: Dreieinhalb Jahre. Ihr Vergehen: Diebstahl eines Fahrrades.
Josefine ist anders als die meisten Mädchen ihrer Zeit. Sie träumt nicht von Heim und Herd sondern von Freiheit und Selbständigkeit. Bei einer Reise in den Schwarzwald lernt sie das Radfahren kennen und lieben. Das Gefühl der Geschwindigkeit versetzt sie geradezu in einen Rausch.
Zurück in Berlin wünscht sie sich nichts mehr, als erneut Radfahren zu können. Aber Fahrräder sind zu dieser Zeit nur etwas für Männer. Und die müssen auch noch reich sein, denn die Räder sind teuer. Zum Thema Rad fahrende Frauen ist die Meinung in der Bevölkerung ganz klar: Viel zu gefährlich, völlig unangemessen und unsittlich! Heimlich leiht sie sich das Fahrrad des Vaters einer Freundin für Touren aus – nachts, und verkleidet als Mann. Bei einer dieser Fahrten stürzt sie und wird von ihren entrüsteten Eltern der Polizei übergeben. Die Strafe: siehe oben!
Die Zeit im Gefängnis ist hart, aber Josefine lässt sich nicht unterkriegen. Und nach ihrer Entlassung arbeitet sie weiter an ihrem Traum von Radfahren, Freiheit und Selbständigkeit…
Neben dem engagierten Weg von Josefine geht es in dem Buch auch um die Schicksale ihrer zwei besten Freundinnen. Auch diese Opfer der Zeit, in der sie leben. Isabelle, Tochter aus reichem Hause, soll im geschäftlichen Interesse ihres Vaters verheiratet werden. Und Clara, die sich so sehr gewünscht hatte zu studieren, heiratet einen Mann, der ihr dann klarmacht, wo der Platz einer anständigen Frau zu sein hat: Nämlich immerfort treusorgend zuhause für ihn.
Ein tolles Bild dieser Zeit! Ich konnte mir zuvor kaum vorstellen, wie etwas, das für uns heute so selbstverständlich ist, zu früherer Zeit für Frauen absolut skandalös war. Wirklich beeindruckend, welchen Mut manche Frauen aufgebracht haben und damit zu wichtigen Wegbereiterinnen für alle Frauen geworden sind.
Im Buch finden sich diverse Zeichnungen, Bilder und Werbeanzeigen aus dieser Zeit. Auf den Innenseiten sind zudem einige Aussagen und Zeitungsmeldungen zum Thema Frauen und Radfahren abgedruckt. Wahnsinn, was man da zu lesen bekommt! Kleines Beispiel aus der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift“ von 1896:
„… so wird konstatiert, dass kaum eine Gelegenheit zu vielfacher und unauffälliger Masturbation so geeignet ist, wie sie beim Radfahren sich darbietet!“
Und im Anhang gibt es noch einiges an Zahlen und Daten zum Thema. Ich hätte nicht gedacht, dass erst 1958 der Bund Deutscher Radfahrer das 1896 beschlossene Rennverbot für Damen aufgehoben hat.
Sehr schön auch die Anmerkung des englischen Autors Jerome K. Jerome aus dem Jahre 1899: „Wenn irgendetwas den Charakter des deutschen Volkes ändern kann, so ist es die deutsche Frau. Sie ist schon dabei, sich selbst zu verändern – fortschrittlich zu werden. Noch vor zehn Jahren hätte keine Frau, die etwas auf ihren Ruf hält und auf der Suche nach einem Ehemann ist, es gewagt, ein Fahrrad zu besteigen: Heute rasen sie zu Tausenden durch die Lande. Die alten Leute schütteln noch immer die Köpfe über sie; aber die jungen Männer holen sie ein und fahren Seite an Seite mit ihnen.“ :)